Hexenblut
Pendle-Hexen wurden seitdem geschmäht.
»Ja, ich habe von ihnen gehört«, erwiderte ich. »Aber was hat das mit Sarah zu tun?«
Katie sah sich um und beobachtete die anderen Studenten, die in das Gebäude eilten. Erst als niemand mehr in der Nähe war, sagte sie: »Sarah ist die Nachfahrin einer Pendle-Hexe.«
Ich begann zu lachen, verstummte jedoch wieder, als ich sah, dass Katie ernst blieb. »Wie meinst du das?«
»So, wie ich es sage. Eine ihrer Ahnen ist Anne Whittle, die Anführerin einer der beteiligten großen Familien.«
Der Text der Briefe ging mir durch den Kopf. Alte Formulierungen, Begriffe wie Mord und Sünde. Und was bedeutete das für meine Story? Pendle-Nachfahrin eine Mörderin? Das würde sich verkaufen, so viel war mir jetzt schon klar. »Woher weißt du das?«
»Sie hat es mir erzählt. Sie hat zu Hause einen Stammbaum aufgehängt, der die Linie von Anne Whittle bis zu ihr zeigt.«
»Warum sagst du mir das?«, wollte ich wissen.
Katie errötete. »Weil du gestern Abend nett zu mir warst und ich bei euch übernachten konnte. Du kennst ja den Spruch: Jede gute Tat wird einem dreifach vergolten.«
»Und eine böse Tat?«
»Auch dreifach.«
»Damit hast du mir meinen Gefallen einmal vergolten«, folgerte ich. »Was ist mit den beiden anderen Malen?«
Katie sah zum Collegegebäude. »Ich bringe dich in die Collegebibliothek.«
»Wieso?«
»Ist doch klar«, erwiderte sie und lächelte verlegen. »Wenn es einen Zusammenhang zwischen den Briefen und den Pendle-Hexen gibt, dann lässt sich der vielleicht in den Geschichtsbüchern über die Hexen finden.«
Ich folgte ihrem Blick und dachte über meinen nächsten Schachzug nach. Oder besser gesagt: über das Fehlen eines solchen geplanten Schachzugs. »Das klingt nach einer guten Idee«, sagte ich. »Wirst du mir helfen?«
»Wenn du das möchtest.«
»Gut. Dann ist mein Gefallen dreifach vergolten, und wir sind quitt.«
37
S arah schlug die Augen auf und war sofort hellwach, als sie vor der Tür Schritte hörte. Es waren langsame, gleichmäßige Schritte, die klangen, als würde der Mann etwas tragen. Vielleicht wieder ein Tablett mit Essen. Ihr Magen knurrte prompt, aber sie musste ihre Hungergefühle zurückstellen.
Sie hielt die Bettdecke krampfhaft fest und schloss die Augen, wobei sie versuchte, flach und gleichmäßig zu atmen. Der Riegel wurde langsam zurückgeschoben, dann ging die Tür knarrend auf.
Sarah bewegte sich ein wenig, damit es natürlich aussah, doch ihr Körper war angespannt. Ihre Finger hielten den Saum der Bettdecke fest umklammert. Du musst sie um seinen Hals wickeln, überlegte sie, und dann zuziehen und zugezogen halten, bis er aufhört, sich zu wehren. Die Decke war für ihr Vorhaben ein unhandliches Werkzeug, aber sie würde nur diese eine Chance bekommen.
Ihr Atem ging schwer, ihr war vor Nervosität übel.
Die Schritte bewegten sich langsam und gemächlich in den Raum. Sarah zählte mit. Drei Schritte, so wie bei den Malen zuvor. Dann blieb er stehen. Sie horchte genau hin und hörte, wie er ausatmete, als er sich mit dem Tablett in den Händen bückte.
Plötzlich sprang Sarah vom Bett und stürmte mit der Decke in ihren Händen auf ihn zu. Er drehte sich abrupt zur Seite und ließ das Tablett fallen. Das Klimpern des Bestecks ging in ihrem Schrei unter, als die Decke sich über seinen Kopf legte.
Sie zog an der Decke, spürte, wie sie sich fest um seinen Hals wickelte, während er mit den Armen ruderte. Seine Finger versuchten, erst ihr Gesicht, dann ihre Haare zu erreichen. Sie zog noch fester zu und versuchte, ihn auf den Boden zu drücken.
»Du Bastard!«, schrie sie ihn an. »Ich werde dich umbringen!«
Er versuchte, ihr auszuweichen. Er war stärker als sie, und Sarah merkte, wie sie von ihm hin und her geworfen wurde. Dann bekam er ein Haarbüschel zu fassen und riss brutal daran. Sarah wurde auf eine Seite gezerrt, versuchte aber, die Schmerzen zu ignorieren. Wieder zog sie an der Decke und gab sich alle Mühe, seinen Kopf in den Nacken zu drücken. Er stemmte die Absätze in den Boden und drückte sich gegen sie.
Sarah wurde gegen die Wand geschleudert, wodurch sie für einen Sekundenbruchteil ihren Griff lockerte, da ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde und sie Sterne sah, weil sie mit dem Kopf gegen einen Stein geschlagen war.
Er stieß ihr den Ellbogen in die Magengrube, wodurch der Druck ihrer Finger sich weiter lockerte, was er nutzte, um sie abermals mit seinem ganzen Gewicht
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