Hexenblut
schlug er die Tür zu und verriegelte sie.
Sarah trommelte mit den Fäusten gegen das Holz und schrie, er solle zurückkommen. Als im Gang vor ihrer Zelle alles ruhig blieb, sank sie langsam auf die Knie und schlang die Arme um sich. Sie wartete darauf, dass die Herzschläge wieder aus den Lautsprechern dröhnten. Sie wusste, der Mann würde so bald nicht zu ihr zurückkommen. Stattdessen würde er sie hier verrotten lassen.
Sarah dachte an ihre Eltern, an ihre Mutter, die stolz auf sie war, weil ihre Tochter Lehrerin war, an ihren Vater, der sich immer schützend vor sie gestellt hatte. Dann kamen ihr die Tränen. Tränen der Verzweiflung, weil sie wusste, das hier war das Ende.
42
I ch stellte meinen Wagen vor dem Haus von Sarahs Eltern ab, einer Doppelhaushälfte an einer der Straßen, die aus Blackley hinausführten. Durch das Tor gelangte man in den gepflegten Vorgarten und auf eine schmale Auffahrt zu einem Carport und einer Garage. Sarahs Vater hielt sich in der Garage auf und drehte sich zu mir um, als ich zu ihm ging. Sicher hatte das Scheppern des Tors ihn auf mich aufmerksam werden lassen.
Die Garage sah so aus, als hätte dort seit Jahren kein Auto mehr gestanden. Stattdessen lagen überall Werkzeuge herum und Dutzende von Arbeiten, die er begonnen, aber nie fertiggestellt hatte. In einem mit Öl gefüllten Glas waren alte Schrauben eingelegt worden, auf einem ungehobelten Regalbrett stand ein halb zusammengebautes Gokart. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er mich auf den ersten Blick wiedererkannte. Doch als ich näher kam, wischte er sich die Hand an seiner Hose ab und ging mir entgegen, um mich zu begrüßen.
»Hallo, Mr Garrett«, sagte er überrascht. Bevor ich seine Hand ergreifen konnte, bemerkte er, dass die Handfläche noch ölverschmiert war, also zog er sie rasch zurück und schaute verlegen zu Boden. »Ich bin froh, dass wir uns mit Ihnen getroffen haben. Neulich morgens, meine ich. Hoffentlich denken Sie nicht, dass wir Sie für unsere Zwecke benutzen wollten. Es ist nur so, dass … na ja …«
»Sie sind verzweifelt«, warf ich ein. »Ich verstehe schon. Außerdem sollte ich mich bei Ihnen entschuldigen. Sie machen gerade eine schwere Zeit durch. Ich wollte nicht unhöflich sein.«
Mr Goode nickte und nahm damit meine Entschuldigung an. Ich zeigte auf seine Werkstatt. »Was bauen Sie da zusammen?«
»Ein Gokart«, erwiderte er. Ich sah ihn zum ersten Mal lächeln. »Es ist für einen kleinen Jungen, der nebenan seine Großmutter besucht.« Er seufzte. »Zu Hause hat er bestimmt ein viel besseres, eines mit Elektromotor, damit er keinen Hügel benötigt, um sich von der Stelle zu bewegen. Aber auf diese Weise habe ich wenigstens etwas zu tun.«
Ich gab sein Lächeln zurück, auch wenn mir klar war, dass er sich damit nur auf andere Gedanken zu bringen versuchte, bis Sarah endlich heimkehrte.
Dann sah er mich an. »Was kann ich für Sie tun, Mr Garrett?«
»Es geht um Sarah«, sagte ich. »Ich muss Ihnen ein Geständnis machen.« Als er eine verwunderte Miene machte, fuhr ich fort: »Ich habe mich doch mit Sarahs Fall befasst. Ich dachte, es könnte interessant sein, darüber zu schreiben.«
»Aber Sie schienen damals nicht interessiert zu sein.«
»Ich weiß, aber das diente nur meinem eigenen Schutz, damit ich die Sache auf sich beruhen lassen konnte, falls nichts dabei herauskäme. Hätte ich Ihnen versprochen, dass ich aktiv werde, dann wäre es nicht so leicht gewesen, einen Rückzieher zu machen.«
Mr Goode reagierte nicht sofort auf meine Worte. Stattdessen zupfte er an einer Stelle in seiner Handfläche, an der sich offenbar etwas Haut gelöst hatte. Schließlich fragte er: »Dann haben Sie also etwas gefunden?« Als er mich ansah, fiel mir auf, dass ihm Tränen in den Augen standen. »Wenn Sie hergekommen sind, um mir das alles zu erzählen, dann müssen Sie auf irgendetwas gestoßen sein.«
Ich nickte. »Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten. Es gibt da etwas, wovon Sie möglicherweise nichts wissen. Aber vielleicht können Sie in einigen Punkten für Klarheit sorgen.«
Er ging langsam an mir vorbei zur Hintertür und bedeutete mir, ins Haus zu kommen. Mrs Goode saß in einem Sessel und las Zeitung. Überrascht hob sie den Kopf.
»Er schreibt die Story für seine Zeitung«, platzte Mr Goode heraus.
Hastig hob ich abwehrend die Hände. »Das steht noch nicht hundertprozentig fest«, hielt ich dagegen.
»Warum sind Sie dann hier?«, fragte sie. Als ich nichts
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