Hexenbräute
Kreuz.
Ich hatte es nicht wieder vor die Brust unter der Kleidung gehängt, sondern in die Tasche gesteckt. Als ich es hervorholte, erwischte mich der Blick des Besessenen.
Er sah das Kreuz!
Die Angst schlug ihn wie eine unsichtbare Peitsche. Er wollte zurückgehen und Suko umwerfen, aber er kannte die Kräfte meines Freundes nicht. Nach wie vor hielten ihn die Arme eisern fest.
Ich schob den Tisch zur Seite, um den nötigen Platz zu haben. Dann musste ich nur einen langen Schritt nach vorn gehen, um Efrin Mardy zu erreichen.
Die Augen waren verdreht. Das Gesicht war mit einer Schweißschicht bedeckt. Aus seinem Mund drangen Laute, die kaum zu beschreiben waren. Ein Wildschwein oder ein Tiger hätten sie auch ausstoßen können.
Mein Kreuz berührte die Brust des Tobenden!
Genau das war der Knackpunkt. Er schnellte in die Höhe oder wollte hochschnellen, aber die starken Arme meines Freundes hielten ihn eisern fest.
Es schüttelte seinen Körper durch. Er wollte nach mir beißen. Sein Kopf wurde von einer Seite zur anderen geschleudert. Plötzlich sprühte Schaum vor seinem Mund, und auch ich bekam einige Tropfen davon ab.
Die Zunge schlug aus seinem Mund hervor. Er keuchte weiter, er wollte sich aus dem Griff winden, doch mit einem Mal war es vorbei. Schlaff sackte er in Suko’s Griff zusammen. Mein Freund musste noch mal nachfassen, um ihn zu halten. Er setzte ihn auf den Stuhl.
Der Pfarrer sah völlig fertig aus. Er war nicht mehr in der Lage, etwas zu sagen. Er wollte es, aber er lallte nur vor sich hin. Dann fiel er nach vorn und blieb mit dem Kopf und seinen angewinkelten Armen auf dem Tisch liegen.
Am Heben und Senken seines Rückens sahen wir, dass er noch atmete. Manchmal war auch ein leises Stöhnen zu hören.
Nichts war mehr von seinem Widerstand zu merken. Mein Kreuz hatte seine Pflicht getan. Zur Sicherheit berührte ich den Körper noch damit, es passierte nichts mehr. Was immer in ihm gesteckt haben mochte, es war jetzt verschwunden.
Suko hob den Kopf des Pfarrers vorsichtig an. Er drehte ihn so, dass er in das Gesicht schauen konnte. Allmählich verschwand aus ihm die Blässe. Die normale Farbe kehrte zurück, doch dazwischen malten sich rötliche Flecken ab.
Suko füllte das Glas mit frischem Wasser. Wir drückten es ihm in die Hand. Er trank, merkte jedoch nicht, dass er das tat. Die Hälfte des Wassers verschüttete er.
Ich machte mir Sorgen um ihn. »Hoffentlich hat er nichts zurückbehalten. Das Kreuz ist zwar eine gute, aber manchmal auch eine sehr starke Waffe, die auch innerliche Verletzungen zufügen kann.«
»Gut, John, so muss man denken. Aber das hier war erst einer. Erinnere dich an die Bewohner, dann weißt du eigentlich, was uns noch alles bevorsteht. Ich bezweifle, dass es auch nur einen gibt, der nicht unter dem Bann steht.«
»Das kann stimmen. Nur frage ich mich, wie diese Weiber es geschafft haben.«
»Nach dem Töten der Schafe hatten sie noch genügend Zeit, um hier ihre Zeichen zu setzen. Hast du auch gehört, wer wirklich hinter diesen Attacken steht?«
»Lilith. War nicht mal eine große Überraschung. Sie will die Hexen unter ihrer Kontrolle haben. Mal geht sie offen vor, dann wieder subtil. Und sie findet immer wieder Mitläufer.«
»Da können wir uns ja auf was gefasst machen.«
Der Satz brachte mich ins Grübeln. Ich dachte plötzlich wieder an Jane Collins. Wenn sie mit Lilith konfrontiert wurde, konnte das böse für sie enden.
Wir blieben nicht im Haus. Efrin Mardy musste jetzt allein zurechtkommen. Als wir nach draußen traten, war von Jane Collins nichts zu sehen. Was uns noch unruhiger machte...
***
Beide hatten sich wieder in die Leichenhalle zurückgezogen. Für Abigail und Liz war es der ideale Platz. Wer besuchte schon eine alte, leer stehende Leichenhalle? Vor so etwas schreckten die Menschen zurück, auch wenn in dem Haus keine Toten mehr aufgebahrt wurden.
Salem stand unter ihrer Kontrolle. Sie hatten sich in der Nacht noch umgeschaut und waren in jedes Haus eingedrungen. Man lebte hier in einer geschlossenen Gesellschaft. Jeder kannte jeden, und man schloss auch in der Nacht die Türen nicht ab.
Das war den Hexen entgegengekommen. Perfekter hätte es für sie nicht laufen können.
Lilith hatte ihnen die Kraft gegeben, den Hexenbann entstehen lassen zu können. Davon hatten sie reichlich Gebrauch gemacht und so gut wie jeden Bewohner erwischt.
Nur die sehr Alten hatten sie in Ruhe gelassen. Mit ihnen konnten sie nichts mehr
Weitere Kostenlose Bücher