Hexenbräute
anfangen.
Es war noch dunkel gewesen, als sie wieder in ihr Heim zurückgekehrt waren. Sie hatten sich umarmt, sich geliebt, dann waren sie eingeschlafen und wurden umweht von den Träumen der Hölle.
Als sie erwachten, war es längst hell. Sie fühlten sich wunderbar und waren davon überzeugt, schon an diesem Tag die Früchte der Nacht ernten zu können.
Sie traten Hand in Hand ins Freie!
Es war ein heller Tag. Ein blauer Himmel, mit weißen Wolken besprenkelt, spannte sich über ihnen. Sie würden sich wohl fühlen, und beide freuten sich darauf, durch den Ort gehen zu können.
»Wir werden sehen, was sie machen, Liz«, flüsterte Abigail und lachte. »Ich denke an den Pfarrer. Er hat uns besonders intensiv gespürt, und er wird auch tun, was wir von ihm verlangen, und es wird viele geben, die ihm zuschauen.«
»Sollen wir es nicht auch?«
»Möchtest du denn?«
»Ja«, sagte Liz.
»Gut, dann gehen wir nach Salem und sehen uns dort um. Vielleicht müssen wir noch nachhelfen. Jetzt ist es unser Ort. Jetzt macht er seinem Namen alle Ehre. Wer immer Salem auch besucht, er wird in den Bann der Hexen geraten.«
»In ihren?«
»Ja, in Lilith’s.«
Bei Nennung des Namens glänzten ihre Augen. Denn sie war für Abigail und Liz alles.
Sie brauchten nicht lange, um den Wald zu verlassen. Dabei schlenderten sie wie zwei Freundinnen, denn auch jetzt hielten sie sich gegenseitig fest. Sie lachten und küssten sich zwischendurch. Keinem Beobachter wäre im Traum eingefallen, es mit zwei Hexen zu tun zu haben. Fast jeder stellte sich unter einer Hexe etwas Hässliches vor. Ein Buckelweib mit krummer Nase und einer Warze.
Hier war es anders. Abgesehen von Abigail’s Haarschnitt konnte man durchaus von zwei Schönheiten sprechen, die sich dem Waldrand näherten, das Unterholz durchschritten und schon bald freie Sicht bekamen.
Die Hexen blieben stehen. Sie schauten. Sie lächelten. Noch immer wirkten sie harmlos. Der Tag war bereits weit fortgeschritten. Sie hatten sehr lange geschlafen, und wieder wirkten sie wie aus einem Märchenbuch entsprungen. Aber niemand sah, welch eine Fäulnis in ihren Seelen herrschte. Welch eine dämonische Kraft sie unter ihre Fittiche gebracht hatte.
Ihre Blicke glitten über die sanft abrollenden Wiesen hinweg und sahen auch das schmale graue Band der Straße, die nach Salem führte. Dort fuhr soeben ein großer Wagen ab. Ein einzelner Mann blieb zurück und schaute ihm nach. Er wirkte wegen der großen Entfernung klein wie ein Spielzeug. Trotzdem erkannten sie ihn.
Liz kicherte. »Das ist der Schäfer.«
»Ich sehe ihn.«
»Er ist noch nicht zur Beute geworden.«
Abigail seufzte. »Leider.«
»Sollen wir ihn uns holen?«
»Nein, nein, noch nicht. Zuerst waren seine Tiere wichtig. Für uns ein guter Test.«
»Der sehr gelungen ist.«
»Das kannst du laut sagen.« Abigail ballte ihre Hände zu Fäusten. »Und wem verdanken wir diese wunderbaren Gaben?«
»Lilith.«
»Ja, nur ihr«, flüsterte Abigail, »denn sie hat uns erweckt. Sie hat uns aus dem tiefen Schlaf geholt. Es war einfach wunderbar, wie dies geschah. Das große Wunder...«
»Ich liebe sie.«
»Ich auch.«
»Ich mag ihr Gesicht«, flüsterte Liz, »ich mag auch ihre Augen und ihren Mund. Ich mag alles an ihr. Sie ist so schön. Ich möchte sein wie sie.«
»Sie sieht nicht immer so aus. Sie kann auch anders sein. Ich habe es in meinen Träumen erlebt. Da sah ich sie in ihrer Urgestalt.«
»Und? Wie sah sie aus?«
»Willst du es wirklich wissen?«
»Ja, ja...«
Abigail antwortete indirekt und gab zugleich ihr Wissen bekannt. »Sie hat überlebt. All die unzähligen Jahre. Und ich habe vor kurzem etwas Interessantes im Fernsehen gesehen. Forscher haben herausgefunden, wie die Welt in ferner Zukunft aussehen wird.«
»Wie denn?«
»Fast so wie in der Vergangenheit.«
»Und weiter? Da gibt es auch Lebewesen.«
»Bestimmt. Aber keine Menschen mehr. Nur die, die schon immer da waren, überleben.«
»Meinst du, auch Lilith?«
»Richtig, meine kleine Freundin. In ihrer Urgestalt, die sie schon mal war, als es noch keine Menschen gab und sich riesige Kraken durch das Wasser und über das Land hinwegwälzten. So ist es gewesen, und so wird es wieder sein...«
Liz blieb vor Staunen der Mund offen. »Dann... dann... meinst du, dass Lilith...«
»Genau das meine ich.«
Liz Salem schwieg. Was Abigail ihr da gesagt hatte, war für sie unbegreiflich. Aber sie nahm es hin. Weshalb hätte ihre Hexenschwester
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