Hexenbräute
Schutzengels.«
»Lilith hätte es uns sagen müssen.«
Liz zuckte mit den Schultern. »Das braucht sie nicht. Aber ich weiß, dass wir nicht mehr allein sind. Und das sollten wir doch sein. Nicht wahr, liebste Freundin?«
»Das meine ich auch.«
»Sehr schön«, flüsterte Liz. »Wenn wir einer Meinung sind, können wir uns darauf einstellen und die andere suchen.«
»Das hört sich aber gar nicht gut für sie an.« Abigail begann zu kichern.
»So war es auch gemeint.«
Abigail ballte die rechte Hand zur Faust. Sie spreizte den Daumen ab und drehte die Hand dann.
»So, Liz?«
»Ja, genau so...«
Ob es richtig gewesen war, sich allein auf den Weg zu machen, wusste Jane Collins nicht. Es war nicht grundlos geschehen. Bei ihr musste es immer einen gewissen Knackpunkt geben.
Genau das war geschehen.
Eine Botschaft hatte sie erreicht. Eine Hexenbotschaft, und nur sie war in der Lage, diese zu empfangen, weil eben tief in ihrem Innern noch latente Hexenkräfte schlummerten, die sie jetzt auf ihre Art und Weise gewarnt hatten.
Sie waren da. Sie hielten sich sogar in der Nähe auf. Sie lauerten, und Jane Collins ging davon aus, dass sie den Ort Salem schon längst erreicht hatten.
Aber sie zeigten sich nicht. Wahrscheinlich lauerten sie gut versteckt auf ihre Chance.
Jane dachte auch daran, dass alles im Leben zwei Seiten hatte. So auch hier. Wenn sie die Anwesenheit der beiden spürte, dann konnte es auch umgekehrt sein. Sie musste damit rechnen, dass Abigail Miller und Liz Salem Bescheid wussten. Zwar nicht genau, aber sie ahnten bestimmt etwas und konnten sich darauf einstellen. Personen wie sie waren sehr sensibel.
Dass sie einen Pfarrer fast in den Selbstmord getrieben hatten, war auch für Jane Collins eine Warnung. Es zeugte von einer verdammten großen Stärke. Das waren nicht einfach nur Frauen, die mit ihren Kräften spielten. Da steckte mehr dahinter. Die waren geschmiedet worden. Das Feuer der Hölle hatte sie stark gemacht, und sie waren in der Lage, Tiere und Menschen in ihren Bann zu schlagen.
Die Kirche blieb hinter Jane zurück, als sie mit recht langsamen Schritten durch Salem schritt. Des Öfteren musste sie an das berühmte Salem in den Staaten denken, wo Menschen in ihrem Wahn tatsächlich zu Bestien geworden waren und mehr als 20 Frauen umgebracht hatten, nur weil sie davon überzeugt gewesen waren, Hexen vor sich zu haben.
Genau das hatte nicht gestimmt.
Hier doch!
Und darin sah Jane die Motivlage der Frauen. Sie waren gekommen, um dieses Salem hier zu einem echten zu machen. Sie wollten zusehen, dass sich die Geschichte wiederholte, auch wenn die Vorzeichen in diesem Fall andere waren. Jetzt sollten die übrigen Menschen einen Grund bekommen, um sagen zu können: Ja, in Salem hat es Hexen gegeben.
Jane hatte sich vorgenommen, mit den Menschen zu sprechen. Sie wollte sie überzeugen, denn sie glaubte zudem daran, dass sie noch nicht voll unter dem Bann der fremden Person standen. Ein gewisser Prozentsatz an Menschlichkeit musste einfach noch bei ihnen vorhanden sein.
Dazu allerdings musste sie die Bewohner erst finden. Auf der Straße ließ sich niemand blicken. Nach der überstürzten Flucht vom Kirchengelände waren sie in ihren Häusern verschwunden. Keiner ging seiner täglichen Arbeit nach. Niemand stieg in sein Auto, um wegzufahren. Keiner begab sich auf sein Feld oder in die Werkstatt. Die kleinen Geschäfte waren leer und verlassen, ohne abgeschlossen zu sein. Salem war zu einer Geisterstadt geworden.
Es würde nicht mehr lange dauern, bis Abigail und Liz offen auftraten. Jane Collins war davon überzeugt. Sie gehörten zudem zu den Frauen, die auf die Dunkelheit in den Abendstunden setzten. Das war dann ihre Zeit. Das war ihr Revier. Das Eindringen in die Häuser der Menschen, um sie zu verhexen.
Sie besaßen die entsprechenden Kräfte. Es gab den bösen Blick. Es gab Zeiten, in denen sie besonders aktiv waren. Wie in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai.
Walpurgisnacht – die Hexennacht!
Ja, das war schon alles perfekt getimed. Jane erkannte es neidlos an. Hoffnung gab es trotzdem für sie, denn sie hielt sich nicht allein in Salem auf. Es gab eine entsprechende Rückendeckung, wenn John und Suko den Pfarrer verließen. Er war wichtig. Sie mussten ihn von dem Druck der anderen Seite befreien. Sie gönnte sich ein Lächeln, als sie daran dachte, dass John und Suko die Seele eines Gerechten befreiten.
Als sie die Straße erreichte, die so etwas wie eine Hauptader
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