Hexenbräute
bildete und den Ort praktisch in zwei Hälften teilte, blieb sie stehen und schaute sich um.
Auch hier gab es kein Leben. Nur wenige Autos standen an den Rändern. Die Vorgärten lagen leer vor ihr. Niemand verließ sein Haus. Die Hecken bildeten grüne Wände, aus denen hin und wieder eine helle Blüte wuchs. Türen und Fenster waren geschlossen. Sie hörte keine Stimmen und nahm in der Stille sogar das leise Säuseln des Windes wahr.
Sie hatte die Wahl. Sie konnte sich die Richtung aussuchen. Aber sie fühlte sich wie jemand, der darauf wartete, dass man ihm sagte, was er zu tun hatte. Im Moment war sie unschlüssig, weil sie nicht wusste, was sie unternehmen sollte.
Jane konnte die Häuser betreten und versuchen, mit den Menschen zu reden. Das hatte sie sich auch vorgenommen. Im Moment aber grübelte sie darüber nach, wie sie den Bewohnern entgegentreten sollte und wie diese eine Fremde überhaupt aufnahmen. Dass sie ihr automatisch Vertrauen schenkten, konnte sich Jane nicht vorstellen. Jedenfalls bewegte sie sich auf sehr dünnem Eis.
Nach einigem Überlegen gelangte sie zu dem Schluss, dass es vielleicht besser war, wenn sie sich daranmachte, die beiden Hexen zu finden und die Bewohner zunächst außen vorließ.
Das wäre nicht schlecht gewesen. Nur wusste sie nicht, wo sie anfangen sollte.
Dann sah sie doch jemand. Es war ein Mann auf einem Fahrrad. Er befand sich noch außerhalb des Ortes, aber er war schon ziemlich nahe gekommen und trat heftig in die Pedale.
Jane blieb mitten auf der Straße stehen. Wenn der Ankömmling so weiterfuhr, musste er sie einfach sehen. Darauf setzte Jane. Wer immer es sein mochte, sie wollte mit ihm reden und winkte ihm deshalb zu, damit er sie nicht übersah.
Wenig später huschte ein Lächeln über ihre Lippen, denn Jane hatte den Mann erkannt.
Es war der Schäfer Amos Barkley, der vorgebeugt im Sattel hockte. Es war ein altes Rad, das quietschende Geräusche abgab, die den Mann begleiteten.
Er hatte Jane gesehen und bremste ab. Barkley hatte etwas über seine Schulter gehängt, das wie ein Stab in die Höhe zeigte. Beim Näherkommen sah Jane, dass es ein Gewehr war. Ein Mensch, der eine Waffe bei sich trug, hatte auch vor, sie zu benutzen.
Jane war froh, dass sie ihn kannte, und hoffte, dass Barkley ebenso dachte. Er fuhr näher, bremste dann und stieg vom Rad. Jane wollte ihn ansprechen, da wandte er sich von ihr ab. Er schob sein Rad auf eine Hecke zu und lehnte es dagegen. Dann ging er zurück zu Jane. Er trug noch immer den langen Mantel. Nur hatte er ihn nicht geschlossen. An seinem Gürtel sah Jane die lange Scheide, aus der ein horniger Messergriff ragte.
Der Mann schwitzte. In seinen dunklen Augen flackerte es.
»Was machen Sie denn hier?«
Jane hob die Schultern. »Möglicherweise habe ich auf Sie gewartet, Mr. Barkley.«
»Nein, das glaube ich Ihnen nicht. Sie wussten ja gar nicht, dass ich kommen würde.«
»Stimmt. Aber warum sind Sie gekommen?«
Für einen Moment erstarrte er. »Können Sie sich das nicht denken, Mrs. Collins?«
Sie wiegte den Kopf. »Ich kann es mir vorstellen. Man hat Ihnen übel mitgespielt, und das wollen Sie nicht auf sich sitzen lassen.«
Amos warf den Kopf zurück und konnte das Lachen nicht unterdrücken. »Vornehm ausgedrückt. Aber Sie haben Recht. Ich kann es nicht auf mir sitzen lassen. Ich habe die beiden Weiber gesehen. Ich gebe ihnen die Schuld an den Vorgängen. Ich habe auf sie geschossen, aber ich habe sie nicht getroffen. Doch ich weiß, dass sich das ändern wird, wenn ich ihnen noch mal begegne. Ja, ich bin gekommen, um sie zu holen. So einfach ist das, Mrs. Collins.«
»Sie wollen sie töten?«
»Genau!«
»Sie wissen, dass es Mord ist, Mr. Barkley.«
Der Schäfer stierte sie an. Dann fegte aus seinem halb geöffneten Mund die Antwort. »Ja, das weiß ich. Es ist Mord. Oder Rache. Es wird niemand in der Nähe sein, der mich anklagen kann. Ich werde sie mir holen und ihnen eine Kugel in die Köpfe jagen. Auch Sie und Ihre Freunde werden mich daran nicht hindern können. Diese beiden Weiber haben meine Existenz vernichtet. Ich habe fast die Hälfte meiner Herde verloren. Einfach so. Sie fielen um und waren tot. Das war kein Virus!«, flüsterte er und schüttelte den Kopf. »Kein bekannter. Kein Keim, der eine tödliche Krankheit hervorbringt. Und Sie wissen das, Mrs. Collins.«
»Was ist es dann gewesen?«
Barkley überlegte. »Sie werden mich auslachen, wenn ich davon spreche.«
»Versuchen Sie
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