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Hexenerbe

Hexenerbe

Titel: Hexenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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Ihr zitterten immer noch die Knie, und Philippe half ihr hoch.
    »Danke.« Sie zögerte. »Du kannst mitkommen, wenn du möchtest.«
    »Natürlich.«
    Er verschränkte die Finger mit ihren. Hand in Hand verließen sie das Wohnzimmer und traten vor Hollys geschlossene Zimmertür. Nicole begann zu zittern - sie fürchtete sich mehr denn je vor Holly, obwohl diese gerade ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um Nicoles zu retten.
    Sie hob die Hand und klopfte sacht an die Tür. »Holly?«
    Die Tür ging auf. Holly hatte geweint. Sie wischte sich die Tränen nicht weg, sondern sah Nicole nur mit schmalen Augen an, als ärgerte sie sich über die Störung. »Was ist?«
    Nicole blickte an ihr vorbei. Sie konnte nicht anders, als von Jer abgestoßen und fasziniert zugleich zu sein. Er sah so grauenhaft aus, dass es schwerfiel, ihn nicht wie hypnotisiert anzustarren. Es war, als wollte ihr Verstand ihr damit sagen: Schau genau hin. Pass auf, dass dir das nicht auch passiert.
    Er lag mit dem Gesicht zur Wand, die Bettdecke bis zum Kinn hochgezogen. Seine Gesichtszüge konnte sie nicht sehen.
    Als spürte Holly, dass Nicole ihn anstarrte, machte sie ein finsteres Gesicht, trat zu ihnen auf den Flur und schloss die Tür hinter sich. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und straffte die Schultern.
    Nicole hätte am liebsten gesagt: Holly, ich bin es doch nur. Aber das tat sie nicht. Stattdessen sagte sie: »Ich hatte eine Vision. Da war ein Mann namens Joel, und ich glaube ... ich glaube, er ist tot, Holly.«
    Ihre Cousine erbleichte sichtlich. Nicole streckte die Hand aus und hielt sie an der Schulter fest. Holly starrte an ihr vorbei wie in eine Ferne, die nur sie selbst sehen konnte, und biss sich auf die Unterlippe. Nicole spürte, wie Holly unter ihren Fingern zitterte.
    »Was hast du gesehen?«, fragte sie schließlich.
    »Er lag in seinem Haus. Auf dem Boden. Der Schnee ist hereingeweht.«
    Holly warf Philippe einen kurzen Blick zu. »Geh und sieh nach«, befahl sie ihm.
    Er nickte. »Ich brauche nur die Adresse.«
    »Ich gehe mit dir«, sagte Nicole.
    »Nein.« Holly schüttelte den Kopf. »Du bleibst hier.«
    Nicole runzelte die Stirn. »Aber ...«
    »Sie hat recht, Nicole«, unterbrach Philippe sie. »Bleib du hier. Ich gehe besser allein.«
    Philippe blieb fast eine Stunde lang fort. Als er zurückkam, wartete Holly im Hausflur auf ihn. Ihr Gesicht war aschfahl, und sie hatte dunkle Augenringe. Ihm war bisher nicht aufgefallen, wie müde sie aussah, und auf einmal tat sie ihm sehr leid. Sie wirkte so dünn in diesem weiten Pulli, und er vermutete, dass die Caprihose, die sie darunter trug, nicht gar so locker sitzen sollte. Ob sie überhaupt etwas isst?, dachte er. Sie befand sich in einer unglaublich schwierigen Position. Es war ihm ein Rätsel, wie sie sich bisher so gut gehalten hatte, und er bewunderte ihre Willenskraft und ihren Mut.
    Sie sah ihn an und schlug dann die Augen nieder, als sein Gesichtsausdruck ihr alles sagte. Joel war tatsächlich tot. Philippe hatte ihn genau so vorgefunden, wie Nicole ihn in ihrer Vision gesehen hatte.
    Holly schwieg eine Weile. Dann murmelte sie: »Er hat mich geheilt. In dem Kampf, der plötzlich nicht mehr da war, hat er mir das Leben gerettet. Und ich ...«
    »Manchmal muss man eben auf einen Tauschhandel eingehen«, sagte Philippe sanft. »Falls es so war, hast du die richtige Entscheidung getroffen. Du bist die Hohepriesterin eines Zirkels und eine mächtige und bedeutende Hexe.«
    Sie starrte zu ihm auf, und ihre Augen glitzerten wie aus Glas. »Wenn ich so verdammt mächtig bin, warum musste ich dann überhaupt auf so einen Handel eingehen?«, fuhr sie auf. Dann wurde ihre Miene ein wenig weicher. »Was hast du mit ihm gemacht?«, fragte sie.
    Er zögerte. Dann erklärte er: »Hexen werden für gewöhnlich eingeäschert. Aber das konnte ich nicht für ihn tun. Ich habe einfach die Polizei gerufen. Sein Tod
    sieht aus wie ein Herzinfarkt, keine Hinweise auf Gewalt.«
    »Aber du hast nicht auf die Polizei gewartet.«
    »Non.« Sie werden mich nicht finden«, versicherte er ihr. »Sie werden uns nicht finden«, korrigierte er sich dann.
    »Gut.« Sie schluckte. »Danke.«
    Er neigte den Kopf. »Gern geschehen, Holly.«
    Sie blinzelte ihn an, als sei sie beinahe schockiert über seine Freundlichkeit. Sein Mitgefühl wuchs.
    Dann zuckte sie mit den Schultern, als wollte sie damit die Lücke verleugnen, die er in ihrem Schutzwall aufgetan hatte. Sie machte auf dem

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