Hexenerbe
Drachen, doch sie konnte nichts entdecken. Die Hunde waren unsichtbar. Aber als sie an Richards Sessel vorüberhetzten, kippten sie ihn um, und Richard wurde zu Boden geschleudert. Sie mochten unsichtbar sein, unwirklich waren sie jedoch nicht.
Richard stand auf, und irgendetwas prallte gegen ihn. Mit einem lauten Schrei fiel er auf die Knie und rang mit etwas, das er nicht sehen konnte. Er brüllte ihnen zu: »Lauft! Weg hier!«
Dan ging rückwärts weiter bis zum Flur, so schnell er konnte. Cecile wand sich aus seinen Armen, reckte die Hände gen Himmel und rief die Mächte des Baron Samedi, Totengott des Voodoo, um Hilfe an. Brausender Wind sammelte sich zwischen ihren Handflächen, und sie sandte die Winde zu Richard aus, um ihm zu helfen.
Dann schlug die Tür zu und trennte sie und Dan von Richard.
»Richard!«, schrie sie und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. Dan stimmte einen monotonen Gesang an und rüttelte am Türknauf. Die unsichtbaren Hunde kratzten und bellten auf der anderen Seite, und die Tür wölbte sich zum Flur.
Mit einem Krachen flog sie auf, und Richard schoss über die Schwelle. Dan schlug die Tür hinter ihm zu. Richard brüllte: »Lauft, weiter!«
Sein Gesicht war zerkratzt und blutig, und an seinem Kopf fehlten ganze Büschel Haare. Er sah aus wie teilweise skalpiert.
Die drei rannten den Flur entlang Richtung Treppe, Cecile voran, dahinter Dan, und Richard bildete die Nachhut.
Dan schrie ihr zu: »Nach oben!«
Auf halbem Weg zur Treppe sammelte sich plötzlich Nebel um ihre Füße. Er war dunkelbraun, heiß und giftig. Die Schwaden griffen sie an und wirbelten um ihre Beine empor. Die Haut an Ceciles Schienbeinen und Oberschenkeln warf Blasen, und sie schrie auf vor Schmerz und Schrecken.
Dan packte sie bei der Hand, zerrte sie zur Treppe, schob sie vor sich und drängte sie die Stufen hinauf. Sie stolperte ein paarmal, doch er ließ ihr keine Zeit, das Gleichgewicht wiederzufinden. Er schob sie einfach weiter, bis sie den Treppenabsatz erreicht hatte. Richard stürmte hinter ihnen herauf.
»In mein Zimmer!«, rief Dan. »Lauf, Cecile!«
Ihr Name wirkte, als hätte er einen Zauber gebrochen. Sie lief den Flur entlang und begann vor sich hin zu brabbeln: »Was ist hier los? Was ist passiert?«, obwohl sie es genau wusste. Sie wurden angegriffen. Ob vom Obersten Zirkel oder von Michael Deveraux konnte sie nicht sagen. Sie hatte lange damit gerechnet, darauf gewartet, sich dafür gewappnet.
Schließlich hat meine Wachsamkeit nachgelassen, und jetzt geschieht es doch.
Aber wie? Wie haben sie uns gefunden?
Sie stieß die Tür zu Dans Zimmer auf und eilte hinein. Die beiden anderen traten hinter ihr ein und knallten die Tür zu.
Traumfänger baumelten von der Decke, und Federn und Knochen. Sie peitschten wild hin und her, während die drei den Raum durchquerten und sich an die Wand gegenüber der Tür drückten. Cecile betete zu ihren Loa, und Dan rief sein Totemtier, den Raben, um Hilfe an, während Richard Dans Kommode vor die Tür schob. Es rumpelte im gesamten Haus, als kegelte jemand mit Kanonenkugeln, und die Tür wurde beinahe aus den Angeln gerüttelt.
Da zersprang eine Fensterscheibe, und ein gewaltiger schwarzer Bussard schoss herein.
»Vorsicht!«, rief Dan, riss Cecile mit sich und warf sich schützend auf sie. Sie lag auf dem Boden unter seinem schweren Körper, während Glassplitter überall herumflogen und der Vogel vor Schmerz kreischte.
Sie riskierte zwischen Dans Armen hindurch einen Blick. Der Vogel hatte auf Richard gezielt, ihn aber knapp verfehlt. Richard hatte sich geduckt, und der scharfe Schnabel hatte sich in die Wand gebohrt. Blut strömte heraus, und der Vogel versuchte verzweifelt, sich zu befreien. Er schlug mit den Flügeln und ruckte mit dem Kopf, doch er steckte fest und verlor viel Blut.
Dan murmelte etwas, den Blick auf den Vogel gerichtet. Cecile fiel ein und befahl auf Französisch, der Vogel möge sterben und seine hasserfüllte Essenz zu seinem Meister zurückkehren. Noch immer zappelte der Vogel und flatterte mit den Flügeln.
Richard nahm die Messinglampe von der Kommode und drosch damit auf den Vogel ein. Das Tier kreischte beinahe menschlich, doch Richard schlug immer wieder zu, mit einer Kraft, die Cecile ihm gar nicht zugetraut hätte, bis der Vogel schlaff an seinem eigenen Schnabel herabhing. Dann löste er sich aus der Wand und glitt tot zu Boden.
In diesem Moment strömten die ersten Wichte durch das zerbrochene
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