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Hexenerbe

Hexenerbe

Titel: Hexenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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Sohn?, fragte sie sich. Das war ein dummer Gedanke, aber was sie damit eigentlich meinte, war: Vielleicht hatte er doch mehr von Michael als von Sasha, mehr Böses als Gutes.
    »Es ist vollbracht«, verkündete Sasha, und die Energie, die in dem Dreieck knisterte, verflog. Holly ließ die Hände von Jers und Philippes Schultern sinken und trat aufgewühlt beiseite.
    »Wir müssen zurück nach Amerika«, erklärte Nicole bestimmt. »So viele Menschen brauchen dort unseren Schutz.«
    Holly nickte. Dann griff sie nach Jers Hand.
    Doch in diesem Moment begann es heftig zu schneien, und er benutzte den weißen Schleier, um so zu tun, als hätte er ihre ausgestreckte Hand nicht gesehen.
    Wie schon zuvor bot der Mutterzirkel ihnen den Privatjet an, aber keine weitere Unterstützung. Keine Soldaten, keine Waffen, nichts, was ihnen im Kampf gegen das Unheil helfen könnte, das in Seattle tobte.
    Sobald der Dreifache Zirkel am Flugplatz von Bord ging, befand er sich mittendrin. Das Wetter war grauenhaft - es blitzte und donnerte, und heftiger Regen verwandelte Straßen in schäumende Flüsse, die Autos, Zeitungskioske, Straßenschilder und sogar Laternenpfähle mit sich rissen. Die Wassermassen strömten die Hügel von Seattle hinab, und in ihrem Sog trieben Leichen mit weit aufgerissenen Augen und die Kadaver unschuldiger Tiere, die der magischen Katastrophe zum Opfer gefallen waren.
    Schlimmer jedoch waren die Brände, die in der ganzen Stadt loderten und die auch der Regen nicht eindämmen konnte. Die Flammen schlugen in den Himmel dämonische Nordlichter, Feuerzungen verbrannten große Hochhäuser und ganze Straßenzüge. Die Verheerungen waren so gewaltig, dass in den Nachrichten gar nicht mehr alles aufgezählt wurde - offen- bar waren die Sender zu dem Schluss gekommen, dass man ebenso gut abwarten konnte, bis alles vorbei war und Tod und Zerstörung kein bewegliches Ziel mehr waren, sondern eine Tragödie, die man in Zahlen fassen konnte.
    Holly und die anderen versuchten, ein Taxi oder zumindest einen Bus zu erwischen, um zum Haus der Andersons zu gelangen. Es herrschte ein unglaubliches Gedränge panischer Menschenmassen, die irgendeinen Flug aus der Stadt heraus bekommen wollten. Der Flughafen war überfüllt, und die Leute waren so verängstigt, dass einige ihre Menschlichkeit vergaßen: Sie verloren jegliches Verantwortungsgefühl und dachten nicht mehr daran, dass sie, wenn das hier erst vorbei war, mit dem würden leben müssen, was sie getan hatten. Niemand konnte mehr so weit denken. Niemand war überhaupt noch zu einem klaren Gedanken fähig.
    »Wir werden alle zur Hölle fahren!«, teilte ein Geistlicher Holly mit, als er sich in einem Aufzug an ihr und den anderen vorbeidrängte.
    Ein anderer Mann entgegnete: »Wir sind schon in der Hölle, Bruder!«
    Holly starrte die anderen stumm an und trat dann durch die gläsernen automatischen Schiebetüren hinaus in den Sturm.
    Wind und Regen zerrten an ihr, die Luft heulte wie eine Banshee. Sie zog ihren Mantel fester um sich und senkte den Kopf gegen die wütenden Elemente, während Alonzo sich bemühte, sie mit seinem Regenschirm zu schützen. Sie dachte an die Beerdigung ihrer Eltern, an den Blitz, der in einen Baum gefahren war, und spürte in sich kalten Hass auf Michael Deveraux. Nur durch Michaels Tod konnte sie diesen Hass wieder loswerden, das wusste sie.
    Bei der Göttin, ich werde ihn töten, noch vor dem nächsten Vollmond, schwor sie sich mit geballten Fäusten.
    Damit wuchs der Hass noch weiter an, und Holly glaubte, noch mehr von ihrer Menschlichkeit zu verlieren, ein weiteres Stückchen ihrer Seele. Das war ihr bewusst, und sie war froh darüber.
    Hexen in meiner Lage können es sich nicht leisten, weich zu sein. Ich muss hart sein, damit die anderen nicht so werden müssen. Jer fürchtet, er sei zu finster, zu böse, um sich mit mir zusammenzutun. Er weiß nichts von dem Bösen in mir, von den schrecklichen Dingen, die ich getan habe, um meine Leute zu schützen.
    Und in diesem Augenblick verbündete Holly sich mit der dunklen Seite. Sie spürte, wie sie sich der Finsternis ergab und zu ihr übertrat, und sie empfand einen letzten Moment lang Bedauern.
    Ich werde nie wieder die Freuden eines gewöhnlichen Menschen erleben, erkannte sie.
    Jer musste ihre Kapitulation gespürt haben. Er warf ihr einen Blick zu und murmelte: »Holly, nicht.«
    »Du hättest mich retten können«, warf sie ihm vor. Dann wandte sie ihm wieder den Rücken zu und suchte

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