Hexenerbe
die Arme um sie. Kari wurde von heftigem Schluchzen geschüttelt. Amanda warf einen Blick auf Tommy und bekam Mitleid mit dem anderen Mädchen. Es muss schrecklich sein, den Menschen, den man liebt, an jemand anderen zu verlieren, ihn dann für tot zu halten, bis er plötzlich zurückkehrt, nur um dann wieder verloren zu gehen.
Deshalb mochte sie Kari nicht lieber, aber zumindest tat sie Amanda ein wenig leid. Tommy nahm ihre Hand, als wollte er ihr versichern, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte.
Zwölf
Amethyst
Wir werden noch stärker, unaufhaltsam
Der Deveraux Kraft ist unübertroffen
Sie windet und bohrt sich von innen heraus
Wie ein Sinnbild all unserer Sünden
Segen und Flüche müssen fließen
Dem ärgsten Feind sehen wir entgegen
Die Schlafende wandelt, doch wir müssen warten
Denn sie allein kann ihr Schicksal besiegeln
Michael öffnete als Erster die Augen. Er sprang auf, ungeheuer zufrieden mit sich. James kam einen Moment später wieder zu sich. Michael konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als er den misstrauischen Ausdruck in seinen Augen bemerkte.
So ist es recht, Bursche, denk ruhig daran, dass ich dich jederzeit nach Belieben hätte töten können. Du tätest gut daran, es dir mit mir nicht zu verscherzen.
James stand hastig und mit angespannter Miene auf. Eli erging es nicht ganz so gut. Er blieb noch mehrere Minuten lang reglos liegen. Er blinzelte nicht einmal. Als Michael schon glaubte, er werde einen Heilzauber wirken müssen, damit sein Sohn endlich von seinem Teppich aufstand, fuhr Eli mit einem Jaulen hoch.
James schnaubte verächtlich, und Michael schämte sich ein wenig für seinen Ältesten. Nun ja, später würde noch genug Zeit sein, sich um die beiden jungen Männer zu kümmern. Aber jetzt ...
»Zeit zum Feiern«, verkündete er lachend.
»Nicht zu fassen, dass wir es geschafft haben«, sagte Eli, schüttelte den Kopf und stand mühsam auf. »Wir haben das Schwarze Feuer beschworen und Holly getötet.«
»Ein Tag, der in die Geschichte eingehen wird«, bemerkte James lächelnd.
»Genau wie der Tag, an dem wir dich auf den Totenschädel-Thron setzen werden«, entgegnete Michael.
James errötete, wich Michaels Blick jedoch nicht aus. Der Junge wusste, dass Michael ihn früher oder später wahrscheinlich ermorden würde. Aber er wusste auch, dass Michael ihn vorerst noch brauchte.
Solange wir eine Abmachung haben.
Michael rieb sich die Hände und ging zum Fenster. Draußen hing der Rauch der vielen Feuer, die in Seattle wüteten. Auch die Folgen der heftigen Überflutungen waren deutlich zu sehen. Doch sein eigenes Haus und die unmittelbare Umgebung waren von der Zerstörung verschont geblieben. Gute Nachbarn sind schwer zu finden, dachte er süffisant.
Wieder rieb er sich die Hände. »Ich fühle mich heute so großmütig, Jungs.« Er wedelte lässig mit der Hand, und alles hörte augenblicklich auf. Die Seeungeheuer verschwanden wieder in der Tiefe, die Feuer erloschen, und es hörte auf zu regnen. Die Wolken rissen auf, und dünnes, wässriges Sonnenlicht drang hindurch. Michael reckte den lebenspendenden Strahlen die Hände entgegen.
»Schön, dich zu sehen, alter Freund. Bei Gott, wie hast du mir gefehlt.«
Und die Sonne schien auf Michael Deveraux herab und schenkte ihm neue Kraft und Zustimmung zu all seinen Plänen, Anerkennung für all seine Arbeit. Michael lächelte, als die Einwohner von Seattle auf die Knie fielen und mit Stoßgebeten demjenigen dankten, der dieser Verwüstung ein Ende bereitet hatte - wer immer er auch sein mochte.
Der Dreifache Zirkel, Seattle
»Das gefällt mir nicht«, verkündete Sasha und schaltete den Fernseher aus.
»Tausende Tote? Was soll einem daran schon gefallen?«, brummte Amanda.
»Nein, das meine ich nicht«, sagte Sasha und wedelte vage in der Luft herum. »Es gefällt mir nicht, dass er einfach so aufgehört hat. Warum?«
»Er glaubt, er hätte sein Ziel erreicht«, antwortete Pablo leise.
»Aber wie kann das sein?«, fragte Nicole. »Holly lebt noch.«
»Wir wissen das, aber er vielleicht nicht«, wandte Tommy ein. »Ich meine, das wäre nur logisch. Nach allem, was wir aus ihrem Gerede bisher schlussfolgern könnten, gehen wir doch davon aus, dass er in der Traumzeit aufgetaucht ist. Er muss glauben, sie sei dort gestorben.«
»Im Schwarzen Feuer«, fügte Armand hinzu. »Davon brabbelt sie ständig.«
Amanda schauderte. »Es ist ein grauenhafter Anblick«, sagte sie mit Ehrfurcht und Angst in
Weitere Kostenlose Bücher