Hexenerbe
Stimme in ihrem Ohr. Ein Kreis, die Dame hatte etwas von einem Kreis gesagt. Holly griff sich einen der kleinen Dämonen, der lange, spitze Krallen hatte. Sie packte ihn um den dicken Bauch und drückte zu. Er gab ein recht befriedigendes Röcheln von sich. Sie ließ seine Klauen in den Sand hängen und drehte sich langsam um sich selbst, bis die Klauen eine kreisrunde Narbe in den Boden gezogen hatten.
Sie setzte den dicken kleinen Dämon ab, und er biss sie ins Bein, doch sie bemerkte es kaum. Zu viel zu tun. Woher soll ich denn die Zeit für meine Hochzeit nehmen? Sie war müde. Ein Nickerchen wäre jetzt schön. Sie legte sich mitten in den Kreis. Ein Schlaflied, sie brauchte ein Schlaflied. Hatte die nette Dame ihr nicht eines beigebracht?
Einer der Dämonen, den sie aus der Höhle kannte, sprang auf ihre Brust und schien schnurstracks in ihren Körper einzusickern. Holly kicherte, weil es kitzelte. Ein weiterer schloss sich dem ersten an, und noch einer.
»Ich bin das Rettungsboot!«, kreischte sie, obwohl sie nicht recht wusste, was die Titanic damit zu tun haben sollte.
Auf einmal spürte sie einen scharfen, stechenden Schmerz im Kopf, der sie aufschreckte. Was war da los? Es fühlte sich an, als würde sie aus ihrem eigenen Geist verdrängt, ziemlich erstaunlich, wenn man bedachte, dass sie ja bereits ihren Körper verlassen hatte. Oder nicht?
Sie kämpfte darum, den Andrang zurückzutreiben, sich zu wehren. Einen Moment lang kam es ihr so vor, als sei sie in eine Ecke gestoßen worden und sähe zu, wie mehrere kleine Gestalten darum stritten, wer ihre Lippen, ihre Arme und Beine bewegen durfte.
Nein!, schrie sie. Doch sie schienen sie nicht zu hören. Vielleicht ignorierten die Wesen sie auch. Ich muss hier weg! Sie versuchte verzweifelt, die Kontrolle über irgendetwas wiederzuerlangen - irgendetwas. Über ihren Mund vielleicht, wenn sie nur die Worte herausbrächte.
Sie strömten aus ihr hervor. Sie konnte sich nicht erinnern, ob es die richtigen Worte waren und was Wörter eigentlich sein sollten, aber es hörte sich gut an. Sie spürte, dass sie rücklings wie in ein Vakuum hineingesogen wurde. Als alles um sie herum schwarz wurde, rief sie: »Jer, verzeih mir!«
Holly schoss schreiend hoch. Vor Schreck schrie Amanda ebenfalls. Dann, so urplötzlich, wie sie losgeschrien hatte, verstummte Holly wieder und brach auf dem Boden zusammen. Sie gab leise, stöhnende Laute von sich und wiegte sich hin und her. Speichel rann ihr aus dem Mund über die Wangen, wo er sich mit Tränen vermischte.
Amanda drehte sich nach Jers Körper um und erwartete auch bei ihm ein Lebenszeichen zu sehen. Blut sickerte an seinem Arm herab - das war ihnen zuvor nicht aufgefallen, weil alle nur auf Barbara geachtet hatten. Eine Minute verstrich, und er regte sich immer noch nicht. Betroffenes Schweigen senkte sich über den Raum.
Kari brach es schließlich. »Wo ist er?«, kreischte sie.
Amanda wandte sich zu ihr um. Silvana hatte einen Arm um Kari geschlungen, doch die schüttelte ihn ab und stürzte herbei. Sie kniete sich neben Jers Körper, berührte mit zitternden Fingern sein vernarbtes Gesicht und zog die Hand dann unsicher wieder zurück. »Wo ist er?«, wiederholte sie und sah dabei Holly an.
Holly wiegte sich nur stöhnend weiter vor und zurück. Kari sprang über Jer hinweg, packte Holly bei den Schultern und schüttelte sie. »Sag mir sofort, wo er ist!«, brüllte sie. Holly antwortete nicht, doch ihr Kopf knallte wie der einer Puppe auf den Boden, als Kari sie durchschüttelte.
Ehe Amanda ihren Schock überwinden und Kari aufhalten konnte, trat Silvana vor und packte Kari energisch bei den Schultern.
»Kari, lass sie los! Sie kann dich nicht hören!«
»Wo ist er, wo, wo?«, schrie Kari, und Tränen liefen ihr übers Gesicht.
Alonzo sprang hinzu und zog Karis Hände von Holly. Holly sackte mit glasigen Augen auf dem Boden zusammen. Alonzo zerrte Kari auf die Füße. Sie ballte die Hände zu Fäusten und schlug ihm gegen Brust und Schultern.
Er bedeutete Silvana, Kari loszulassen. Widerstrebend gehorchte sie und trat zurück. Alonzo ließ Kari noch ein paarmal auf ihn einschlagen, ehe er schließlich ihre fliegenden Fäuste abfing. »Warum? Warum hat sie ihn dort zurückgelassen?«, schluchzte Kari.
»Wir wissen noch nicht, was passiert ist«, sagte Alonzo ruhig. »Vielleicht geht es ihm gut.«
»Nein. Ich weiß, dass es ihm nicht gut geht!«, heulte Kari.
Alonzo zog sie an seine Brust und schlang
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