Hexenfluch: Roman (German Edition)
Blick nach oben, legte die Ohren zurück, duckte sich, ließ einen Laut hören, der beinah wie ein Winseln klang. Der Zweite packte sie am Arm, zog sie vorwärts – noch immer darauf bedacht, nicht ihre bloße Haut zu berühren –, versetzte ihr einen kleinen Stoß, damit sie weiterging. Und er sie wieder loslassen konnte.
Sie hatte sich ihr gänzlich zugewandt. Schlug jetzt das altertümliche Buch zu. »Sieh an, sieh an. Die Puppenspielerin.« Geradezu gelangweilt glitten ihre Augen über Ella.
»Christian …« Sie konnte den Blick nur mit Mühe von ihm und der blonden Hexe losreißen. »Was … was habt ihr mit ihm gemacht?«
»Oh, nichts Schlimmes. Er ist am Leben, oder? Noch zumindest. Ich habe nur dafür gesorgt, dass er mir seine Macht überlässt, ohne mir dabei ins Handwerk zu pfuschen.« Ein kaum sichtbares Kopfschütteln, geheuchelt bedauernd. »Du kommst spät, meine Liebe. – Zu spät.«
Ella schluckte. Drückte den Rücken durch. Nahm die Schultern zurück. Noch nie in ihrem Leben war es ihr so schwer gefallen. »Ich wurde aufgehalten. Aber jetzt bin ich hier. – Sag ihr, sie soll aufhören, und lass ihn gehen. Und die Menschen oben im Havreux Tower auch.«
»Ja, das sehe ich. Und wie ich sehe, allein. Wie schade. – Aber wie du siehst, haben wir schon angefangen.«
»Wir hatten eine Abmachung!« Ihr Magen war ein harter, brennender Klumpen.
»Hatten wir das? Nun, ich würde sagen, nachdem du zu spät bist, gilt sie nicht mehr. Wie bedauerlich für dich.«
»Man kann jedes Ritual abbrechen, wenn man will.«
Ein abfälliges Schnalzen. »Ich will aber nicht. Und vor allem: Warum sollte ich? Deinetwegen?«
»Ich dachte, du wolltest meine Macht?«
Die Dämonin lachte. »Die unbedeutende Macht einer kleinen Puppenspielerin? Ich bitte dich. Sie ist nichts im Vergleich zu dem, was in Kristen schlummert.« Also war es tatsächlich so, wie Mac gesagt, wie der Junge gesagt hatte: eine Falle. Gemächlich kam sie auf Ella zugeschlendert, das Buch nachlässig unter dem Arm. Die blonde Schönheit kauerte über Christian, die Hände auf seine Brust gestemmt, sah zu ihnen her, so als wartete sie auf ein Zeichen, weiterzumachen. Ihr Haar floss bis auf den Stein unter ihm. »Deine Macht ist für mich absolut uninteressant.« Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen. »Dein Blut – vielleicht. Eine nette kleine – wie sagt ihr Menschen? Ach ja: eine nette kleine Zugabe. Ein … Snack. Aber mehr auch nicht.« Ebenso gemächlich begann sie um Ella herumzuschreiten. »Nein. Du bist aus einem anderen Grund hier.« Die beiden Werwölfe wichen zurück, machten ihr hastig Platz. »Niemand nimmt mir weg, was mein ist. Niemand.« Ihre Fingernägel strichen über Ellas Schulter. »Und schon gar keine dahergelaufene kleine Menschenschlampe.« Die Berührung wanderte über ihre Schulterblätter, weiter zur anderen Schulter, auf ihre andere Seite.
»Er gehört dir nicht.« Entschieden wandte sie sich um, trat ihr in der Bewegung entgegen.
»Ach? Bist du dir da so sicher?« In geheuchelter Überraschung riss sie die Augen auf. »Und warum tut er dann, was immer ich von ihm verlange? Vögelt jede Frau, zu der ich ihn schicke. Und jeden Mann. Oder lässt sich vögeln.« ›Wir sind ihre Huren.‹ Großer Gott. Sie gluckste leise. »Oh nein, Puppenspielerin. Er gehört mir. Mir ganz allein. Seit 800 Jahren. Ich kann mit ihm machen, was ich will.« Ihr Blick wurde schmal. »Aber deinetwegen hat Kristen sich gegen mich gestellt. Nur deinetwegen. Und dafür wirst du bezahlen, Puppenspielerin.« Wieder ein Lächeln. »Nur deshalb bist du hier.« Die Bewegung, mit der sie den Kopf schief legte, hatte beinah etwas Unschuldiges. »Und vielleicht als Köder für deine Hexer-Freunde.«
»Sie werden nicht kommen.« Herr im Himmel, bitte, mach, dass Mac und die anderen nicht hierherkommen!
»Bedauerlich. – Aber was dich angeht, letztlich auch ohne Bedeutung.« Ein kurzes Nicken zu den Werwölfen hinter ihr. »Aaron wird sich um dich kümmern. Wir haben deinetwegen schon genug Zeit verloren.« Der Schlag ins Gesicht kam so plötzlich, dass Ella keine Chance mehr hatte auszuweichen. Beförderte sie rücklings in die Arme der Werwölfe. Sie würgte vor Schmerz. Spürte Blut unter ihrer Nase. Taumelte im ersten Moment blindlings vorwärts, als die beiden Hünen sie mit sich zerrten, stemmte sich erst nach zwei, drei unsicheren Schritten gegen sie, trat nach ihnen, versuchte sich loszureißen. »Nein …« Einer der
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