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Hexenfluch: Roman (German Edition)

Hexenfluch: Roman (German Edition)

Titel: Hexenfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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besser. Sie hatte keine Lust, am Ende unvermittelt zur Zielscheibe in einem Bandenkrieg zu werden.
    »Okay. Wie Sie meinen. Dann bis zum nächsten Mal, Doc.« Er schnippte den Stummel auf die Straße und tauchte wieder unter die Motorhaube ab. Damit war sie offenbar entlassen.
    Ella zog den Riemen der Tasche höher auf die Schulter, nickte den übrigen Jungs zu und machte sich endgültig auf den Weg zu ihrem Auto. Ihr Arm schmerzte. Natürlich. Sie sollte es eigentlich besser wissen, als ihn jetzt schon wieder so zu belasten. Er war gebrochen gewesen. Dass sie ›nur noch‹ eine Schiene trug, bedeutete noch lange nicht, dass er dem Gewicht ihrer Tasche bereits wieder gewachsen war.
    Aus einem offenen Fenster über ihr drangen laute Stimmen. Ein Mann und eine Frau. Etwas krachte gegen eine Wand. Gleich darauf eine weitere Stimme, die Ruhe verlangte … Doch sobald Ella um die nächste Ecke gebogen war, schienen ihre Schritte das einzige Geräusch zu sein. Obwohl ein unbestimmtes Gefühl sie drängte, schneller zu gehen, zwang sie sich dazu, ihr Tempo beizubehalten. Nicht hastig und unsicher, sondern ruhig und bestimmt, aber trotzdem schnell. Signalisierte ihr Gang hier ›Opfer‹, waren die ›Jäger‹ binnen kürzester Zeit nicht mehr weit.
    Trotzdem veränderte sich der Takt ihrer Absätze, als sie die Gasse erreichte, in der sie Havreux gefunden hatte. Sie wagte es nicht, auch nur einen Blick hineinzuwerfen. Wenn sie nicht hierhergekommen wäre, um nach Mrs. Groner zu sehen, wenn sie wie ihre Kollegen einfach nur ihren Dienst im California Medical versehen hätte … Sie schloss die Finger fester um den Riemen ihrer Tasche, bemühte sich, ihre Schritte und ihren Herzschlag wieder unter Kontrolle zu bekommen. Warum zum Teufel hatte sie ihren Wagen auch so weit weg geparkt?
    Die nächste Ecke. Das alte Backsteingebäude stand schon eine ganze Zeit leer. Das Erstaunliche daran war, dass man hier noch nicht einmal Obdachlose sah. Dabei waren sowohl die Tür als auch die Fenster nur nachlässig vernagelt. Fröstelnd zog sie die Schultern hoch. Normalerweise speicherten Häuserfassaden die Wärme des Tages und gaben sie in der Nacht wieder ab. Hier war es umgekehrt. Zumindest fühlte es sich so an.
    Unter der Treppe, die zum Hauseingang führte, hatten sich Papier und anderer Unrat gesammelt. Dazwischen nisteten Schatten und mochte-der-Himmel-wissen-was-noch. Ratten? Mit Sicherheit. Und offensichtlich fühlte sich niemand dazu berufen, etwas davon zu beseitigen. Der Besitzer tat es anscheinend ja auch nicht. Eine Bewegung zog ihren Blick zu einem der Fenster im Erdgeschoss. Nein. Keine Bewegung. Auch wenn sie im ersten Moment geglaubt hatte, der Rest eines alten Vorhangs sei von einem Luftzug durch irgendeinen Spalt geweht worden. Doch da war … nichts. Nichts als Schatten … die sich in den gähnenden Öffnungen zu … kräuseln schienen. Schatten vor dichter, undurchdringlicher Schwärze … die immer wieder zwischen den Brettern … hindurchleckten …
    Unwillkürlich machte Ella einen Schritt rückwärts und zur Seite, weg von der Mauer. Jetzt raste ihr Herz wirklich. Schwärze tropfte von dem Fensterbrett. Zäh, ein riesiger, öliger Tropfen. Zerspritzte in den Schatten darunter. Machte sie noch dunkler. Breitete sich weiter in ihnen aus. Breitete sie aus. Schob sich auf Ella zu. Sie wich zurück. Schlagartig war ihr Magen ein eisiger Knoten. Ihr Atem kondensierte zu … fahlem Dampf. Nein. Etwas anderem. Keuchend taumelte sie vom Bürgersteig herunter, über die Straße. Ohne die Schwärze aus den Augen zu lassen. Die sich weiter in den Schatten ausdehnte; den Schatten von Schlaglöchern, Rissen im Asphalt, einer weggeworfenen Cola-Dose. Hinter ihr her. Auf sie zu. Um ein Haar wäre sie über die Kante des gegenüberliegenden Bürgersteiges gefallen. Plötzlich war ihr egal, wer ihre Schritte hörte. Sie drehte sich um und rannte. Die Schwärze war da. Flüsterte. Raunte. Verzerrt. Unverständlich. Blieb hinter ihr. Kam heran. Eine Hausecke. Sie sah den Schatten zu spät. Stürmte durch ihn hindurch. Kälte wie Nadeln aus Eis. Sie schrie. Presste die Hand vor den Mund, um den Laut zu ersticken. Rannte weiter. Eine Treppe hinunter. Aber hier gab es keine Treppen. Die Schwärze wurde dichter, zäher. Die Hauswände drängten näher heran. Altmodische Hauswände. Backstein. Kein Beton. Sie sah die letzte Stufe nicht. Stürzte. Fing sich gerade noch mit beiden Händen ab. Ihre Tasche fiel zu Boden.

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