Hexenfluch: Roman (German Edition)
Öffnete sich. Schmerz raste ihren Arm hinauf. Sie schrie wieder. Tränen schossen ihr in die Augen. Rascheln und Flüstern zu ihrer Rechten. Eine Bewegung. Irgendwie schleifend. Sie rappelte sich hoch, rannte weiter, den Arm gegen die Brust gedrückt. Ließ die Tasche liegen. Schwere Atemzüge klangen in ihren Ohren. Ihre eigenen? Oder von etwas … anderem? Sie warf den Kopf herum. Ohne langsamer zu werden. Am Ende der Treppe: eine Gestalt. Ein … Mann? Er starrte sie an.
Die nächste Ecke. Schritte. Schnelle Schritte. Zusätzlich zu ihren eigenen. Hinter ihr. Warum brannten hier keine Straßenlaternen? Wieder eine Ecke. Wo war ihr Auto? Großer Gott, wo war ihr … Vollkommen unvermittelt war jemand vor ihr. Hände packten sie. Ella schrie erneut. Flüche. Die Hände verschwanden für den Bruchteil einer Sekunde. Kamen wieder. Von hinten. Eine wurde gegen ihren Mund gedrückt. »Ruhig! Ich bin es! Dr. Thorens! Seien Sie still!« Ein Arm um ihre Mitte. Zerren. Tiefer in die Schatten. Sie stolperte rücklings mit. Stemmte sich gegen den Griff. »Ich bin es: Christian. Erkennen Sie mich?« Der Arm lockerte sich. Gab ihr Raum. Die Hand wurde weiterhin fest über ihren Mund gepresst. »Sehen Sie mich an! Ich bin es: Christian Havreux! Sie müssen still sein. Hören Sie, Ella? Still! Sie hetzen uns jeden Jäger in der Umgebung auf den Hals.« Endlich sickerten die gezischten Worte in ihren Verstand. Ihr Schrei endete in einem Keuchen. Es klang wie ein Schluckauf. »Ich lasse Sie jetzt los, Dr. Thorens. Aber Sie müssen still sein. Kein Laut! Verstanden?« Sie nickte gegen seine Hand. Sehr langsam nahm er sie weg. Ohne sie mit der anderen jedoch gänzlich loszulassen. Im Gegenteil drehte er sie abrupt zu sich um.
»Wie zum Teufel kommen Sie hierher? Was haben Sie hier zu suchen?«, herrschte er sie an. Seine Stimme war noch immer nur ein Zischen.
»Wo … wo kommen Sie … denn auf einmal her?« Bei jedem Atemzug bohrte sich ein Stechen zwischen Ellas Rippen.
»Himmel, Arsch und Zwirn!« Sein Ausbruch ließ sie zusammenzucken. Er schien sie überhaupt nicht gehört zu haben. »Sie haben Ihre Gabe in keiner Weise unter Kontrolle und spazieren zwischen den Schatten herum, als … als … ach, verdammt. Und hinterlassen dabei eine Spur aus Angst, die … als würde man einen Bottich Menschenblut vor einem Rudel ausgehungerter Vampire auskippen.« Geradezu angewidert schüttelte er den Kopf, packte sie beim Arm und zog sie mit sich. »Kommen Sie! Wir müssen von hier verschwinden, bevor noch jemand Ihre Spur aufnimmt und uns hier aufstöbert.« Er ignorierte Ellas Aufkeuchen. »Sie tun genau, was ich sage. Kein Mucks. Und kriegen Sie in Gottes Namen Ihren Herzschlag in den Griff. Sie könnten genauso gut eine Trommel vor sich her tragen.« Die Hand noch immer unerbittlich um ihren Arm, marschierte er an den Häuserfronten entlang. Schnell. So dass sie immer wieder ein paar Schritte rennen musste, um mit ihm mithalten zu können. Dicht an den Mauern. Vorbei an Häusern, die genauso aussahen wie das, in dem Mrs. Groner und ihre Familie wohnten. Und doch wieder anders. Finsterer. Trister. Die Fenster gähnend-schwarze Schlünde. In denen sich Schatten und Dunkelheit bewegten. Immer wieder blieb er unvermittelt stehen, die Hand warnend gehoben. Angespannt. Lauschend. Auf Geräusche, die nur er zu hören schien. Bis er sie dann mit einem knappen Nicken weiterzog. Weiter die Straße hinunter; über schmale Treppen zwischen den Häusern entlang. Nirgendwo gab es Licht. Trotzdem blitzte der rote Stein in seinem Ohrläppchen immer wieder auf. Fröstelnd zog Ella die Schultern hoch. Es war kalt. Sie keuchte erschrocken, als Havreux sie jäh in einen Hauseingang riss, »Still!« zischte, sie noch ein Stück weiter in die Dunkelheit drängte, ihr bedeutete, zu bleiben, wo sie war, zu dem klaffenden Viereck des Eingangs zurückging und gegen die Mauer gepresst hinausspähte. Sekundenlang. Wie zuvor schien er zu lauschen, doch dann löste er sich abrupt wieder von der Wand, kam zu ihr zurück, flüsterte ganz nah an ihrem Ohr: »Sie bleiben hier. Kein Laut. Da hat sich etwas auf unsere Spur gesetzt, das ich loswerden will, bevor wir weitergehen.« Sie ahnte die Bewegung nur, mit der er seine Jacke abstreifte. »Ziehen Sie das über. Es wird Ihren Geruch zumindest ein Stück weit überdecken.« Er legte sie ihr um die Schultern. »Und rühren Sie sich unter gar keinen Umständen vom Fleck, bis ich wieder da bin.« Sein Arm
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