Hexenfluch: Roman (German Edition)
Sekundenbruchteil ihre streifte … Niemals explizit. So, als würde er darauf warten, dass sie eine unausgesprochene Frage mit Ja beantwortete. Dass sie ihm erlaubte, sie zu umwerben. Aber heute Abend … Er hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass dieses Treffen für ihn ein Date war. Trotzdem hatte sie zugesagt. Und hatte Herzklopfen bei dem Gedanken, wohin es sie führen würde. Und wo es endete.
Ella schob die Hände in die Hosentaschen – und verbiss sich ein Lächeln. Offenbar färbten Christian und seine Gewohnheiten ab. Im nächsten Moment musste sie hastig ein Gähnen unterdrücken. »Okay, ich gehe. Aber Sie rufen mich an, falls irgendetwas mit James ist, ja?«
Dr. Jacobs schüttelte mit einem theatralischen Seufzen den Kopf. »Dieses Krankenhaus wird nicht in Flammen aufgehen, wenn Sie nicht da sind. – Ja, ich rufe Sie an. Und jetzt verschwinden Sie, Ella, bevor ich Sie vom Sicherheitsdienst zu Ihrem Auto eskortieren lasse.« Er wies den Gang hinunter. Ella schnaubte, machte kehrt und trollte sich mit einem Winken und einem »Bis morgen!« zu ihrem Büro, um ihre Tasche zu holen.
An der Tür klebte ein Zettel.
Brauche noch deine Rückmeldung zum Wohltätigkeitsempfang.
Widerrede zwecklos. Du kommst!
Muss nur wissen: Allein? Mit Begleiter? ☺
Gruß,
Sarah
Ella zog ihn ab, ging hinein und zum Schreibtisch und pappte ihn an den Bildschirm des PC. Sie hatte gehofft, Sarah würde sie vergessen oder zumindest ein anderes Opfer finden. Leider war sie als Jacobs’ Sekretärin viel zu kompetent. Und außerdem der Meinung, dass Wohltätigkeitsempfänge der ideale Ort waren, um Leute mit Beziehungen kennenzulernen, die einem vielleicht einmal privat oder beruflich nützlich sein könnten. Ganz nebenbei hatte sie sich in den Kopf gesetzt, Ella möglichst weit oben auf der Karriereleiter sehen zu wollen. Entsprechend bestand Sarah darauf, dass sie zu diesem Empfang kam.
Ob sie Christian fragen sollte? Ella schlang sich den Riemen ihrer Tasche über die Schulter, verließ ihr Büro wieder und schloss ab. Fragen konnte sie ihn, aber sie sollte sich wahrscheinlich keine Hoffnungen machen, dass er sie tatsächlich begleiten würde. ›Christian Havreux‹ und ›Öffentlichkeit‹ vertrugen sich nun mal anscheinend nicht besonders. Im Gegenteil war er offenbar wild entschlossen, sein Image als geheimnisvoller, millionenschwerer Einsiedler um jeden Preis beizubehalten.
Marisol Martinez winkte ihr zu, als Ella an ihrem Krankenzimmer vorbeiging. Noch immer schwach, aber eindeutig auf dem Weg der Besserung. Ella lächelte und winkte zurück.
Hinter der nächsten Gangbiegung blieb sie abrupt stehen. Der Mann war wieder da! Am anderen Ende des Korridors. Er sah zu ihr her. Groß, dunkelhaarig. Verwirrend grüne Augen, deren Farbe sie selbst auf diese Distanz erkennen konnte. Sie umklammerte den Riemen ihrer Tasche fester. Jeden Tag, spätestens jeden zweiten, tauchte er entweder hier, auf ihrer Station, oder unten, in der Notaufnahme, auf. Immer dort, wo sie gerade Dienst hatte. Sie hatte schon zwei Mal den Sicherheitsdienst gerufen. Aber bis Charlie oder einer seiner Kollegen da gewesen waren, war er schon wieder verschwunden. Niemand außer ihr schien ihn zu bemerken. Keine der Schwestern, keiner der anderen Besucher. Selbst in der Lobby … niemand konnte sich an ihn erinnern. Obwohl sie ihn so detailliert beschrieben hatte, wie sie konnte. Und diese Augen mussten doch irgendjemandem auffallen. – Nicht nur seine Augen. Alles an ihm …
Die Tür zu einem der Zimmer öffnete sich und verbarg den Mann für einen Moment, während eine der Schwestern die alte Mrs. Newburg Schritt um Schritt an ihrer Gehhilfe auf den Korridor hinausführte. Ella machte einen Schritt zur Seite, um an den beiden und der Tür vorbeisehen zu können … Der Mann war verschwunden.
»Alles in Ordnung, Dr. Thorens?«
Keuchend vor Schreck fuhr sie herum. »Charlie!« Sie presste die Hand auf die Brust. »Was …?«
»Eigentlich hat Dr. Jacobs mir befohlen, Sie aus seiner Klinik zu werfen, falls ich Sie noch irgendwo hier finden sollte …« Charles Hoyt runzelte die Stirn, spähte an ihr vorbei den Korridor hinunter. »Ihr Stalker?«
»Ich … glaube, ja.« Sie hatte sich in Afrika mit gemeingefährlichen Mördern angelegt, die sich selbst als Revolutionäre und Befreier bezeichneten, sie hatte keine Probleme damit, eine Patientin in einer der verrufensten Gegenden L.A.s zu besuchen …
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