Hexenfluch: Roman (German Edition)
aber ein Unbekannter in den hell erleuchteten Fluren des California Medical schaffte es, sie beinah in Panik zu versetzen.
Charlie nickte und griff nach dem Mikrofon seines Funkgeräts, das an der Schulter seines Uniformhemdes befestigt war. Ein Knacken ertönte. »Charlie hier. Dr. Thorens’ Stalker ist wieder da. Seht euch mal nach ihm um.« Rauschen, Knacken und die Stimme von einem von Charles’ Kollegen. Ella verstand nicht, was er sagte. Unruhig rieb sie die Handflächen gegeneinander. Vermutlich würden die Männer wie immer keine Spur von dem Unbekannten finden. »Ich bringe sie zu ihrem Wagen. Melde mich dann wieder.« Er ließ die Hand sinken, sah Ella an. Schnell schüttelte sie den Kopf. »Es ist nicht nötig, dass Sie mich zu meinem Auto begleiten, Charlie.«
Der hob nur die Schultern. »Wenn man’s genau nimmt, war das doch sowieso mein Auftrag. Und nach dem, was dieser Wahnsinnige vor zwei Monaten am Olympia Medical angerichtet hat, sollten wir kein Risiko eingehen. – Kommen Sie, Doc.« Er nickte den Gang hinunter.
Ella fügte sich mit einem Seufzen.
Charlie begleitete sie tatsächlich durch den gesamten Komplex bis zum Parkdeck des Krankenhauses, wartete, bis sie in ihren Wagen gestiegen war, und sah ihr nach, als sie davonfuhr.
Warum wagte sie eigentlich nicht, darauf zu hoffen, dass er und seine Kollegen den Kerl diesmal aufspüren würden? Weil er unter Garantie genauso spurlos verschwunden sein würde wie bisher jedes Mal.
Sie bog aus der Ausfahrt, reihte sich in den übrigen Verkehr ein. Die Sonne hing schon tief über den Dächern der Häuser, verschwand sogar bereits hinter dem ein oder anderen der Hochhaustürme. Ella warf einen schnellen Blick auf die Uhr. Verdammt. Sie war um einiges später, als sie angenommen hatte. Wahrscheinlich würde Christian sie schon auf der Hollywoodschaukel auf der Veranda erwarten, wenn sie nach Hause kam. Sollte sie ihm von dem Kerl erzählen? Und dann? Was sollte er tun? Sie jeden Tag ins Krankenhaus begleiten, als wäre sie ein kleines Kind, das Angst vor seinem eigenen Schatten hatte? Ihr einen professionellen Bodyguard besorgen? Ella schauderte allein bei dem Gedanken. Nein danke. – Und wenn … Nein! Christian hatte gesagt, die Magie, die er an den Bernstein gebunden hatte, würde verhindern, dass andere Hexer sie aufspüren konnten, wenn sie ihre Gabe gebrauchte, auch wenn er nicht in ihrer Nähe war. Wie groß war die Chance, dass es sich bei dem Typen um mehr als einen ganz normalen Stalker handelte? Wenn überhaupt. In dubio pro reo. Der Mann konnte ebenso gut tatsächlich jemanden besuchen. Oder er arbeitete möglicherweise irgendwo im Krankenhaus. Außerdem: Sie hatte ihre Probleme ihr ganzes Leben allein gelöst. Sie würde jetzt nicht anfangen, etwas daran zu ändern.
20
Du hast aber nicht lange gebraucht, um sie zu vergraulen, Mac. – Oder hast du noch gar keinen Kontakt zu ihr aufgenommen?«
»Letzteres.« Mac drehte sich zu der Stimme um. »Du wolltest doch umziehen, J. J.«
Verständnislos runzelte die junge Frau, die gerade die letzte Stufe herab und quer durch den leeren Club auf ihn zugeschlendert kam, die Stirn. »Ich wollte bitte was? Ich weiß zwar nicht, was dich auf diese Idee gebracht hat, Mac, aber ich mag mein Loft. Entsprechend habe ich nicht vor, an meiner Wohnsituation etwas zu ändern.« Das Klacken ihrer Absätze endete, als sie stehen blieb und zuerst ihre elegante Aktentasche und dann ihren grauen Blazer auf einen der Stühle warf. Mit einem erleichterten Stöhnen streifte sie die High Heels ab. »Wenn die Verhandlung noch länger gedauert hätte, wäre ich in den Dingern gestorben.«
»Und du wolltest Urlaub nehmen.«
Abrupt drehte sie sich zu ihm um, starrte ihn an. »Bist du übergeschnappt? Ich kann keinen Urlaub nehmen. Nicht jetzt. Wycliff will mich zum Partner machen. Weißt du, was das heißt? J. J. Barnes, Partner bei Wycliff & Walters! Das ist der Sprung in die Oberliga der Wirtschaftsanwälte.« Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Mac, was auch immer du vorhast: Das kann ich nicht aufs Spiel setzen.«
»Und was, wenn ich dir garantiere, dass du Partner wirst, auch wenn du Urlaub nimmst?«
Diesmal schnaubte J. J. »Das kannst selbst du nicht.«
Er lächelte.
Mit schmalen Augen musterte sie ihn. »Dir ist klar, was ich mit dir mache, wenn es doch nicht klappt.«
»Ich kann’s mir lebhaft vorstellen.« Er zog sich einen Barhocker heran, verschränkte die Arme auf der Lehne.
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