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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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micus floh nach Osten. Statt durch die Gassen zu laufen, durchquerte er die Höfe und Gärten hinter den Häusern, sprang über Zäune und Beete, hechtete über Büsche und Wassergräben.
    Hinter einer hüfthohen Mauer auf einer Anhöhe blieb er stehen. Von hier aus konnte er das Inferno, das in Saint-Gély-du-Fesc wütete, in seiner ganzen Schrecklichkeit erkennen. Kein Haus, das nicht in Flammen stand, kein Stall, den die Bastarde von Rittern nicht angesteckt hatten. Die Schreie verhallten. Von hier aus waren kaum noch Menschen zu erkennen. Die Gassen schienen leer, das Dorf war wie ausgestorben.
    Gerade wollte er weiter, als er einen Schatten zwischen zwei Häusern in der Gasse unter sich entdeckte. Er rieb sich die Augen und der Schatten war verschwunden. Er schalt sich einen Narren, aber da tauchte der Schatten wieder auf. »Imbert!«, flüsterte er. »Verdammt!«
    Jetzt musste er handeln. Der Wald war nah, und Imbert musste durch das halbe Dorf reiten, um ihn einzuholen. So schnell er konnte, rannte Amicus dem rettenden Unland entgegen. Am letzten Haus des Dorfs machte er noch einmal kurz Halt und atmete tief durch. Nur noch fünfzig Schritte über offenes Feld trennten ihn vom Wald. Er spähte in alle Richtungen. Imbert war nirgends zu sehen.
    So überquerte er ungehindert das Feld und warf sich zwischen die Bäume auf den Waldboden. Er war in Sicherheit! Eine Weile blieb er liegen. Tief sog er die Luft ein, die nach Moos und Kräutern roch. Wölfe heulten in weiter Ferne, und aus den Baumwipfeln drang der Ruf eines Steinkauzes an sein Ohr.
    Es war so ruhig, dass Amicus die Augen zufielen. Damit er nicht einschlief, stand er wieder auf und schüttelte die Müdigkeit aus seinen Gliedern. An Schlaf war nicht zu denken. Die Freunde waren noch immer in Gefahr. Er beschloss, im Schutz der Bäume am Waldrand Richtung Süden zu marschieren. Auf diese Weise musste er auf Jeanne und Raphael treffen.
    Kaum hatte er ein paar Schritte gemacht, spürte er einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf. Benommen wankte er hin und her, dann stürzte er zu Boden. Noch bevor er die markante Stimme vernahm, wusste er, wer ihn attackiert hatte.
    »Habe ich dich endlich, du Hurensohn«, höhnte Imbert.
    Ächzend zog Amicus sich an einem Baumstamm hoch. Er starrte in die Dunkelheit, konnte Imbert aber nirgends ausmachen. Der Feuerschein aus dem brennenden Dorf drang nur schwach hierher. Blitzschnell fasste er an seinen Gürtel und schrie wütend auf. Er hatte auf der Flucht beide Messer verloren. Und die anderen waren gut verstaut in seinen Satteltaschen. So tastete er über den Boden, bis er einen starken Ast zu fassen bekam.
    Eisiges Lachen drang durch die Dunkelheit. »Mit dem Stöckchen willst du mich besiegen?«
    »Zeig dich, und du wirst schon sehen, feiger Lump.«
    Imbert lachte nur. Diesmal aus einer anderen Richtung. Amicus fuhr herum und schlug mit dem Ast in die Luft.
    Da hörte er neben sich ein Geräusch. Noch bevor er reagieren konnte, fuhr die kalte Klinge eines Messers in seinen rechten Arm unterhalb der Schulter. Amicus schrie auf.
    Imbert kicherte. »Ich habe nicht geahnt, dass mir deine Schmerzen ein solches Maß an Freude schenken würden.«
    »Komm her!«, brüllte Amicus und schlug wild um sich.
    Wieder hörte er ein Geräusch, und das Messer schlitzte ihm den anderen Arm auf. Amicus spürte, wie warmes Blut an seinen Armen herunterlief. Doch der Schmerz trieb ihn nur noch mehr an. Unentwegt hieb er mit dem Ast durch die Luft. Zwei weitere Messerstiche trafen Amicus in beide Beine, und schließlich brach er erschöpft zusammen.
    Nun zeigte sich der Jäger. Wie ein triumphierender Feldherr der römischen Legionen stand er grinsend vor seinem Opfer. »Wie viele Stunden habe ich überlegt, was ich in diesem Augenblick sagen soll«, sprach Imbert. »Doch bist du keines weisen Wortes wert.« Er hob das Messer.
    Amicus schloss die Augen. Seine Gedanken kreisten um die Freunde und dass sie ihn rächen und den Kampf des Guten gegen das Böse gewinnen würden. Dann erschien Eve vor seinem inneren Auge, und unsägliche Freude über das nahe Wiedersehen übermannte ihn.
    Plötzlich hörte er, wie Imbert gequält aufschrie. Verwundert öffnete er die Augen und erblickte Jeanne, die gerade den Stein fortwarf, mit dem sie Imbert niedergeschlagen hatte.
    Sie stürzte zu ihm. »Seid Ihr schwer verletzt?«
    »Es ist nicht so schlimm«, log Amicus. Die Wunden brannten und der Blutverlust schwächte ihn. Eine Körperlänge entfernt

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