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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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lag der bewusstlose Imbert.
    »Verschwinden wir«, sagte Jeanne.
    Schon wollte er mit ihrer Hilfe aufstehen, als er eine Entscheidung traf. »Nein«, sagte er. »Ich laufe nicht mehr weg.«
    »Was habt Ihr vor?«, fragte Jeanne. »Amicus?«
    Amicus antwortete nicht. Auf allen vieren kroch er zu Imbert. Der Mönch bewegte Arme und Beine. Er schien aufzuwachen.
    »Haltet ein!«, rief Jeanne und stellte sich zwischen Amicus und Imbert.
    »Geht aus dem Weg«, presste Amicus hervor.
    »Es ist nicht nach Gottes Geboten, zu töten.«
    Amicus stöhnte. »Imbert ist da sicher anderer Meinung.«
    »Es reicht, wenn wir ihn fesseln. Gewiss gibt es eine Reihe von Fragen, die Bruder Raphael ihm stellen möchte.«
    Ächzend stand Amicus auf und hob beschwörend die Hände. »Madame Gousset, jeder Augenblick, in dem der Bastard lebt, birgt eine Gefahr für unser aller Leben. Lasst mich dem Spuk ein für alle Mal ein Ende machen.«
    »Wir haben dennoch kein Recht, ihn zu töten«, beharrte Jeanne. »Wir fesseln ihn und warten auf Bruder Raphael. Er soll entscheiden, was mit ihm geschieht.«
    »Fesseln?«, fragte Amicus. »Womit denn, zum Teufel?«
    Jeanne schien zu erkennen, dass der Einwand berechtigt war. Sie hatten kein Seil. Vorsichtig schlich sie zu Imbert. Dann bückte sie sich schnell, nahm das blutverschmierte Messer aus seiner Hand und ging zurück zu Amicus. Sie gab ihm die Waffe. »Halten wir ihn eben so lange in Schach.«
    Amicus gab seinen Widerstand auf. Mit dem Messer in der Hand ging er zu Imbert, packte ihn an den Schultern und zerrte ihn zum Stamm einer kräftigen Eiche. Er selbst setzte sich auf einen Stein, keine drei Schritte entfernt.
    Allmählich erlangte Imbert das Bewusstsein zurück. Verwirrt schaute er sich um. Dann erblickte er Amicus und das Messer in dessen Hand. »Warum tötest du mich nicht?«, fragte er. »Was habt ihr mit mir vor?«
    »Keine Sorge«, sagte Amicus. »Ich werde dich töten. Allerdings nicht jetzt.«
    »Wusste ich doch, dass du ein Feigling bist«, höhnte Imbert.
    »Na, warte!«, polterte Amicus und wollte aufstehen, aber Jeanne hielt ihn zurück.
    »Er will Euch reizen«, sagte sie. »Lasst Euch nicht auf sein Spiel ein.«
    Murrend setzte sich Amicus zurück auf den Stein.
    Langsam ging Jeanne auf Imbert zu. Zwei Armlängen vor ihm blieb sie stehen.
    »Madame!«, rief Amicus, aber Jeanne winkte ab.
    »Was willst du von mir, Hexe?«, krächzte Imbert.
    »Erzählt mir«, sagte Jeanne, »warum Ihr uns verfolgt. Aus welchem Grunde hetzt Ihr uns durch ganz Frankreich und trachtet uns nach dem Leben? Sprecht!«
    Imbert lachte. »Welch dumme Frage. Weil dein Freund Raphael ein Ketzer ist. Ihr unterstützt ihn, ergo seid ihr alle Ketzer und verdient den Tod.«
    »Weshalb hat sich Bruder Raphael der Ketzerei schuldig gemacht?«
    »Er ist ein Hexenmeister und hat sich mit den Kräften der Hölle verbündet.«
    »Ein Hexenmeister?«, echote Jeanne. Nun war sie es, die lachte. »Wenn es einen Menschen auf Erden gibt, der nach Jesu Worten und Taten lebt, dann ist es Bruder Raphael.«
    »Jesus? Pah! Was weißt du schon von Jesus!«
    Jeanne war verwirrt. »Was meint Ihr?«
    Imbert schwieg.
    »Wie soll ich Euch verstehen? Was wisst Ihr über Jesus, das ich nicht weiß?«
    »Wir wissen mehr über ihn, als du dir träumen lässt.«
    » Wir? Wen meint Ihr mit wir ? Die Kirche?«
    »Kirche?« Imbert lachte auf. »Ihr habt euch mit einer Macht eingelassen, die so viel größer ist als ihr kümmerlichen Kreaturen. Wüsstet ihr, mit wem ihr es zu tun habt, ihr würdet euch vor Angst zitternd in ein tiefes Loch verkriechen.«
    Unvermittelt schnellte Imbert vor. In einer Hand blitzte eine Klinge. Er versuchte, Jeanne an ihrem Kleid festzuhalten, doch sie riss sich los und suchte hinter einem Baum Schutz.
    Schnell war Imbert wieder auf den Beinen und stürzte mit dem Messer auf Amicus zu. Der sprang auf und hob einen Arm, um den Angriff abzuwehren. Dabei fiel ihm sein Messer aus der Hand.
    Jeanne schrie auf. Jetzt ist alles aus, dachte sie verzweifelt. Aber in Amicus schienen neue Kräfte erwacht zu sein. Bevor Imbert noch einmal zustechen konnte, ergriff Amicus dessen Handgelenk und stemmte seinen Körper gegen den des Dominikaners. Beide stürzten zu Boden. Mit seinen mächtigen Händen versuchte er, Imbert die Klinge zu entreißen. Doch der Mönch hatte schier übermenschliche Kräfte. Da warf Amicus seinen Kopf zurück und ließ ihn vorschnellen. Seine Stirn krachte gegen Imberts Nase. Blut spritzte, und

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