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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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der Burgverwaltung innehatten. In einer Ecke standen sechs Spielleute, die fröhliche Lieder auf Drehleiern, Dudelsäcken, Pauken, Schellen und Zimbeln spielten und dazu sangen. Um die Tafel herum bewegten sich Jongleure, Feuerspucker und Rad schlagende Artisten. Raphael suchte weiter. Schließlich fand er Luna am Kopf der Tafel, rechts neben dem Marquis. Ihre Blicke trafen sich, und Raphael erkannte beruhigt, dass sie wohlauf war.
    Constance wies ihnen ihre Plätze zu. Sie selbst ging zurück und setzte sich zur Linken ihres Vaters.
    »Weiter weg ging es wohl kaum«, brummte Amicus.
    »Zumindest können wir sie sehen«, sagte Jeanne. Sie nahm zwischen Raphael und Amicus Platz.
    Amicus schenkte ihre Becher voll. Er stutzte, sah sich um und sagte: »Jeder hier trinkt aus Gläsern, und uns setzt man diese alten Holzbecher vor die Nase.« Er nippte – und spie auf den Boden. »Verwässert!«, schimpfte er.
    Unbeeindruckt nahm Raphael einen großen Schluck. Er sah, dass der Marquis ihn amüsiert musterte. »Wir lassen uns nicht reizen«, sagte er zu seinen Freunden. »Man gibt uns zu verstehen, dass wir nur geduldet sind, weil der Marquis Gefallen an Luna findet. Ohne sie wären wir nicht hier, oder wir wären längst tot.«
    »Luna wird sich ihm nicht hingeben«, sagte Jeanne. »Was geschieht, wenn sie den Marquis ein ums andere Mal abweist?«
    Raphael zuckte mit den Schultern. Wer konnte schon wissen, wie dieser alte, verknöcherte Mann reagieren würde, sollte Luna sich ihm versagen?
    Das Gelage endete tief in der Nacht. Die Ministerialen waren die Ersten, die sich zurückzogen. Ihnen folgten die Burgmannen. Zumindest die, die noch gehen konnten. Dann waren die Freunde allein mit Luna, dem Marquis und dessen Tochter, Gonzalo Carcastilla und drei Dienern.
    Aus der Ferne sah Raphael, dass Luna energisch auf Froissy einredete. Der aber hielt unbeeindruckt dagegen. Luna wurde immer heftiger. Einige Bruchstücke drangen zu Raphael herüber. Es ging darum, dass Luna zu ihnen wollte, der Marquis dies aber ablehnte.
    Da stand Amicus auf. »Mir reicht’s!«, sagte er. »Ich hole das Kind, und wir verschwinden.«
    Sofort wurde Carcastilla aufmerksam.
    Raphael, Jeanne und Pierre hielten Amicus fest und zerrten ihn zurück auf seinen Stuhl. »Wie oft soll ich es Euch noch sagen?«, schimpfte Raphael. »Wir können im Augenblick nicht lebend mit Luna entkommen. Wir brauchen Zeit, um die Flucht vorzubereiten, und wir müssen die richtige Gelegenheit abpassen. Alles andere wäre Selbstmord. Also beherrscht Euch in Gottes Namen!«
    Schnaufend wie ein Stier starrte Amicus Raphael an. Es schien, als wollte er seine ganze Wut an dem Mönch auslassen. Doch dann gewann der Hüne seine Fassung wieder. Fluchend trank er in einem Zug den halben Krug verwässerten Wein leer.
    Carcastilla kam auf die Freunde zu. »Ich geleite euch zu euren Kammern«, sagte er höflich, aber bestimmt und wies in Richtung Tür.
    »Lasst uns zuerst mit Luna sprechen«, forderte Amicus.
    »Ich geleite euch zu euren Kammern«, wiederholte Carcastilla. »Jetzt!« Er schob den schwarzen Umhang beiseite, der an seinen Schultern befestigt war. Zum Vorschein kamen ein Krummsäbel und zwei Silberdolche. Der Fingerzeig war eindeutig.
    »Wir gehen mit Euch«, sagte Raphael. »Doch erlaubt mir, vorher einige Worte mit Eurem Herrn zu wechseln.«
    Unschlüssig stand Carcastilla da. Dann wandte er sich ab, ging zum Marquis und flüsterte ihm etwas zu, woraufhin der Marquis nickte. Als er zurückkehrte, sagte er: »Du darfst mit dem Marquis sprechen. Die anderen gehen in die Kammern.« Er brachte sie zur Tür, wo ein Diener auf sie wartete.
    Kaum waren die Freunde fort, schleppte der zweite Diener Luna aus dem Festsaal, und Raphael sah seine Hoffnung schwinden, doch noch mit ihr reden zu können. Er war jetzt allein mit dem Marquis und seinem Leibwächter.
    Froissy stand nicht auf, blickte Raphael noch nicht einmal an, als er fragte: »Was willst du von mir?«
    »Monseigneur«, sagte Raphael. Er überdachte seine Worte gut. »Lasst mich Euch danken für Eure großzügige Bewirtung und das Dach über dem Kopf, das Ihr uns wohlwollend zur Verfügung stellt.«
    »Du bist wohl kaum gekommen, um mir zu danken«, sagte Froissy. »Also, worauf willst du hinaus?«
    »Mitnichten, Monseigneur«, sagte Raphael. »Euer Interesse an Luna ist mir nicht entgangen.«
    »Du bist sehr scharfsinnig«, spottete Froissy.
    Unbeirrt fuhr Raphael fort: »Dieses Interesse ist nicht im Sinne des

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