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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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allein.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Der Marquis ist ein gottesfürchtiger Mann. Untugendhaftes Benehmen findet niemals seine Zustimmung.«
    »Verstehe«, mischte Amicus sich lautstark ein. »Dann erzähl uns doch bitte, was dein Marquis mit der jungen Luna im Sinn hat. Eine tugendhafte Partie Schach etwa?«
    Carcastilla riss den Kopf herum. Katzengleich bewegte er sich auf den Störenfried zu. Eine halbe Armlänge vor Amicus blieb er stehen. Der, einen Kopf größer als der Kastellan, blickte spöttisch lächelnd auf ihn hinunter. Doch Carcastilla zeigte keine Furcht. Im Gegenteil: Für Augenblicke schien es, als würde er Amicus an die Gurgel springen. »Ihr befolgt, was wir euch sagen«, flüsterte er kaum hörbar. »Oder wir werfen euch aus der Stadt, und ihr seht das Mädchen niemals wieder. Verstanden?« Er sah in die Runde.
    »Wir haben verstanden«, sagte Raphael.
    Mit einem letzten warnenden Blick zu Amicus ging Carcastilla zur Treppe. Auf dem obersten Absatz machte er Halt. »Der Marquis gibt dem Mädchen zu Ehren ein Fest. Ich lasse nach euch schicken, wenn es an der Zeit ist.«
    Amicus wartete, bis der Kastellan verschwunden war. Zwei Küchenjungen huschten noch vorbei, dann waren sie allein. »Holen wir uns Luna und verschwinden wir«, sagte er.
    »Wir kämen nicht lebend aus dem Herrenhaus heraus«, gab Raphael zu bedenken. »Vom Rest der Burg ganz zu schweigen. Habt ihr nicht die Verteidigungsanlagen gesehen?«
    »Wir kommen schon durch«, meinte Amicus.
    »Es ist noch zu früh«, mahnte Jeanne. »Wir werden schon einen Ausweg finden.«
    »Warten wir das Fest ab«, ergänzte Raphael. »Womöglich können wir in dem ganzen Trubel untertauchen.«
    Von der Treppe waren Schritte zu hören.
    »Still jetzt!«, mahnte Raphael. »Gehen wir in die Kammern.«
    Jeanne huschte in die eine und die Männer in die andere Kammer. Pierre sah sich um und rümpfte die Nase. » Hier sollen wir leben?«
    Die Kammer war klein und dunkel. Es gab nur ein kleines Fenster, durch das kaum Licht fiel. Auch waren da nur ein Bett ohne Kissen und Decke, ein Stuhl mit morschen Beinen und ein alter Tisch. Über der Schlafstatt hing ein großes Kruzifix aus Kirschholz.
    »Wir haben schon schlechter geschlafen«, sagte Raphael. Er setzte sich auf den Rand des Bettes, rüttelte prüfend daran und legte sich gähnend hin. Dabei knarrte und quietschte es, als würde es jeden Augenblick auseinander brechen.
    Pierre machte es sich auf den Boden bequem. Er verschränkte die Arme unter dem Kopf und sagte: »Gar nicht übel.«
    Gleich danach hörte Amicus die beiden schnarchen. Murrend setzte er sich auf den Stuhl, sodass er die Tür im Blick hatte, holte sein Messer hervor und schnitzte leise fluchend Fratzen in die Tischplatte.
Rex mundi
    S tunden vergingen, in denen Amicus seinen Platz nicht verließ. Dann klopfte es an der Tür, und die hässlichste Fratze, die er in seinem Leben je gesehen hatte, starrte ihn an. »Allmächtiger!«, rief er entsetzt.
    Die Schlafenden wachten auf. Raphael zwang sich zu einem Lächeln, stieg aus dem Bett und fragte die Unbekannte: »Womit dürfen wir Euch dienen, Mademoiselle?«
    Die junge Frau wirkte verunsichert. Mit ihren Froschaugen glotzte sie scheu, aber neugierig umher. »Mein Vater schickt mich«, sagte sie mit einer ungewöhnlich dumpfen, näselnden Stimme.
    »Ihr seid die Tochter des Marquis de Froissy?«, fragte Raphael.
    »Ja«, sagte sie. »Mein Name ist Constance. Das Fest beginnt, und mein Vater bittet euch, in den Rittersaal zu kommen.«
    »Ist Luna dort?«, fragte Pierre.
    »Sie nimmt an dem Fest teil.«
    »Bitte, geht voran, Mademoiselle«, sagte Raphael. »Wir folgen Euch.«
    Constance nickte schüchtern und wartete vor der Kammer, bis die Gäste heraustraten. Raphael klopfte an die gegenüberliegende Tür, und Jeanne kam heraus. Dann stiegen sie in das Erdgeschoss hinunter.
    Das Fest war schon in vollem Gange. Das weinselige Lachen der Burgmannen, das Scheppern der Krüge, Teller und Schüsseln, Musik und Gesang zeugten von heiterem Gelage.
    Niemand schenkte ihnen Beachtung, als Constance sie zum unteren Ende der langen Tafel aus dunkelbraunem Eichenholz brachte.
    Währenddessen betrachtete Raphael die Gäste des üppigen Gelages. Es mochte gut ein Dutzend Burgmannen hier sein, raubeinige, ungepflegte Gesellen mit wüstem Benehmen. Außer den Burgmannen waren die Ministerialen anwesend, ehemalige Unfreie aus der Familie des Marquis, die aufgrund besonderer Verdienste wichtigere Aufgaben in

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