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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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zusammenpassen.«
    Ohne ein weiteres Wort plumpste der Knecht auf einen Stuhl und begann, dem Würfel sein Geheimnis zu entlocken.
    Pierre nahm die Krüge, gab dem Barden drei Sous und trug ihm auf, stets für Wein auf dem Tisch des Knechts zu sorgen.
    Vor der Schänke empfing ihn eisiger Wind. In den Händen hielt er die beiden Krüge und … den Schlüsselring des Knechts.
    Als der Hexenturm vor ihm aufragte, war Pierre vor Aufregung in Schweiß gebadet. Nun sollte sich zeigen, wie gut sein Plan war. Schlug er fehl, so hieß gewiss der nächste Gefangene im Hexenturm Pierre Lavalle.
    Vorsichtig spähte er in das Fenster neben der Tür. Er sah zwei Knechte an einem schmalen Tisch sitzen und würfeln. Ihre Laune schien gut. Nun, das würde sich bald ändern. Pierre holte tief Luft und klopfte an die Tür.
    »Was willst du?«, fragte der Knecht, während er die dünne Gestalt mit der langen Nase betrachtete.
    »Ich … ich bringe den Wein«, stotterte Pierre.
    »Wo ist René?«
    »Oh, es geht ihm nicht gut. Er bat mich, euch den Wein zu bringen.«
    »Es geht ihm nicht gut?«
    »Nein, ihm war furchtbar übel, und seine Arme waren mit kleinen dunklen Punkten übersät.«
    Der Knecht wurde auf einen Schlag weiß im Gesicht. »Mein Gott!« Er sah über die Schulter nach hinten. »Luc, hast du gehört? René hat es erwischt.«
    »Beim heiligen Kreuze«, dröhnte es aus dem Inneren des Hexenturms.
    »Komm rein«, sagte der Knecht an der Tür.
    Drinnen erwarteten Pierre wohlige Wärme und der Gestank von Schweiß. Pierre sah sich unauffällig um. Eine halb abgebrannte Kerze spendete etwas Licht. Das Feuer im Kamin war erloschen. Die Kohle knackte noch gelegentlich. Eine offene Tür führte in einen kleinen Nebenraum. Direkt vor ihm waren die ersten Stufen einer Treppe hinab in die Gewölbe zu sehen. Er stellte die Krüge vor den völlig verängstigten Luc auf den Tisch. Luc fegte sie mit einer kräftigen Bewegung seines Armes gegen die Wand. »Das verpestete Zeugs sauf ich nicht mehr!«
    Schnellen Schrittes lief der zweite Knecht von der Tür zu Luc hinüber. Er beugt sich tief hinunter und sah Luc ernst in die Augen. »Hör zu, dass René die Pest hat, bedeutet nichts. Verstehst du? Gar nichts.«
    Luc sah derart jämmerlich aus, dass Pierre beinahe Mitleid verspürte. »Begreifst du denn nicht, François? Wenn René die Pest bekommen hat, dann sind wir die Nächsten. Wir haben die gleiche Luft geatmet und den gleichen Wein getrunken.« Panisch suchte er seine Arme nach Spuren des schwarzen Todes ab.
    »Reiß dich zusammen!«
    »Reiß dich zusammen«, echote Luc. »In Le Havre sind die Leute wie die ärmsten Schweine verreckt. Haufenweise sind sie tot auf der Straße zusammengeklappt, erzählt man sich.«
    Zeit für den nächsten Teil des Plans.
    »Ihr gehört längst mir«, sprach eine dunkle Stimme aus der Dunkelheit des Turms.
    »Was war das?«, fragte Luc und fuhr sich mit einer Hand nervös über seinen kahlen Schädel.
    François stand still da und lauschte. »Ich weiß nicht«, flüsterte er. Dann schaute er Pierre an. »Warst du das?«
    Pierre tat ebenso verdutzt wie die Knechte. »Nein«, gab er scheinbar verschreckt zurück.
    François zuckte mit den Achseln. »War wohl Einbildung.«
    »Ihr könnt mir nicht entkommen«, meldete sich die Stimme erneut.
    Nun sprang Luc auf. »Einbildung, was?«
    »Still«, flüsterte François und ging langsam in dem schummerigen Raum herum.
    »Ich komme, eure Seelen zu holen.«
    »Das bist doch du!«, bellte François Pierre an.
    »Der Bursche hat die Lippen nicht bewegt«, bezeugte Luc vom Tisch her. »Ich glaube, es kam von da unten.« Er zeigte die Treppe hinunter.
    »Du wartest hier«, sagte François und stieg die knarrenden Stufen hinab.
    Pierre spielte seine Rolle hervorragend. Völlig verängstigt fragte er: »Wer oder was mag das sein?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Luc bang. Seine großen Augen suchten den Raum ab.
    Da erscholl die fürchterliche Stimme ein weiteres Mal. »Es ist längst zu spät für euch.«
    Luc schlug ungelenk drei Kreuze.
    »Es kommt von dort«, flüsterte Pierre und deutete in den Nebenraum.
    »Geh nachsehen«, forderte Luc.
    »Nie im Leben. Geh du vor, ich bleibe dicht hinter dir.«
    Widerwillig stand Luc auf und ging quälend langsam auf die Tür zu. Was dahinter lag, hielt die Dunkelheit verborgen. Pierre tappte hinterdrein – in der Hand einen Schürhaken, den er neben dem Kamin gefunden hatte.
    Wie eine ängstliche, aber doch neugierige

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