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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Katze schlich Luc in die dunkle Kammer. »Nichts«, sagte er. Er atmete tief aus.
    Noch bevor Luc wieder Atem holen konnte, sauste der schwere Schürhaken auf ihn nieder. Er traf Luc an der rechten Schulter und ließ ihn in die Knie gehen. Luc schrie laut auf. Pierre war erschrocken und verwundert zugleich. Hatte er doch angenommen, der Schlag würde den Knecht sofort außer Gefecht setzen. Einen Augenblick stand er ratlos da.
    Diesen Moment nutzte Luc, um sein ganzes Gewicht auf den dürren Angreifer zu werfen. Pierres Glück war es, dass Luc zu benommen war, um ihn richtig zu fassen. So traf Luc nur Pierres linkes Bein und fiel neben ihm zu Boden. Pierres Verstand begann wieder zu arbeiten. Keinen Augenblick zu spät. Gerade wollte Luc auf die Knie kommen, da fällte ihn ein weiterer Hieb. Bewusstlos blieb er liegen.
    Ohne zu zögern, holte Pierre die Schlüssel hervor und schloss den Knecht in der Kammer ein. Drei Knechte weniger zwei Knechte macht einen Knecht, dachte er und schickte sich an, François in die Tiefen des Turms zu folgen.
    Über glitschige, moosbedeckte Stufen stieg Pierre hinab. Er verzichtete auf die Kerze, aus Furcht, dass François ihn schon von weitem sehen könnte. Vorsichtig tastete er sich Stufe für Stufe hinunter. Dabei hielt er sich dicht an der Mauer. Nichts war zu hören. Die dicken Mauern erstickten jeden Laut. Am Ende der Treppe endlich ein wenig Licht von einzelnen Fackeln. Von François immer noch keine Spur. Pierre wollte den linken Gang betreten, da hörte er von rechts ein Rascheln. Sein Herz pochte wie die Hufe eines Streitrosses im Galopp. Nur keine Furcht, dachte er unentwegt. Nur keine Furcht. Der Gang verlief ein Dutzend Schritte geradeaus in den Turm hinein, vorbei an vier verschlossenen Türen. Dann bog er nach links. Wo zur Hölle steckte dieser Folterknecht?
    Die Antwort erhielt Pierre just in diesem Augenblick. Eine Hand so groß wie ein Pferdekopf griff nach seiner Schulter und riss ihn herum. Pierre starrte in François’ narbiges Gesicht. »Was machst du hier?«, fauchte François. »Und wo ist Luc?«
    Pierre erschrak zu Tode. »Luc?«, fragte er, als hätte er diesen Namen nie zuvor gehört.
    »Ja, Luc! Wo ist er?«
    »Ach, Luc.« Pierre lachte. »Wir sind zusammen heruntergekommen. Er sucht auf der anderen Seite des Turms nach der Stimme.«
    »Hm«, brummte François. »Irgendetwas stimmt hier nicht.« Er fuhr über sein stoppeliges Kinn. »Und ich glaube, das bist du.«
    Pierre kicherte, als hielte er dies für einen Witz. »Ich?«
    »Ja, du. Kommst hier herein und erzählst uns Geschichten von René, dass er die Pest hat. Dabei war er kerngesund, als er den Wein holen ging. Dann hören wir plötzlich Stimmen, und jetzt ist Luc fort.« Er packte Pierre am Kragen seines Mantels. »Du bleibst schön bei mir, Bürschlein.«
    »Was hast du vor?«, fragte Pierre.
    »Du kommst mit mir nach oben. Da klären wir die Sache.«
    Oh, nein, dachte Pierre. Oben findet er Luc, und der ganze Plan schlägt fehl. Seine angespannten Muskeln erschlafften. Er hatte versagt. Er konnte Luna nicht mehr befreien.
    François schleifte sein hilfloses Opfer durch die halb dunklen, modrig stinkenden Gänge. Gerade als François seinen Fuß auf die erste Stufe setzte, klopfte es irgendwo dort unten laut und durchdringend. Der Knecht schien zu wissen, worum es sich handelte. Er fluchte kräftig und glotzte unentschlossen abwechselnd die Stufen hinauf und in den Gang hinein. Ein weiterer Fluch – und die Entscheidung war gefallen. Mit Pierre im Schlepptau stapfte er den Weg zurück in den Gang, bis er vor einer Tür hielt. Das Klopfen verstummte, als er mit einem großen Schlüssel aufschloss. Pierre an der einen Hand, eine Fackel in der anderen, betrat er das Verlies.
    Im schwachen Schein der Fackel erkannte Pierre anfangs nicht, wer dort saß. François zog ihn mit hinein, und schließlich blickte Pierre in das Gesicht, das er nie vergessen würde. Es war dieses Gesicht, das ihn zu der gefahrvollen Mission getrieben hatte. Lunas Gesicht. Sie hielt einen Becher in der Hand und blickte François unbewegt an.
    »Was willst du?«, bellte François.
    »Wasser«, antwortete Luna. »Ich verdurste hier.«
    François lachte. »Morgen brennst du. Was willst du heute noch Wasser?«
    »Der Teufel soll dich holen!«, gab Luna zurück.
    Das boshafte Lächeln in François’ Gesicht erlosch. Eine Mischung aus Angst und Zorn erschien auf seinen Zügen. »Hüte dich!«, drohte er mit erhobener Hand. »Oder

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