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Hexengift

Titel: Hexengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Pratt
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mich danach wieder an mein Buch setzen kann.«
    Nicolette öffnete die Tür zu einem fensterlosen Raum, und Zealand warf einen Blick hinein. Er sah einen Hispanoamerikaner, vielleicht Ende zwanzig, der an einen Stuhl gefesselt war und einen sommerlichen Leinenanzug trug. Er sah eher gelangweilt und verärgert aus als verängstigt, was vielleicht auch der Grund war, warum Nicolette Zealands Hilfe wollte. Das Unbekannte war oft weitaus beängstigender als das Bekannte, und Zealand war ziemlich gut darin, Leuten Angst einzujagen.
    Nicolette zwinkerte dem Mann zu und schlenderte in seine Richtung. »Hi, Rondeau. Ich hab’nen alten Freund mitgebracht.«
    Rondeau. Zealand hatte ihn nie aus der Nähe gesehen und ihn deshalb auch nicht erkannt, aber der Mann war Marlas engster Vertrauter, ihre rechte Hand. Zealand räusperte sich - wenn sie nicht vorhatte, diesen Mann umzubringen, war es wahrscheinlich keine gute Idee, ihm seine wahre Identität zu verraten. Marla würde es mit Sicherheit erfahren, und die Konsequenzen dürften wenig erfreulich ausfallen.

    »Ein bisschen alt für einen deiner Gorillas«, sagte Rondeau und beäugte Zealand neugierig, anscheinend ohne ihn zu erkennen. Gut. »Außer er ist ein richtiger Gentleman-Gorilla. Wer ist der Typ? Doch wohl nicht etwa dein reicher Romeo?«
    Nicolette stützte sich auf die Armlehnen von Rondeaus Stuhl und beugte sich ganz dicht zu ihm hinunter. »Vielleicht hast du’s noch nicht mitbekommen - ich weiß, dass du dich nicht besonders um die aktuellen Geschehnisse kümmerst -, aber du bist auf einen Stuhl gefesselt, sitzt in einer Festung, und du schuldest mir eine Summe, die nur unwesentlich weniger als einhunderttausend Dollar beträgt. Vielleicht solltest du dich ein bisschen höflicher gebärden.«
    Rondeau rülpste ihr ins Gesicht, und Nicolette richtete sich abrupt wieder auf. »Falls mir irgendetwas zustößt, wird Marla über dich herfallen wie eine ganze Armee von Zombies. Sie wird schon zwei Stunden, nachdem ich tot bin, deine Überreste zwischen ihren Zähnen herauspuhlen. Und jetzt mach mich los, bevor …«
    »Ich werd dich doch nicht umbringen «, sagte Nicolette und schnurrte dabei beinahe wie eine Katze. »Ich weiß alles über dein wirkliches Ich.« Sie wandte sich an Zealand. »Was da auf dem Stuhl sitzt, ist nicht sein Körper. Er ist ein Etwas , kein Jemand , ein Psycho-Parasit, eine freischwebende Intelligenz - wenn man einen wie ihn intelligent nennen kann -, die den Körper, den Sie gerade vor sich sehen, schon vor Jahren einem kleinen Kind gestohlen hat. Genauso wie er mich jetzt bestiehlt. Ich schätze, das liegt ganz einfach in seiner Natur. Er bewohnt zwar diesen Körper, aber wenn der stirbt, schlüpft er einfach heraus und klaut einen anderen.
Vielleicht meinen, vielleicht Ihren. Umbringen steht also nicht zur Debatte. Aber verstümmeln …« Sie bückte sich kurz unter einen Tisch und zog eine große Metallkiste darunter hervor, unheilverheißend rot. Sehr klischeehaft, wie Zealand fand, aber die guten alten Standards waren nicht umsonst gute alte Standards. Er ließ seine Fingerknöchel knacken, um das Seinige zur Authentizität der Szene beizutragen, dann kratzte er sich verstohlen am Handrücken. Es war immer noch ein kleiner, grüner Fleck darauf, und ganz egal, wie sehr er auch schrubbte, er ging einfach nicht ab. Zealand nahm an - er hoffte -, dass es sich lediglich um ein besonders hartnäckiges Pflanzenpigment handelte, das sich mit der Zeit schon auflösen würde.
    »Mich würde interessieren, wie du ohne deine Finger würfelst«, sagte Nicolette. Sie ließ die Verschlüsse der Metallkiste aufschnappen.
    »Marla …«, begann Rondeau.
    Nicolette schnippte direkt vor seiner Nase mit den Fingern, woraufhin er tatsächlich abrupt verstummte. »Die Zeiten, wo du dich unter Marlas Rock verkriechen konntest, sind vorbei. Ich werde mir für jeden Tausender, den du mir schuldest, einen Finger und eine Zehe nehmen. Und falls du nicht an Polydaktylie leidest …« Sie zuckte mit den Achseln. »Mir werden wohl die Gliedmaßen ausgehen. Dann müssen wir uns eben einen entsprechenden Vergleichswert für deine Augen, Ohren, deinen Schwanz, deine Eier und deine Nieren ausdenken. Hier im Keller kannst du eine lange Zeit an der Dialysemaschine überleben.«
    »Aber das geht doch nicht«, sagte Rondeau wie zu einem Kind, dem ein Erwachsener eines der physikalischen Grundgesetze
unseres Kosmos wie die Erdanziehungskraft oder die Massenträgheit

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