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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Schönheit zu gebrauchen, um ihren Willen durchzusetzen. Das ist das ganze Geheimnis dahinter.«
    »Aber das Mal auf ihrem Rücken – mit eigenen Augen habe ich es gesehen!« Trotzig beharrte Carlotta auf ihrer Entdeckung. Sie war kein kleines Mädchen, dem man so leicht das eine wie das andere für wahr verkaufen konnte.
    »Natürlich!« Magdalena schmunzelte. »Ein solches Mal ist nichts Ungewöhnliches. Jeder von uns hat Flecken und Male, der eine größere, der andere kleinere. Auch Haare können daraus wachsen.« Sie hielt inne und suchte ihren Blick. Dann fuhr sie leise fort: »Ein solches Mal aber ist kein Zeichen für ein böses Wesen oder dergleichen. Das behaupten nur diejenigen, die anderen Menschen schaden wollen. Glaub mir, mein Kind, es gibt keine Hexen und Zauberer. Es gibt Menschen, die über besonderes Wissen verfügen, was Heilkräfte, Kräuter und die Gesetze der Natur anbetrifft. Das aber kann man lernen, wenn man offen dafür ist. Das hat nichts mit dunklen Mächten zu tun, sondern nur mit der Bereitschaft, von klugen Menschen zu lernen.«
    »Aber man hört doch immer wieder davon, dass solches Wissen schädlich ist. Auch heute hast du mit Tante Adelaide und Ehringer darüber gesprochen. Es sind gelehrte Männer, die über die Hexen schreiben. Ihnen willst du doch nicht absprechen, dass sie sich zu Recht sorgen.« So schnell wollte Carlotta nicht aufgeben. Allzu deutlich erinnerte sie sich, wie Mathias und auch die Tante sie angeschaut hatten und wie ihr Wille, über den eigenen Körper zu bestimmen, kläglich dahingeschmolzen war. »Wahrscheinlich glaubst du mir erst, wenn du das selbst einmal am eigenen Leib gespürt hast.«
    »Nein, mein Kind, du solltest besser mir glauben.« Magdalenas Ton machte klar, dass sie keine Widerworte duldete. »Hexerei und Zauberei gibt es nicht. Solange du dich dagegen sträubst, das einzusehen, musst du mir wenigstens eins versprechen.« Mahnend hob sie den Zeigefinger. Carlotta konnte nicht anders, als gehorsam zu nicken. »Erzähl niemandem von dem Mal, das du an Tante Adelaide gesehen hast.«
    »Also hältst du es doch für ein Zeichen.«
    »Ich nicht. Es steht aber zu befürchten, dass andere es tun werden.«
    »Was werden andere tun?« Tante Adelaide stand auf einmal mitten im Garten. Carlotta fuhr herum, auch Magdalena schaute überrascht auf. Die aufziehende Dunkelheit und der Schutz der Gebäude hatten über den Schatten, den sie in ihrer schwarzen Kleidung darstellte, bestens hinweggetäuscht.
    »Störe ich euch bei einem vertraulichen Gespräch zwischen Mutter und Tochter?« Im fahlen Abendlicht war zu erkennen, wie es spöttisch um ihre Mundwinkel zuckte. »Es geht wohl um Carlottas jüngste Erlebnisse, nicht wahr? Die arme Kleine ist eben ein wenig erschrocken, als sie mich beim Baden überrascht hat. Was denkst du, wie es mir ergangen ist? Da hätte sonst wer in die Stube stürzen und mich in der hilflosen Situation überfallen können. Trotzdem tut es mir leid für dich, meine Liebe. Ich dachte, der Anblick einer erwachsenen, nackten Frau wäre dir besser vertraut.« Bedauernd senkte sie den Kopf und lächelte schelmisch. »Ein Bad ist die beste Erholung nach einem so ereignisreichen Tag. Das täte auch dir gut, mein liebes Kind.« Sie rümpfte übertrieben die Nase und schenkte Carlotta einen missbilligenden Blick. »Oder hast du Angst, die Berührung mit dem Badewasser, in dem ich vorhin gesessen habe, würde dir ebenfalls ein braunes Mal auf den Rücken zaubern?«
    Ein zischender Laut entfuhr ihr. Sie wirbelte die Hände durch die Luft und ahmte so die vermeintlich typischen Bewegungen einer Hexe nach. Dann lachte sie laut auf. »Habe ich euch ertappt, meine Lieben? Genau darüber habt ihr beide doch gerade geredet, nicht wahr? Eins verrate ich dir, meine liebe kleine Carlotta.« Sie legte ihr den Arm um die Schultern. »Schön ist es nicht, so gezeichnet zu sein. Dieses Mal verfolgt mich bereits mein ganzes Leben lang. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.«
    Sie wandte den Kopf, so dass Carlotta ihr Profil vor Augen hatte. Die Augen in weite Fernen gerichtet, als müsste sie das Versinken der letzten Spuren des glutroten Sonnenballs im Westen genau verfolgen, wirkte sie auf einmal traurig. Carlotta überkam das Verlangen, die Hand nach ihr auszustrecken und ihr tröstend über die Arme zu streichen. Da entdeckte sie, dass es der Mutter ähnlich erging. Schon berührten deren Hände Adelaides Arme. Sie wirkten klein, sahen auf der weißen

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