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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Küstenverlauf folgend.«
    »Die Wahl der Strecke liegt selbstverständlich allein bei Euch. Ihr seid der erfahrene Kaufmann.« Noch immer begriff sie nicht, warum er sie auf diese Feinheiten aufmerksam machte.
    Er strich sich mehrmals über den dünnen Bart, zwirbelte abermals die langen Enden und wippte auf den Fußspitzen. »Polen befindet sich im Krieg, Thorn ist seit über einem Jahr von den Schweden besetzt.«
    »Ihr werdet Eure Gründe haben, trotz allem diese Route zu wählen. So viel Vertrauen muss ich Euch entgegenbringen, sonst lasse ich es besser gleich, mit Euch zusammen aufzubrechen. Im Übrigen schreckt mich der Krieg nicht. Ich habe mein halbes Leben im kaiserlichen Tross verbracht. Dort habe ich auch die Wundarztkunst erlernt.«
    »Oh!« Neugierig musterte er sie. »Ich hätte mir denken können, dass Ihr ein aufregendes Leben führt. Allein die Tatsache, als Kaufmannsgattin nicht nur exzellent in der Heilkunst bewandert zu sein, sondern weitaus geschickter als eine erfahrene Hebamme eine schwierige Geburt zu meistern, hat mich hellhörig werden lassen. Dabei hat mir Ehringer versichert, Euer Gemahl wäre ein angesehener Frankfurter Kaufmann. Ich wage mir kaum auszumalen, was hinter Euch liegt. Das gibt gewiss Stoff für viele lange, unterhaltsame gemeinsame Abende.«
    »Es war alles andere als einfach«, entgegnete sie. »Ich möchte die Zeit nicht missen. Für andere aber wird sie nichts sonderlich Berichtenswertes haben. Das wird Euch langweilen.«
    »Ihr werdet mich nie langweilen.«
    Sie wagte nicht, ihn anzusehen. Auch er suchte nicht mehr ihren Blick. Eine Zeitlang standen sie schweigend nebeneinander und betrachteten das Hafengemälde.
    »Zurück zu Euch, mein verehrter Helmbrecht«, setzte sie nach einiger Zeit wieder an. »Mir war vorhin, als wolltet Ihr noch etwas zu Thorn sagen.«
    Wieder huschte ein Anflug von Verlegenheit über sein gezeichnetes Gesicht. Die Bernsteinaugen färbten sich noch dunkler, darüber verloren sich die Einsprengsel darin. »Ihr könnt schweigen, nicht wahr?« Trotz der kurzen Pause schien er ihr Nicken gar nicht zu bemerken, sondern sprach gleich leise weiter. »Eben weil die Schweden noch immer in Thorn sind, muss ich dorthin. Ich muss eine alte Verbindung auffrischen. Deshalb kommt für mich nur diese Route nach Königsberg in Betracht. Für meinen Freund Pohlmann übrigens auch.« Wieder unterbrach er kurz, suchte, die Wirkung seiner Worte auf sie zu ergründen. »Erschreckt Euch das?«
    »Nein«, erwiderte sie. »Jeder muss tun, was er tun zu müssen meint. Wenn es Euch nicht lästig ist, würden meine Base und ich uns Euch trotz allem gern anschließen.«
    »Wollt Ihr die verehrte Steinackerin nicht erst fragen, wie sie zu dieser nicht gerade ungefährlichen Reise steht?«
    Sie meinte, ein leichtes Zwinkern Helmbrechts zu bemerken. Als sie genauer hinsah, setzte er ein sehr ernstes Gesicht auf.
    »Sie wird einverstanden sein. Gebt Ihr mir Bescheid, ob Euer Partner zustimmt?«
    »Auch das wird reine Formsache sein.«
    »Gut.« Erleichtert schickte sie sich an, zum Schlafgemach der Wöchnerin zu gehen.
    »Eine letzte Bitte habe ich allerdings, Verehrteste«, rief Helmbrecht ihr nach.
    »Gern.« Sie hatte bereits die Hand auf die Klinke gelegt, um endlich dem eigentlichen Grund ihres Besuchs im Hause Helmbrecht nachzukommen. »Und die wäre?«
    In zwei Schritten war er bei ihr, fasste abermals nach ihren Händen und sah sie eindringlich an. »Verratet mir bitte, warum Ihr so eilig nach Königsberg müsst. Hat es mit dem Bernsteinhandel Eurer Familie zu tun? Ist Euer Gemahl deshalb schon mit einigem Vorsprung dorthin unterwegs?«
    Sie hielt seinem Blick stand. Die Bernsteinaugen drohten sie abermals zum Schmelzen zu bringen. Um alles in der Welt musste sie ihm widerstehen. Sie war Eric treu, ganz gleich, ob er sich in den letzten Jahren verändert hatte oder nicht, ganz gleich, wie er sich ihr gegenüber verhielt. Sie hatte es ihm einst gelobt, in jenem Sommer in Freiburg vor mehr als vierzehn Jahren. Ihre Finger glitten zum Bernstein und umklammerten ihn. »Ihr habt recht. Besser, Ihr erfahrt gleich die ganze Wahrheit. Es wäre mir unangenehm, Ihr machtet Euch falsche Vorstellungen von mir.«

9
    Der Abzug der Messebesucher gestaltete sich wie eine prächtige Prozession. Magdalena verfolgte das faszinierende Schauspiel von einem Fensterplatz in einem Haus nahe dem Grimmaischen Tor. Noch waren die Stadttore fest verschlossen. Es galt einzig, einen günstigen

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