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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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sie dabei mit einer Mantelspitze über die nackte Haut am Brustansatz. Helmbrecht drehte sich verlegen beiseite. Sie beobachtete ihn und genoss den Duft nach Tabak und Kaffee, der seinem Rock entströmte.
    »Wie gut, dass du immer alles im Griff hast, meine Liebe«, lobte sie Magdalena in schmeichlerischem Ton.

8
    Im Tageslicht wirkte die Stube vor dem Schlafgemach der Wöchnerin hell und einladend. Magdalena genoss das warme Sonnenlicht, das die mannshohen Fenster an der Straßenseite großzügig hereinließen. Es erinnerte sie an die vornehmen Gastzimmer, die sie mit Adelaide und Carlotta im Nachbarhaus bewohnte. Die Leipziger Bürger schienen großen Wert auf Helligkeit zu legen. Sie strich mit den Fingerkuppen über die Eichenholztruhe und genoss es, das vom einfallenden Sonnenlicht aufgewärmte Holz zu spüren. Ein harziger Geruch hing in dem Raum. Staub tanzte in der Luft. Die hohen, stuckverzierten Decken sowie die sparsame, ausgesuchte Möblierung unterstrichen den freundlichen Wohnstil. Falls sie jemals nach Frankfurt zurückkehrte, wollte sie die dunkle Wohnstube in ähnlicher Weise umgestalten. Eric würde es gefallen. Sie lachte auf. Seltsam, dass ihr ausgerechnet jetzt, da sie über keinen eigenen Hausstand mehr verfügte, solche Hausfrauendinge durch den Kopf gingen! Gedankenverloren spielte sie mit ihrem Bernstein. Ein Gemälde zwischen den beiden Fensterflügeln erregte ihre Aufmerksamkeit. Es zeigte einen Seehafen mit stolzen Handelskoggen. Ein riesiger Kran beherrschte die Bildmitte. Hoch ragten die Türme der Stadt dahinter in den Himmel.
    »Wie schön, Euch so gut gelaunt zu sehen.« Helmbrechts melodische Stimme klang durch den Raum. Überrascht drehte sie sich um. Helmbrecht strahlte über das ganze Gesicht. Mit ausgebreiteten Armen eilte er auf sie zu. »Ich freue mich, Euch noch einmal in unserem bescheidenen Haus anzutreffen, Verehrteste.«
    Seine Verbeugung fiel sehr tief aus. Als er sich aufrichtete, griff er nach ihrer Hand und hauchte einen Kuss darauf. Verlegen versuchte Magdalena, sich seiner Ausstrahlung zu entziehen. Seine Bernsteinaugen schimmerten geheimnisvoll. Sie waren von seltenem, dunklem Glanz. Schwarze Flecken tanzten darin. Die Blatternarben auf den Wangen verblassten dagegen.
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite, verehrter Helmbrecht«, erwiderte sie heiser. »Verzeiht, dass ich mich nicht gleich bei Euch habe melden lassen. Ich wähnte Euch bei Geschäften auf der Messe. Mein Besuch gilt Eurer geschätzten Schwägerin. Ich wollte wissen, wie es ihr einen Tag nach der Geburt geht, ob sie stärkende Tropfen oder andere Arzneien braucht. Gerade schläft sie tief und fest. Deshalb habe ich mich hierher zurückgezogen, um zu warten, bis sie aufwacht. Wenn Ihr gestattet, setze ich mich dort hinten in die Ecke und störe Euch auch ganz gewiss nicht.«
    »Wie kommt Ihr auf die Idee, Eure Gegenwart könnte mich stören?« Entrüstet schüttelte er den Kopf. »Erlaubt mir, dass ich Euch beim Warten Gesellschaft leiste. Längst hätte meine Mutter oder eine der Mägde Euch eine Erfrischung anbieten müssen. Ich kümmere mich gleich darum.«
    »Lasst nur, ich möchte Euch keine Umstände bereiten. Mir wurde gesagt, Eure Mutter und die anderen Frauen seien unterwegs. Eine der jungen Mägde hat mich vorhin eingelassen. Sie war so scheu, ich wollte ihr nicht zumuten, meinetwegen großes Aufhebens zu machen.«
    »Gegen eine Tasse Kaffee habt Ihr sicherlich nichts einzuwenden. Den wird auch die junge Magd hinbekommen.« Einladend wies er auf die Stühle um den Tisch, an dem er am Tag zuvor mit den übrigen Familienmitgliedern um das Leben des neuen Erdenbürgers gebangt hatte.
    »Danke, bitte keinen Kaffee. Ich mag dieses modische Getränk nicht«, wehrte Magdalena ab und setzte sich auf einen der zierlich gedrechselten Lehnstühle.
    »Wenn ich ehrlich bin, schätze ich den bitteren Geschmack auch nicht sonderlich«, erwiderte Helmbrecht schmunzelnd. »In Leipzig gehört es in diesem Frühjahr einfach zum guten Ton, seinen Gästen den schwarzen Sud anzubieten. Es gibt erste Zirkel, die sich allein zu dessen Genuss treffen.«
    »Was Ihr nicht sagt«, bemühte sich Magdalena um einen leichten Plauderton.
    »Das ist harmlos, verglichen mit Venedig«, fuhr er fort. »Vor einigen Jahren habe ich den Kaffee in einem der neuen Kaffeehäuser kennengelernt. So übel, wie das Getränk schmeckt, so ist doch diese Einrichtung sehr angenehm. Man ist unter seinesgleichen. Nur gebildete, weltgewandte

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