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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Nachtruhe begeben. Dieses Mal aber vielleicht wirklich ein Märchen, das nicht gar zu schaurig ist. Wir Damen lassen uns nach so einem anstrengenden Tag ungern den wohlverdienten Schlaf rauben.« Unschuldig lächelnd schaute sie auf die beiden Pohlmann-Damen. Magdalena dagegen schenkte sie ein triumphierendes Augenzwinkern.
    »Recht hat sie!«
    »Genau! Erzählen soll der Karl was, damit wir alle besser schlafen können.«
    Das Lachen der Fuhrleute hatte etwas Anzügliches. Adelaide war jedoch nicht die Frau, ob solcher Bemerkungen zu erröten. Das wiederum brachte die alte Pohlmännin dazu, noch finsterer zu schauen. Die Fuhrleute störten sich nicht daran. Bald schon steckten sie mit den Wachleuten die Köpfe zusammen und erzählten sich schlüpfrige Schoten.
    Nicht lange, und die Männer hatten über der neu entfachten Unterhaltung alles um sich herum vergessen. Lediglich am mittleren Tisch, an dem die Pohlmanns sowie Adelaide, Magdalena und Helmbrecht saßen, blieb die Stimmung gedrückt. Endlich rutschte der Wirt näher an sie heran. Seine Frau versuchte, ihn aufzuhalten, er aber riss sich los. »Ihr wart also bei dem verlassenen Wirtshaus an der Kreuzung nach Königswusterhausen?«, fragte er leise.
    »Ja«, antwortete Helmbrecht erleichtert und wandte sich dem Mann zu. »Erzählt uns, was es damit auf sich hat. Über Jahre schon bin ich auf meinen Reisen nach Frankfurt an der Oder dort eingekehrt. Im vorherigen Sommer war ich zum letzten Mal dort. Verzeiht, wenn ich das offen sage: Die Wirtin musste ihre Kochkünste gewiss nicht vor denen Eurer Frau verstecken. Dabei ist das, was Ihr uns heute Abend hier vorgesetzt habt, ein wahrlich fürstlicher Schmaus gewesen. Ich werde mir erlauben, Euch künftig wieder zu behelligen, und auch meinen Zunftgenossen von Euren Künsten vorschwärmen.« Kurz erhob er sich und verbeugte sich vor der Wirtin. Magdalena schmunzelte. Die Frau konnte gar nicht anders, als ein Lächeln aufzusetzen und sich für das Lob zu bedanken.
    »Ein Jammer«, fuhr Helmbrecht fort, »dass Haus und Hof auf einmal wie ausgestorben sind. Was ist aus den Wirtsleuten geworden? Mir ist, als wollte niemand so recht darüber reden.«
    Statt einer Antwort schnaufte der Wirt. Seine Frau drückte ihm die Hand und warf ihm einen ängstlichen Blick zu. Brüsk schob er sie weg. »Sag bloß nichts!«, raunte sie leise, aber doch laut genug, dass es zu verstehen war. Ihr Mann jedoch räusperte sich und begann mit heiserer Stimme, die mit jedem Wort an Sicherheit gewann: »Ja, es stimmt. Niemand in der Gegend mag darüber reden. Dabei waren die Leute aus dem Gasthaus angesehen und sehr beliebt. Dann aber ist etwas Furchtbares geschehen. Vielleicht erinnert Ihr Euch an diese seltsamen Buchen unweit der Wegkreuzung?« Er hielt inne und schaute in die Runde. Als alle nickten, fuhr er fort: »Dann wisst Ihr sicher auch, was es mit solch verwachsenen Buchen auf sich hat. Hexenwerk sollen sie sein, die Hexen ihre Besen zum Fliegen liefern.«
    Die junge Pohlmännin schrie auf, die Alte schlug ihr missbilligend auf den Arm und zischte »sch!«. Adelaide dagegen reckte die Nase, schürzte die roten Lippen und suchte Magdalenas Blick.
    Der Wirt räusperte sich noch einmal, seine Frau rückte von ihm ab. »Es war also im letzten September, genauer gesagt am Matthäustag, zwei Tage vor Herbstanfang. Wie Ihr wisst, ein Schwendtag.« Nachdenklich nickte Magdalena, Adelaide zog die Augenbraue hoch. Helmbrecht dagegen schaute etwas verwirrt, bis ihm die Wirtin etwas ins Ohr flüsterte. Unterdessen fuhr der Gastwirt fort. »An jenem unglückseligen Morgen sah der Wirt in einer dieser Buchen einen Toten hängen. Der Anblick muss ihm so zugesetzt haben, dass er sich eine ganze Weile nicht hat rühren können. Als er endlich Hilfe holen konnte und zu dem Baum zurückkehrte, war der Tote verschwunden. Dafür aber wurde seit diesem Tag einer der beiden Knechte vermisst. Hoch und heilig schwor der Wirt, bei dem Toten habe es sich nicht um den armen Burschen gehandelt. Den hätte er doch sogleich erkannt. Zuerst glaubte man ihm das. Warum auch nicht? Schließlich waren er und seine Frau angesehene Leute. In den nächsten Wochen aber geschahen seltsame Dinge rund um das Gasthaus. Einmal brach eine ganze Reisegesellschaft krank zusammen, nachdem sie zuvor dort gegessen hatte. Ein anderes Mal soll ein Schwarm Zugvögel genau über der Lichtung, an der das Haus liegt, tot vom Himmel gefallen sein. Das nächste Mal war es eine dieser

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