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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Die Narben auf seinen Wangen leuchteten rot. Magdalena wagte es, seine Hand zu ergreifen. »Das ist schmerzlich für Euch zu erfahren. Immerhin habt Ihr die Wirtsleute gut gekannt.«
    »Ja«, brachte er heiser heraus, dankbar für Magdalenas Verständnis. »Was aber heißt gut gekannt? Gerade die, die man zu kennen meint, bergen oft die größten Geheimnisse.«
    »Dann glaubt Ihr also an Hexen und dergleichen?« Magdalenas Stimme zitterte. Bang suchte sie Helmbrechts Blick. Er aber wich ihr aus und sprach ins Leere hinein: »Was heißt hier glauben? Darum geht es dabei doch gar nicht.«
    »Wenn jemand so offensichtlich mit den dunklen Mächten in Verbindung steht wie diese Wirtsleute, sollte man nicht zögern, ihm die gebührende Strafe zu erteilen«, beeilte sich Adelaide klarzustellen. Sie wandte sich direkt an Helmbrecht. »Seid froh, bei Euren Aufenthalten in dem Gasthaus nicht in die Fänge dieser bösen Kräfte geraten zu sein. Wer weiß, in welch großer Gefahr Ihr Euch befunden habt. Kein Christenmensch mag sich ausmalen, was die Wirtsleute noch vorhatten. Dankt Gott für die mutigen Menschen, die ihrem bösen Treiben beherzt ein rasches Ende bereitet haben.«
    »Ausgerechnet du sagst das?« Empört herrschte Magdalena ihre Base an. Die smaragdgrünen Augen funkelten vor Aufregung, die Wangen glühten. Sie musste laut aufgeschrien haben. Das merkte sie erst, als sie Carlotta am Durchgang zur offenen Küche entdeckte. Also hatte das Mädchen sie sogar auf diese Entfernung gehört. Magdalena wandte sich wieder Adelaide zu. Unverwandt schaute die Base sie an. Auf dem ebenmäßigen Gesicht zeigte sich nicht die Ahnung eines Zuckens. Magdalenas Blick schweifte weiter. Als sie die erstaunten Gesichter der Menschen um sich herum bemerkte, wurde ihr bewusst, welch unverzeihlichen Fehler sie gerade begangen hatte. Selbst Helmbrechts Augen, die sie eben noch im Licht der Kerzenflamme angestrahlt hatten, flackerten auf einmal unsicher. Seine riesige Nase warf einen dunklen Schatten auf das pockennarbige Gesicht.
    Adelaides schön geschwungene Lippen verzogen sich zu einem milden Lächeln. Bedächtig beugte sie sich vor, fasste nach Magdalenas zarter Hand, streichelte sie und flötete: »Warum sollte ausgerechnet ich das nicht sagen? Genau wie alle anderen Menschen hier hege ich entsetzliche Angst vor Hexen und schwarzen Mächten. Du etwa nicht, meine Liebe?«

13
    Carlotta klopfte das Herz bis zum Hals. Sie drehte sich auf die Seite. Selbst das Rascheln des Bettzeugs erschreckte sie. Bang lauschte sie, ob die Mutter oder Tante Adelaide davon erwachten. Ohnehin mussten die beiden das ungestüme Pochen in ihrer Brust so laut hören wie den Trommelwirbel eines Werbers für das Söldnerheer. Doch kein Geräusch drang an ihr Ohr. Dabei schliefen die zwei Frauen neben ihr in dem großen Bett gewiss ebenso wenig wie sie selbst. Dazu hatte die Erzählung nach dem Essen sie alle viel zu sehr aufgewühlt. Carlotta hatte das gespürt, auch wenn keine laut darüber gesprochen hatte. Mit eisigem Schweigen waren sie vorhin unter die Decken gekrochen. Nicht einen Blick hatten sie einander gegönnt.
    Ängstlich blinzelte Carlotta in die Dunkelheit. Gleichmäßige Atemzüge, die auf Schlaf deuteten, waren nicht zu hören. Also wagte sie nicht, aus dem Bett zu kriechen. Dabei wusste sie: Wenn sie jetzt nicht bald fortschlich, kam sie zu spät! Mathias wartete gewiss längst im Unterstand. Jede Verzögerung machte es nur schlimmer.
    Das silbrige Mondlicht zeichnete das Muster der halbrunden Dachluke auf den groben Holzbrettern am Boden nach. So leise wie möglich drehte sie sich wieder auf den Rücken und betrachtete die schräge Decke nah über ihrem Kopf. Sie sollte Rezepte für Wundpflaster durchgehen oder schwierige Aufgaben rechnen. Das half gegen Unruhe.
    Irgendwann musste sie darüber eingeschlafen sein. Als sie die Augen wieder aufschlug, hatte sie das Gefühl, mehrere Stunden geschlafen zu haben. Oh Gott, nur das nicht! Vorsichtig setzte sie sich auf. In ihrem Rücken antwortete die Mutter mit einem Seufzer, die Tante drehte sich geräuschvoll auf die andere Seite. Sie beugte sich über sie. Wenn sie jetzt nicht aus der Kammer kam, würde Mathias gleich am Morgen Helmbrecht und Pohlmann von den Unstimmigkeiten in den Kontorbüchern des Vaters berichten. Gewiss schickten die beiden Herren daraufhin einen Eilboten nach Königsberg. Hatte der Vater Pech, erreichte der trotz seines Vorsprungs die Stadt am Pregel nahezu zeitgleich mit

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