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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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fest und schwang sich auf das Pferd. Von oben beugte sie sich herab, um Magdalenas Beutel entgegenzunehmen. Schon wollte sie ihn der Tochter reichen, da fiel ihr noch etwas Wichtiges ein. »Hier, das möchte ich Euch geben«, sagte sie zu Helmbrecht und wühlte einen kleinen Tontiegel aus dem Beutel.
    Überrascht nahm er ihn und runzelte die Stirn. Im Zusammenspiel mit den rätselhaften Augen verlieh das seinem Gesicht eine faszinierende Ausstrahlung. Rasch konzentrierte sie sich auf die narbigen Wangen, den schmalen Bart oberhalb seiner Lippen und die riesige Nase. Er hatte ihr nicht beigestanden. Er hatte sie verraten, auch wenn er es nun durch Großzügigkeit wieder wettzumachen suchte.
    Sie rang mit sich. Als Wundärztin war sie verpflichtet zu helfen, soweit es in ihrer Macht lag. Ganz gleich, um wen es sich handelte. Meister Johann hatte sie stets an diese Pflicht erinnert. Den Tiegel brauchte Helmbrecht. Es wäre ein unverzeihliches Vergehen, ihn ihm vorzuenthalten. Nicht einmal dem gewissenlosen Profos hatte sie ihre Hilfe verweigert, als er in Not geraten war. Und der hatte Eric damals im Lager vor Amöneburg sogar töten wollen. Magdalenas Finger umklammerten den Bernstein. Nervös strich sie mit den Fingerkuppen darüber, flehte inständig um das vertraute Gefühl, die beruhigende Kraft des Steines durch den Körper fließen zu spüren.
    »Was ist das?« Helmbrechts Stimme klang rau. Nachdenklich betrachtete er den Tiegel von allen Seiten.
    »Kein neues Zaubermittel, habt keine Angst«, versicherte sie hastig. »Es ist Sagapenum, ein indisches Gewürz- und Heilmittel. Löst es in Wein auf und trinkt es in kleinen Schlucken. So hilft es Euch, wenn Euch die Fallsucht wieder droht. Vielleicht bittet Ihr auch einen Eurer Männer, es Euch im Falle eines Falles zu verabreichen.«
    Sie ließ den Bernstein los und beugte sich vor. Behutsam schloss sie Helmbrechts Finger um den Tiegel und drückte sie leicht. Die Wärme seines Körpers zu spüren tat gut. Hastig wandte sie sich ab und schob sich hinter Carlotta in den Sattel. Ein leichtes Schnalzen genügte, und das Pferd setzte sich in Bewegung, in die gähnende Schwärze des Waldes hinein.
    Als die ersten Blätter über Magdalenas Kopf strichen und sie die erfrischende Waldluft einatmete, fiel die Angst von ihr ab. Helmbrecht hatte recht: Carlotta und sie würden es bis Königsberg schaffen. Jetzt erst recht!

19
    Die Marodeure kamen mitten in der Nacht. Sie waren sich ihrer Sache sicher und verschwendeten nicht einmal Mühe darauf, sich leise heranzupirschen. Noch bevor sie das Lager erreichten, dröhnte der Boden unter dem Hufschlag ihrer Pferde. Die vier Frauen in Pohlmanns Wagen rückten enger zusammen. Das Jaulen und Grölen der Angreifer klang so laut, als wollten sie allein mit diesem ohrenbetäubenden Lärm ihre Opfer bezwingen. Mehrfach schossen sie in die Luft. Viel zu spät ertönten Rufe der Wachmänner und Fuhrleute. Helmbrechts Befehle folgten knapp und bestimmt. Pohlmanns Stimme klang bereits deutlich verzagt. An der Übermacht der Marodeure bestand nicht der geringste Zweifel.
    »Räuber«, hauchte die mürrische Hanna entsetzt. »Marodeure!«, spie die alte Pohlmännin abfällig aus. Adelaide lachte schrill, die junge Kaufmannsfrau riss entsetzt die Augen auf und formte ihren Mund zu einem spitzen Schrei.
    Ihr blieb keine Gelegenheit mehr, ihn auszustoßen. Unter einem halben Dutzend Säbelhieben zerriss die Leinwand über ihren Köpfen. Männer mit struppigen Bärten und zerfledderten Hüten blickten ihnen entgegen. »Frauen!«, brüllte einer erfreut. »Genug für uns alle!«, rief ein anderer, während sich der dritte bereits anschickte, das Fuhrwerk zu erstürmen.
    Später erinnerte sich Adelaide nur noch daran, von zwei kräftigen Händen gepackt und hinterrücks aus dem Wagen gezerrt worden zu sein. Was mit den anderen geschah, wusste sie nicht. Noch während sie endlos zu fallen meinte, ergriff ein nach feuchter Erde und Schweinemist stinkender Mann ihre Beine. Sie lag noch nicht auf dem kühlen Boden, da drängte er sich bereits gegen ihren Schoß. Zum Luftholen blieb ihr keine Zeit. Schon spürte sie entsetzt, wie er in sie eindrang. Ein zweiter setzte sich auf ihren Busen, presste die Knie auf ihre Oberarme und hielt sie unten. Aus zusammengekniffenen Augen nahm sie wahr, wie auch er seine Hose aufzuknöpfen begann. Ein heftiges Würgen erfüllte sie. »Nur das nicht!« Mit aller Kraft biss sie die Lippen zusammen und drehte den Kopf

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