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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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zuckte sie erschrocken zurück und schlug sich die Hände vor den Mund. »Was ist mit Euch passiert?« Der schlechte Zustand des unerwarteten Besuchers wurde ihr offenbar erst in diesem Moment gewahr. »Kommt, lasst Euch genauer anschauen. Ich denke, da müssen wir dringend etwas tun.«
    In der Aufregung entging ihr Adelaides Anwesenheit. Sofort zog sie Helmbrecht ins Innere des Waldhauses. Adelaide folgte ihnen unaufgefordert.
    Im Innern empfing sie eine niedrige Kammer mit gewaltig wirkenden Deckenbalken, angenehme Kühle schlug ihr entgegen. Die winzigen Fenster ließen nur wenig Licht herein, die Gewitterstimmung draußen verdüsterte den Raum zusätzlich. Sobald sich die Augen an das schwache Licht gewöhnt hatten, sah sich Adelaide neugierig um. In der Ecke loderte ein kleines Feuer, ein Topf hing an einer Eisenkette darüber. Fässer und Wandborde mit weiteren Töpfen und Pfannen verrieten, wie gut bestückt die Vorräte sein mussten. In dieser Einsiedelei spürte man offenbar nichts von den Entbehrungen des nahen Krieges. Ein frischer Schinken im Kamin verströmte appetitlichen Geruch. Kopfüber hingen an zwei Schnüren, die sich quer durch den Raum zogen, dicht an dicht Kräuterbüschel zum Trocknen. Eine große, reich verzierte Eichentruhe, ein offenes Regal mit Tellern und Bechern sowie mehrere Schemel vervollständigten die Einrichtung. Über eine steile Stiege gelangte man in das Geschoss unter der Dachschräge, wo sich vermutlich die Schlafgelegenheiten befanden.
    Die Frau hatte Helmbrecht auf einer Bank rechts vom Eingang plaziert. Dort spendeten zwei über Eck gelegene Fenster ausreichend Licht für die Untersuchung der Wunden. Auf dem Tisch davor breitete die Fremde mehrere Beutel mit getrockneten Kräutern, Tiegel mit Pasten sowie eine Handvoll Phiolen mit Ölen aus.
    »Ihr wurdet also überfallen«, stellte sie fest und half Helmbrecht vorsichtig aus seiner zerfetzten Jacke. Als es darum ging, den rechten Arm herauszuziehen, verzog er das narbige Gesicht vor Schmerzen.
    »Darum sollten wir uns zuallererst kümmern«, murmelte sie und sortierte einige Tiegel. »Helft mir!«, rief sie Adelaide über die Schulter hinweg zu. »Ihr müsst ihn halten, damit ich den Arm einrenken kann.«
    »Ich?« Unwillkürlich trat Adelaide zwei Schritte nach hinten.
    »Wer sonst?« Sie schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Würde das nie enden? Sie hasste es, immer wieder Handlangerdienste beim Behandeln von Verletzten leisten zu müssen. »Schnell!«, blaffte die andere unterdessen. »Besser wird es vom Warten auch nicht!«
    Adelaide öffnete die Augen. Ohne Vorwarnung begegnete sie Helmbrechts flehendem Blick. In dem übel zugerichteten Antlitz schimmerten die Augen betörend. Ihr wurde flau. Verwundert versuchte sie das unangemessene Kribbeln im Bauch zu verdrängen. Der schlimmste Missbrauch ihres Körpers lag noch nicht einmal einen Tag zurück und schon wurde ihr angesichts eines anderen Mannes heiß und kalt! Sie verstand sich selbst nicht mehr. Sie trat näher an Helmbrecht, spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut und wagte kaum, den Blick zu heben.
    Längst hatte die Frau Helmbrechts Oberkörper entkleidet. Die rechte Schulter war angeschwollen, die Haut darüber schimmerte grün, gelb und blau, die dunkel behaarte Männerbrust hob und senkte sich rasch. Kleinere Schnittwunden zogen sich darüber, dick krustete bereits der Schorf. Die Verletzungen taten Helmbrechts kraftstrotzendem Aussehen keinen Abbruch. Der Bauch wirkte sehnig und fest, keine Falten oder Speckrollen waren zu erkennen. Adelaide musste sich regelrecht zwingen, den halb entblößten Mann nicht immerzu verzückt anzustarren. Vorsichtig legte sie ihm die Hand auf die Schulter. Er fuhr zusammen. Einen Moment bildete sie sich ein, es läge an der Berührung. Der leise Seufzer aus seinem Mund erinnerte sie an die Schmerzen, die er litt. Gewiss verschwendete er gerade keinen Gedanken an sie als Frau. Es war ihr Schicksal, ihm stets im falschen Moment nahezukommen. Sanft strich sie mit den Fingerkuppen über seinen warmen Körper und sprach beruhigend auf ihn ein. Die Fremde fuhr ihm wie zufällig am rechten Arm entlang. Plötzlich glitten ihre Hände nach oben, es gab einen lauten Knacks, Helmbrecht schrie auf, dann war es geschafft: Die Schulter war wieder eingerenkt.
    »Ihr habt doch Erfahrung mit Verletzten«, entfuhr es der Frau anerkennend, während sie sich bereits den Wunden auf Helmbrechts linker Gesichtshälfte

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