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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Thorn erklären, die er ihr als Grund für sein Verhalten genannt hatte. Die Schweden hätte er auch mit ihr und Carlotta im Tross in Thorn treffen können. Und doch überwog die Freude, ihn gesund vor sich zu sehen.
    »Die Pohlmanns sind tot«, unterbrach er mit rauher Stimme ihren Gedankengang.
    »Was?« Sie erblasste. »Und Adelaide?«, hauchte sie. »Meine Base? Was ist mit ihr? So sagt doch endlich!« Unwillkürlich fasste sie ihn am Arm und rüttelte ihn. Er wich ihrem Blick aus. Beunruhigt musterte sie sein halb abgewandtes Gesicht.
    »Wir wurden überfallen«, begann er nach einer langen Pause und blickte an ihr vorbei in die Ferne. »Noch in der Nacht, in der Ihr mit Eurer Tochter aus dem Lager aufgebrochen seid, sind Marodeure über uns hergefallen. Wir hatten keine Chance. Es waren mehr als doppelt so viele wie wir. Die Frauen haben sie aufs grausamste geschändet, die Männer bestialisch ermordet. Lediglich Mathias und ich sind wie durch ein Wunder nahezu unverletzt ihrer Mordlust entgangen.«
    »Wie furchtbar! Gott steh den armen Seelen bei und schenke ihnen eine fröhliche Auferstehung!« Überstürzt bekreuzigte Magdalena sich und senkte den Kopf für ein stilles Gebet. Im selben Moment spürte sie die Sinne schwinden. Sie kippte zur Seite. Geistesgegenwärtig fing Helmbrecht sie auf, hielt sie einen Moment fest in seinen starken Armen. Sie roch den herben Duft nach Tabak, vermischt mit dem bitteren Geruch von Kaffee. Er schien inzwischen auch dem seltsamen Getränk verfallen zu sein, das schon Eric fasziniert hatte. Wieder versanken ihre Blicke ineinander. Das Goldbraune seiner Augen verzauberte sie. Sie schluckte, presste ein »danke, es geht schon wieder!« zwischen den Zähnen heraus und richtete sich auf.
    Eine Weile tat sie, als müsste sie Haube, Haare und Witwentracht richten. Dabei dachte sie immerzu an Adelaide. In der schwarzen Trauerkleidung war sie wie ein bedrohlicher Schatten umhergewandelt. Zuletzt war sie entsetzlichen Verbrechern in die Hände gefallen. Die Vorstellung drohte Magdalena von neuem in Ohnmacht sinken zu lassen. Niemals hätte sie ihr dieses grausame Schicksal gewünscht.
    »Was ist mit meiner Base? Hat sie sehr gelitten?« Ihr Herz raste, der Kopf drohte ihr vor Anspannung zu bersten.
    »Hm.« Helmbrecht sah zu Boden, musterte die Spitzen seiner eleganten Schnallenschuhe. Verwundert stellte sie fest, dass er eine modische Rheingrafenhose trug. Seine kräftigen Waden wurden durch die Strümpfe besser betont. Auch die gut gebauten Hüften kamen in dieser Tracht stärker zur Geltung. Wieder rief sie sich zur Ordnung. Sosehr sie Erics Schweigen über gewisse Dinge schmerzte, kam es ihr als frischgebackener Witwe beileibe nicht an, ihn gleich aus ihrem Gedächtnis zu verbannen und unziemliche Betrachtungen über ein fremdes Mannsbild anzustellen.
    Helmbrecht schnaufte kräftig. Schon fragte sie sich, was um alles in der Welt geschehen sein mochte, dass er nicht über das Schicksal ihrer bedauernswerten Verwandten sprechen wollte. Da endlich hob er den Blick und lächelte. »Trotz allen Grauens hat sie es leidlich überstanden. Inzwischen geht es ihr sogar gut. Sie hat einen Weg gefunden, sich ihr weiteres Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Mehr darf ich nicht sagen. Ich habe ihr versprochen, keiner Menschenseele zu verraten, wo sie ist und was sie tut. Vertraut mir einfach. Es ist das Beste für uns alle.«
    »Das klingt sehr rätselhaft.« Unsicher blickte sie die Straße hinunter. Vom nahen Fluss wehte eine sanfte Nachmittagsbrise in die Straßen. Schon wagten sich mehr Menschen nach draußen. Damit wuchs die Gefahr, dass jemand, der sie kannte, auf sie aufmerksam wurde. Andererseits musste sie noch einiges von Helmbrecht erfahren.
    »Wenn Ihr mir nicht mehr über sie verraten dürft, gebt mir wenigstens einen Hinweis, was aus Mathias geworden ist. Gern würde ich ihn in mein Kontor in der Langgasse holen. Er könnte die in Frankfurt begonnene Lehre bei mir fortsetzen. Ich würde sogar dafür sorgen, dass Carlotta ihn nicht mehr gar zu sehr spüren lässt, wie schwer er sich mit dem Rechnen tut.«
    »Macht Euch um ihn keine Sorgen.« Ihre letzte Bemerkung brachte ihn zum Schmunzeln. »Das wird nicht nötig sein. Auch er hat seinen Weg gefunden. Ich freue mich, Euren Worten zu entnehmen, wie gut es Eurer Tochter geht. Der Tod ihres Vaters war gewiss schwer für sie.«
    »Ja, das hat sie hart getroffen. Die Arbeit im Kontor bringt sie auf andere Gedanken. Doch wir

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