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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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entscheidet, wer hier was tut. Also gehe ich jetzt den Honig holen.«
    »Bring aber bitte den Lindenblütenhonig. Der Waldhonig schmeckt zu herb für die Milch.« Adelaide lächelte zuckersüß. Hedwig schnaufte. Ihre rosigen Wangen färbten sich dunkel, die kleinen Augen versanken fast in den aufgeplusterten Wagen. Ein flehentlicher Blick traf Magdalena. Ihr fehlte die Lust auf weiteren Streit, und sie nickte lediglich.
    »Guten Morgen.« Vom angrenzenden Schlafgemach her betrat Eric die Stube. Die Köchin erwiderte den Gruß mit einem stummen Knicks und schob die breiten Hüften dicht an ihm vorbei ins Treppenhaus. »Welche Laus ist unserer guten Hedwig nur über die Leber gelaufen?« Fragend sah er zu Magdalena.
    »Es fehlt einfach nur der Honig für die Milch«, erwiderte sie und setzte sich. Über Erics Gesicht huschte ein Lächeln. Er schüttelte den Kopf und ließ sich auf seinem Stammplatz am Kopfende nieder. »Wo ist Carlotta?«
    »Sie hat in der Küche gegessen und ist schon weg. Frau Petersen hat sie heute Vormittag zu sich in die Schwanenapotheke eingeladen.« Magdalena bestrich eine Scheibe Brot dick mit Butter und reichte es ihrem Gemahl. Sie wusste, wie ungern Eric das hörte. Also galt es, ihn schnell auf andere Gedanken zu bringen. »Den Schinken wirst du dir selber schneiden wollen. Er steht gleich vor dir. Probier auch von dem Käse. Er ist gestern ganz frisch geliefert worden.« Kurz berührte sie ihn am Arm und suchte seinen Blick. Sie wollte wissen, wie es ihm ging. Seine Augen verrieten ihr mehr als Worte. Wie so oft, seit Adelaide mit am Tisch saß, wich er ihr jedoch aus. Auch ihre Hand schob er sanft, aber bestimmt beiseite. »Danke, ich sehe selbst, was es zu essen gibt. Wo bleibt mein Kaffee?« Die beiden Falten auf seinem Gesicht oberhalb der Nasenwurzel vertieften sich. Ungeduldig sah er über den Tisch. Seine Finger trommelten laut auf die Platte.
    »Du weißt, dass er dir nicht gut bekommt. Du solltest mit diesem bitteren Sud vorsichtiger sein.« Magdalena rückte ihm den Krug mit dem warmen Bier hin. »Ich kann dir auch Wein holen, wenn dir das lieber ist. Dass du Milch mit Honig trinkst, verlange ich gar nicht erst von dir.«
    Sie versuchte sich in einem Lachen. Besorgt glitt ihr Blick über seine schmal gewordene Gestalt. Das rotblonde Haar wurde von immer mehr grauen Strähnen durchzogen. Die Sommersprossen im Gesicht hatte nicht allein der November verblassen lassen. Hohl wirkten die Wangen, müde war der Blick aus seinen blauen Augen. »Du musst mehr auf deine Gesundheit achten. Vor drei Wochen erst bist du kräftig genug gewesen, das Bett zum ersten Mal zu verlassen, und seit zwei Wochen gehst du wieder deiner Arbeit im Kontor nach. Der Winter wird noch hart genug werden und deine ganze Kraft erfordern.«
    »Bist du mit deiner Ansprache fertig?« Wütend beendete Eric das Fingertrommeln auf der Tischplatte. Von der Erschütterung hüpfte das Messer dicht neben dem Teller auf. Die Grübchen um Erics Mundwinkel zeichneten sich ebenso tief wie die Falten oberhalb der Nasenwurzel ab. Sein Gesicht lief rot an. Hastig eilte er zu einem der Fenster und riss es auf. »Entschuldigt, aber das muss sein. Hier drinnen bekomme ich keine Luft.« Wie zur Bekräftigung zerrte er am Kragen seines weißen Hemdes.
    »Lass gut sein«, versuchte Magdalena ihn zu beschwichtigen. Sie wusste, die Ausbrüche rührten noch von dem Schock wegen des grausamen Überfalls. Der Vorwurf, nichts gegen Vinzents Ermordung ausgerichtet zu haben, sie durch den Streit gar erst ermöglicht zu haben, ließ ihn einfach nicht los. Nacht für Nacht schlief er unruhig, wälzte sich in Alpträumen und überwand auf diese Weise nie die unstete Gemütsverfassung. Die kleinste Unstimmigkeit brachte ihn aus der Fassung. Dagegen anzugehen war sinnlos. Mit der Zeit würde die Erinnerung an den furchtbaren Überfall verblassen und Eric in sein altes Gleichgewicht zurückfinden. Bis dahin musste Magdalena viel Geduld mit ihm haben und vor allem jede unnötige Aufregung vermeiden.
    »Ich sehe nach dem Kaffee«, lenkte sie ein, erhob sich und sah dabei unauffällig zu Adelaide. Die tat, als wäre nichts geschehen. Es war das erste Mal, dass Eric in ihrer Gegenwart unbeherrscht aufbrauste. Magdalena empfand es als ungebührlich, die Base Zeugin eines Streits zwischen ihnen werden zu lassen. Sie bedurfte ebenfalls noch der Schonung. Vinzents Tod machte ihr wahrlich genug zu schaffen.
    Als Magdalena mit dem Kaffee in die Wohnstube

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