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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Geschäft aus ebendiesen Gründen als Erstes anbieten. So gut solltet Ihr meine Base kennen, wenn Ihr sie freimütig als Eure Freundin bezeichnet. Es ist einfach falsche Bescheidenheit, die sie verführt, die Chance mit der Salbe nicht von sich aus zu ergreifen. Ich dachte, in Euch würde sie einen tatkräftigen Unterstützer finden, der sie ermutigt, das lang gehütete Vorhaben endlich anzugehen. Mit Eurem Theriak habt Ihr längst aller Welt bewiesen, dass Euch weit über Frankfurts Stadtgrenzen hinaus Ruhm gebührt. Es ist Euch gelungen, dem Theriak das entscheidende Quentchen hinzuzufügen, das ihn aus allen anderen Rezepturen heraushebt. Wenn Ihr Euch das sichere Geschäft mit der Wundersalbe meiner Base nun also entgehen lassen wollt, kann ich Euch leider nicht helfen. Magdalena und ich werden gewiss auch jemand anderen finden, der uns unterstützen wird. Nicht umsonst ist die gesamte Apothekerzunft unserer Stadt für ihre Kenntnisse berühmt.«
    Schwungvoll warf sie sich die Heuke über, nickte dem Apotheker zu und verließ mit Mathias zusammen die Offizin. Auf dem Weg zurück in die Fahrgasse gerieten sie zunächst auf dem Römer und schließlich auf dem Markt in dichtes Gedränge.
    Adelaide war dankbar, Mathias in dem Trubel nicht gleich Rede und Antwort stehen zu müssen. So wichtig es ihr war, ihn als Mitwisser auf ihrer Seite zu haben, so wenig verspürte sie Lust, ihn ausgerechnet jetzt über ihre Absichten aufzuklären. Über das eine oder andere war sie sich selbst noch nicht im Klaren. Der weitere Verlauf der Ereignisse musste zeigen, was sich daraus entwickelte. Deshalb war sie froh, dass Eric den Jungen gleich bei der Ankunft im Haus abfing und mit ernster Miene ins Kontor bestellte. »Gib mir künftig Bescheid, wenn du deinen Sohn den gesamten Vormittag zu Spaziergängen mitnimmst«, knurrte er.
    »Oh, ich wusste nicht, wie dringend du seiner Hilfe im Kontor bedarfst.« Bedauernd zuckte sie mit den Schultern. »In Zukunft werde ich dich erst um Erlaubnis bitten, ob mein Sohn an meiner Seite das Grab seines Vaters aufsuchen darf.« Leicht schürzte sie die Lippen und sah Eric von unten herauf an. Befriedigt eilte sie die Stiegen nach oben in ihre schlichte Kammer, kramte rasch etwas unter der Matratze ihres Bettes hervor und lief damit hinauf ins Dachgeschoss.
    Dick eingehüllt in mehrere Lagen Decken saß Magdalena an einem kleinen Tisch und sortierte Mineralia und Vegetabilia. Eine Kiste mit frisch eingetroffenen Insektenlarven wartete darauf, zusammen mit bereits pulverisierten Käferkörpern in den umfangreichen Bestand an Heilmitteln eingearbeitet zu werden. Erstaunt sah die zierliche Rothaarige auf. »Was führt dich hierher?«
    »Ich wollte dir zur Hand gehen. Gewiss kannst du bei der Durchsicht deiner Vorräte eine fachkundige Helferin gut gebrauchen.« Als Adelaide zum Tisch trat, fiel ihr Blick auf die eng beschriebenen Seiten eines offen liegenden Buches. In ungelenker Schrift hatte Magdalena darin Rezepturen notiert. Adelaide schmunzelte, als sie darauf deutete. »Wenn wir uns zusammentun, kann ich dir vielleicht noch das eine oder andere verraten, was mir von meinen Eltern in Erinnerung geblieben ist. Meine Mutter verstand sich vor allem auf Salben für stumpfe Verletzungen. Das muss einer Wundärztin wie dir doch zupasskommen. Mein Vater dagegen war mehr in der Behandlung des menschlichen Innenlebens bewandert. Lebenselixiere wie etwa Petersens spezieller Theriak hätten auch ihm gelingen können. Hier, schau, ich habe sogar das Kästchen mitgebracht. Du erinnerst dich?«
    Unter der Heuke zog sie die kleine Holzschachtel hervor, die sie einst auf dem Dachboden des Oheims als letzte Erinnerung an ihr Bamberger Elternhaus versteckt hatte. Behutsam nahm Magdalena das Kästchen entgegen und öffnete es. Der gefaltete Zettel barg eine Vielzahl an Zutaten für Wundsalben und Arzneien. Adelaide beobachtete die zierliche Frau genau. Beim Anblick des Papiers ging eine Verwandlung mit Magdalena vor. Kerzengerade richtete sie sich auf, starrte wie gebannt auf das Geschriebene. Die roten Locken um das fein geschnittene Gesicht schienen zu leuchten. Das Funkeln der leicht schräg stehenden grünen Augen brachte die alabasterweiße Haut besonders zur Geltung. Dank des Lächelns, das ihren Mund umspielte, gewannen die schmalen Lippen an Fülle. Adelaide fand, dass sie auf einmal weitaus jünger wirkte als Mitte dreißig. Nur wenige Falten hatten sich um Mund und Augenpartie gebildet, die Wangen waren

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