Hexengold
ebenfalls glatt und rosig.
»Danke dir für deine Großmut, Adelaide.« Magdalena reichte ihr das Kästchen zurück. Selbst die Haut an den schlanken Händen wirkte zart und trotz der häufigen Berührung mit scharfen Flüssigkeiten keineswegs spröde. Ihre Stimme klang fest. »Soll ich das als Wiedergutmachung deiner kleinen Diebstähle verstehen? Immerhin hast du mir im letzten Herbst eine ganze Phiole des besten Rosen- und Lavendelöls entwendet. Du trägst es zwar sparsam auf, dennoch kostet mich deine Eitelkeit einiges an Geld.«
Nach all den Wochen auf diese Tat angesprochen zu werden verwirrte Adelaide. Längst hatte sie gedacht, die Geschichte sei vergessen und verziehen. Magdalena hatte weitaus größere Verluste als die beiden Öle zu beklagen gehabt. Sie zögerte einen Moment mit der Erwiderung. Dann entschied sie sich für ein lautes Lachen. »Von Entwenden kann nicht die Rede sein! Ich habe mich nur an den Dingen bedient, die mir ebenso gehören wie dir. Immerhin sind sie mit dem Geld aus dem Kontor bezahlt. Nach Vinzents Tod gehört meinem Sohn und mir die Hälfte davon.«
Verblüfft starrte Magdalena sie an. Nach anfänglichem Zögern stimmte sie in das Lachen ein. »Das hast du wohl von deinem Gemahl übernommen«, stellte sie fest und ergänzte, als Adelaide nachfragte, immer noch lächelnd: »Dass du alles, was sich in diesem Haus befindet, als Eigentum aller Erben betrachtest. Vinzent hielt es ebenso für sein gutes Recht, sich Englunds Bernstein aus meinem Schrank zu holen und bei Petersen zu versetzen.«
»Wem Englunds Bernstein gehört, ist noch immer nicht vollständig geklärt.« Adelaide wurde ernst. Eng drückte sie das Kästchen aus dem Erbe ihrer Eltern vor die Brust. »Schade, dass du mich für eine gemeine Diebin hältst. Dabei entbehrt dein schändlicher Vorwurf jeder Grundlage. Ich habe mich wohl arg getäuscht, als ich dachte, wir beide hätten endlich Freundschaft geschlossen.«
Sie raffte den Rock und machte Anstalten, den Speicher zu verlassen. Viel zu schnell stand sie bereits an der Tür und wunderte sich, anscheinend doch falsch kalkuliert zu haben. Da erst rief die Base sie doch noch zurück. »Bleib, Adelaide!«
In wenigen Schritten war sie bei ihr, legte ihr die Hand auf den Arm und sah sie entschuldigend an. »Vergiss die Sache mit den Ölen. Im Prinzip hast du recht: Sie gehören dir genauso gut wie mir. Ich verabscheue es allerdings, wenn jemand ohne mein Wissen in meinen Sachen wühlt.«
»Kommt nicht wieder vor.« Adelaide tätschelte der Base die Hand und lächelte abermals begütigend.
»Gut. Dann lass uns endlich an die Arbeit gehen.«
Schon eilte Magdalena wieder zum Tisch und breitete die Arme aus. Sie war wieder voll in ihrem Element, als sie auf die Schätze wies. »Zum Anrühren von Pasten und Tinkturen ist es hier oben natürlich viel zu kalt. Das erledigen wir unten im Kontor. Allerdings warten hier auf dem Speicher andere Aufgaben.« Sie zog Adelaide vor ein Regal, in dem die unterschiedlichsten Schachteln und Tiegel einträchtig nebeneinanderstanden. »Gerade schaue ich meine Vorräte durch. Sobald wir wieder Geld haben, gebe ich bei Petersen eine neue Bestellung auf, um rechtzeitig mit der Herstellung der fehlenden Pasten zu beginnen.«
»Warum wartest du?« Neugierig studierte Adelaide die Aufschriften. Es war unglaublich, welche Schätze Magdalena gesammelt hatte. Damit war sie so manchem Wundarzt in der Stadt weit überlegen. »Genauso gut kannst du Petersen anbieten, in seinem Laboratorium mitzuarbeiten, und gleich dort alles mischen und zubereiten. Das wird er als ausreichende Bezahlung akzeptieren. Du weißt, wie interessiert er an deinen besonderen Rezepturen ist.«
»Vor allem, was diejenige von fünfzig Jahre alten Wundersalben betrifft.« Magdalena schmunzelte.
»Warum willst du eigentlich nicht, dass er dahinterkommt?«, fragte Adelaide plötzlich sehr interessiert. »Dir ist es doch bislang selbst nicht gelungen. Langsam neigt sich die Salbe ihrem Ende zu, ohne dass du sie noch einmal anrichten kannst. Es wäre dir sehr geholfen, wenn Petersen hinter das Geheimnis deines früheren Lehrmeisters kommt und dir die Rezeptur entschlüsselt.«
»Es gibt Geheimnisse, die muss man entweder allein lüften oder ruhen lassen«, erwiderte Magdalena in ungewohnt scharfem Ton. »Sosehr ich Doktor Petersen als Freund und Apotheker schätze, möchte ich ihn doch nicht an diese Salbe lassen. Meister Johann hätte es nicht gewollt.«
»Es gibt noch
Weitere Kostenlose Bücher