Hexengold
andere Tinkturen, die ihn interessieren.« Rasch wich Adelaide angesichts Magdalenas harscher Reaktion auf ungefährliches Terrain aus. »Du solltest es dir überlegen. Es ist eine Schande, ein so großes Wissen wie deines nicht besser zu nutzen. Es stecken so viele Möglichkeiten darin, zu Geld zu kommen. Denk nur daran, wie gut sich besondere Salben und Tinkturen verkaufen lassen. Gerade, wenn du dich auch mit Bernstein als Heilmittel auskennst …«
»Du vergisst eine Kleinigkeit«, unterbrach Magdalena sie. Adelaide zog die Augenbraue hoch. »Eric wird niemals damit einverstanden sein«, ergänzte Magdalena.
»Wozu brauchst du seine Einwilligung?« Verblüfft blickte Adelaide auf sie hinunter. Trotz des Lächelns, das weiterhin um den Mund der zierlichen Frau lag, war der Gram in ihren Augen deutlich zu erkennen. »Bislang hatte ich nicht den Eindruck, du wartest immerzu geduldig, dass Eric dein Tun gutheißt. Abgesehen davon ist es eine Überlegung wert, das Warenangebot des Kontors entsprechend zu erweitern. Neben Tuchen, Gewürzen und Galanteriewaren machen sich ausgefallene Pasten und Salben bestens. Erics neuer Freund Diehl praktiziert das doch bereits mit großem Erfolg. Will er nicht von ihm lernen?« Sie setzte ihr überzeugendstes Lächeln auf. Das weckte Magdalenas Unternehmungslust.
»Du hast recht. Was dem guten Diehl mit seinem ekelhaft bitteren Kaffee gelingt, werden wir mit den altbewährten Tinkturen wohl leicht übertreffen. Spätestens, wenn Eric das Geld in der Truhe glänzen sieht, wird er von der Idee überzeugt sein.«
Überrascht, wie schnell Magdalena angebissen hatte, sah Adelaide sie an. Mit einem Mal verstand sie, warum Eric sich vor langer Zeit in diese Frau verliebt hatte. Der Blick aus den smaragdgrünen Augen ließ ahnen, welche Klugheit sich hinter der hohen Stirn verbarg. Zudem faszinierte die rasche Auffassungsgabe, die sie gerade in diesem Moment bewiesen hatte. Die zerbrechliche Gestalt verbarg die vorhandene Zähigkeit und rief bei einem Mann wie Eric Beschützerinstinkte hervor. Adelaide schauderte, wenn sie sich ausmalte, wie er die rothaarige Frau in die Arme nahm und küsste, mit Liebkosungen überschüttete. Wie sehr sehnte auch sie sich nach einer solchen Leidenschaft, einem so ungezügelten Begehren! Ob es ihr vergönnt war, das je wieder zu erleben? Vinzent war zwar ein stürmischer, aber auch sehr zärtlicher Liebhaber gewesen. Seit seinem Tod hatte niemand mehr sie in den Arm genommen und einfach nur gehalten, geschweige denn, auf ihre weiblichen Reize reagiert. Nicht einmal bei Eric war sie damit weit gekommen, trotz aller Mühen. Er traute sich einfach nicht, die Witwe seines besten Freundes zu begehren, selbst wenn sie sich auf dem Silbertablett präsentierte.
Nicht zu vergessen: Einer groß gewachsenen Frau wie ihr unterstellte man stets Kraft und Stärke. Kein Mann verfiel auf die Idee, dass auch sie beschützt werden wollte. Erst recht nicht Eric, der seine eigene Stärke in ihr wiederzuerkennen meinte und ihre Verletzlichkeit geflissentlich übersah. Sie musste sich etwas einfallen lassen. Den Rest ihres Lebens als trauernde Witwe zu verbringen, konnte sie sich nicht vorstellen.
14
Ende Januar setzte strenger Frost ein. »Friert es hart auf Virgilius, im März noch viel Kälte kommen muss«, verkündete Hedwig mit düsterer Stimme.
»Auf einen langen, harten Winter folgt ein milder, schöner Sommer«, erwiderte Magdalena schmunzelnd und wies mit dem Zeigefinger in den strahlend blauen Himmel vor dem Fenster. »Da muss es uns nicht kümmern, wenn wir im März noch ordentlich einheizen werden.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. Entgegen ihrer Worte kümmerten sie die eisigen Temperaturen sehr wohl. In der Wäschekammer gleich neben dem Schlafgemach war es nicht sonderlich warm. Bei jedem Atemzug quoll einem eine Dunstwolke aus dem Mund. Umso besser war es, sich wieder in die Arbeit zu stürzen. Hedwig und sie schauten die Wäschetruhe auf brauchbare, für den Haushalt in der Fahrgasse dennoch entbehrliche Stücke durch, die sie der Magd Renata zur Hochzeit schenken wollten. Flink bückte sich Magdalena und nahm ein Tischtuch heraus, um es auseinanderzufalten und im Gegenlicht zu betrachten. In der Mitte des großen Leinenstücks zeichneten sich fadenscheinige Flecke ab. Schnitt man es entzwei, hatte man zwei kleinere Tücher, die noch gut und gern als Handtuch taugten.
»Woher Ihr nur immer das Vertrauen auf das Gute nehmt, Herrin.« Die Köchin
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