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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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ungeduldig.«
    Tief verbeugte er sich vor Magdalena und drehte dabei seinen riesigen Hut vor dem unübersehbaren Bauch. Beim Aufrichten zwinkerte er Carlotta zu. »Magst deinen Vater nicht gehen lassen, was, mein Täubchen?« Er kniff ihr in die Wange. »Muss aber sein, Kind. Also, Grohnert? Seid Ihr bereit?«
    Wie von ungefähr strich er mit der Hand über den Säbel, den er an der Seite trug. Als er dabei die Rockschöße zurückschob, wurde eine Pistole sichtbar, die er im Gürtel stecken hatte. Magdalena war erstaunt. Auch Eric hatte die Geste bemerkt und die damit verbundene Aufforderung verstanden. Schon ging er zum Schrank und entnahm einem dreifach verschlossenen Fach ebenfalls Pistole und Säbel. Unterdessen tauchten Feuchtgruber und Diehl abmarschbereit in der offenen Tür auf. Mit den vornehmen Umhängen, den hohen Pelzkragen und den reich verzierten Säbeln und Gewehren wirkten die drei Kaufleute sehr imposant.
    »Beeil dich, Papa!« Ungeduldig schob Carlotta Eric zur Tür. Diehl lächelte ihm entgegen und zog ein kleines Gefäß aus der Jackentasche. »Hier, mein Guter, noch etwas Theriak für alle Fälle. Habe ich gestern eigens für Euch bei Doktor Petersen besorgt. Den solltet Ihr in jedem Fall einstecken. Dann kann Euch nichts mehr passieren.«
    »Und wir können endlich los!« Der weißbärtige Feuchtgruber tippte grüßend an den Hut und wandte sich zum Gehen. Imhof tätschelte noch einmal Carlottas Wange, drückte sich den Hut auf den breiten Schädel und marschierte unterwürfig hinter ihm hinaus. Zögernd folgte Diehl den beiden.
    »Also dann, meine Liebsten.« Gedankenverloren strich Eric Carlotta über den Kopf und hauchte Magdalena einen Kuss aufs Haar. Carlotta riss sich los und rannte nach draußen. Durch die offen stehende Tür waren die Befehle von Diehl, Feuchtgruber und Imhof zu hören sowie das Schnauben der Pferde und das aufgeregte Bellen eines Hundes. Hermann rief den Knechten etwas zu. Kurz darauf erfüllte das Knarren der schmiedeeisernen Wagenräder das Haus, Pferdehufe knallten. Gemächlich zogen die beiden Rappen das hochbeladene Fuhrwerk auf die Straße.
    Über den Trubel hinweg sah Magdalena Adelaides dunklen Schatten langsam, Stufe für Stufe, die Treppe herunterschreiten. Das flackernde Licht einer Kerze beleuchtete das weiß gepuderte Gesicht. Ein Schauer überlief Magdalena. Triumphierend kräuselte Adelaide die rot geschminkten Lippen, die sich scharf von den pechschwarzen Haaren und der dunklen Trauerkleidung abhoben. Kaum hatte sie die Tür zum Kontor erreicht, trat Eric einen Schritt von Magdalena weg. Ein Ausdruck schlechten Gewissens breitete sich auf seinem Gesicht aus. Trotzig schmiegte Magdalena sich wieder enger an ihn. Die Witwenschaft der einen musste den anderen nicht die Freude am Eheleben vergällen.
    »Lasst euch nicht stören«, hauchte Adelaide. »Tut einfach so, als wäre ich nicht da.« Damit schritt sie an eines der Fenster und blickte hinaus.
    Fröstelnd rieb Magdalena sich die Arme. Eric räusperte sich und ging zum Pult, um die letzten Papiere zusammenzuräumen. Bei einem kleinen Päckchen zögerte er. Magdalena stockte der Atem. Einen Moment meinte sie, es handelte sich um den Brief aus Köln. Vor Tagen schon hatte sie ihn lesen wollen, immer wieder war etwas dazwischengekommen. Wenn sie ehrlich war, kam ihr das sogar gelegen. Insgeheim fürchtete sie sich davor, den Brief zu lesen. Eine dunkle Ahnung hatte sie bei seinem Eintreffen beschlichen, er enthielte nicht die Nachricht, die sie erhofft hatte.
    Ängstlich beobachtete sie, was Eric mit dem Päckchen in der Hand tat. Da fiel ihr ein, den Brief aus Köln eben noch in der Wundarztkiste gesehen zu haben, und sie atmete erleichtert auf.
    Eric sah sie an, als ahnte er ihre Gedanken. Kurz entschlossen steckte er das Päckchen in die Reisetasche. Langsam ging sie zu ihm, um ihn noch ein letztes Mal zärtlich zu umarmen. Brüsk wich er zurück. Wieder schauderte sie. Mit einem Mal kam ihr ein Gedanke, der sie schon einmal erschreckt hatte und der nun mit aller Macht wieder zurückgekommen war: Eric war ein Gefrorener! So hatten sie im Großen Krieg diejenigen genannt, denen weder Kanonendonner noch Kugelhagel oder gar das direkte Gefecht Mann gegen Mann etwas anhaben konnten. Selbst Pest und andere Seuchen vermochten sie nicht zu bezwingen. Ähnlich verhielt es sich mit Eric: Weder die Gefangenschaft bei den Franzosen noch die schwere Verwundung und erst recht nicht der entsetzliche Raubüberfall im

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