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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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dir.«
    Magdalena sah ihr nach, wie sie davonstürmte, unverkennbar ihre Tochter. Das verrieten nicht nur die schmächtige Gestalt und das lockige, rotblonde Haar. Auch das ungestüme Auftreten und das Interesse am chirurgischen Handwerk erinnerten daran.
    »Mehr als einen Becher solltest du nicht von dem Kaffee trinken«, wandte sie sich noch einmal mahnend an Eric. »Ein stärkender Kräutersud ist jetzt weitaus besser für dich. Seit du dem bitteren, schwarzen Zeug verfallen bist, heilt deine Wunde viel schlechter. Ist dir das noch nicht aufgefallen?«
    Eric sparte sich die Antwort und wollte sich aufrichten. Die Bewegung ließ ihn abermals vor Schmerz stöhnen. Sanft drückte sie ihn zurück und untersuchte den entblößten Leib, um zu entscheiden, wie sie die Naht am besten fasste.
    »Geht das nicht schneller?« Abrupt ruckte Eric nach vorn, konnte dabei ein weiteres schmerzerfülltes Aufjaulen nicht unterdrücken.
    »Gut Ding will Weile haben.« Magdalena beeindruckte seine Hast nicht. Sorgfältig prüfte sie die Nadeln und rückte die Lampe zurecht.
    »Du weißt, ich muss los!« Fest presste er die Lippen aufeinander. Sie hob die Hand und strich ihm beruhigend über die Wange. »Lass das!« Wütend funkelte er sie an. »Sieh lieber zu, dass du mit der Narbe fertig wirst. Das kommt dir alles sehr gelegen, nicht wahr? Denk nur nicht, ich merke nicht, wie bedächtig du deine Instrumente sortierst und jede Gelegenheit nutzt, mich aufzuhalten.«
    »Was soll das? Wie redest du auf einmal mit mir?« Entrüstet sah sie ihn an. Er wandte sich ab, sie aber zog sein Kinn wieder herum und sah ihn eindringlich an. »Traust du mir etwa nicht mehr?«
    »Was hat das damit zu tun?« Abrupt riss er sich los. »Von Anfang an hat es dir nicht gepasst, dass ich wieder auf Reisen gehe. Da kommt das Aufreißen meiner Narbe doch genau im richtigen Augenblick. Man könnte fast meinen, du hättest es mit Absicht – ach, was rege ich mich auf. Du bist das Weib, ich bin der Mann. Also bestimme ich, was zu tun ist. Näh endlich die Narbe, und dann werde ich aufbrechen.«
    »Eric!« So hatte er noch nie mit ihr gesprochen. Sie bebte am ganzen Leib. Dunkel ahnte sie, worauf Erics Vorwürfe abzielten. Das aber schien ihr unglaublich. Nach all den gemeinsamen Jahren und den vielen Erlebnissen, die sie Seite an Seite durchgestanden hatten, konnte er das nicht ernsthaft glauben. Dennoch brauchte sie Gewissheit. »Du unterstellst mir doch nicht etwa, ich sei schuld am schlechten Zustand deiner Wunde? Ich hätte mit Absicht dafür gesorgt, dass sie nicht heilt, um dich am Abreisen zu hindern?«
    Schweigend starrte er in das Schneetreiben vor den Fensterscheiben. Sie beugte sich vor und sprach ihm direkt ins Gesicht: »Gehst du etwa so weit, mir dunkle Künste zuzutrauen? Hältst du mich wohl gar für eine Hexe?«
    Langsam drehte er den Kopf und sah sie vorwurfsvoll an.
    Laut krachend flog die Tür des Kontors auf. Eric und Magdalena fuhren gleichzeitig herum.
    »Grohnert, was ist los?« Mit schweren Schritten marschierte Feuchtgruber herein. Kaum erspähte er Erics offene Wunde, erstarrte er. »Oh Gott, was ist passiert?«
    »Keine Sorge«, versuchte Magdalena, ihn zu beruhigen. »Das sieht schlimmer aus, als es ist. Mein Mann hat sich gerade eben die alte Wunde nochmals aufgerissen. Zwei Stiche zur Sicherheit werden genügen, dann ist er wieder reisefertig.« Es gelang ihr sogar zu lächeln.
    Feuchtgrubers rundes Gesicht, das nahezu ganz von dem weißen Bart verdeckt wurde, strahlte väterliche Besorgnis aus. Der Blick aus seinen winzigen, grauen Augen unter den buschigen Brauen flog unstet zwischen Eric und ihr hin und her.
    Magdalena drückte die Hand auf die Schulter ihres Mannes, um ihm zu bedeuten, dass sie wusste, was sie tat. Der Dolch, den er ihr eben ins Herz gerammt hatte, saß tief. Feuchtgruber gegenüber würde sie sich jedoch nichts anmerken lassen.
    »Hm«, brummte Feuchtgruber und fuhr sich nachdenklich mit der Hand unter dem Kinn entlang. Er war zwar nur wenige Jahre älter als Eric, dennoch ähnelte er mehr einem alten Mann denn einem mitten im Leben stehenden, agilen Geschäftsmann. Umso mehr nahm er sich Erics Zustand zu Herzen. »Grohnert, das gefällt mir nicht. Vielleicht solltet Ihr auf die Reise verzichten. Selbstverständlich übernehmen Imhof, Diehl und ich Eure Belange.«
    »Das ist nicht nötig.« Ruckartig fuhr Eric auf, zuckte aber sogleich zähneknirschend zusammen. Magdalena runzelte die Stirn. »Sagt den

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