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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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billigen Zwecke zu verfolgen.
    »Herr, gib mir die Kraft, die Dinge zu tun, die ich tun soll,
    sowie den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann.
    Gib mir auch die Gelassenheit, die Dinge zu lassen, die ich nicht ändern kann
    und gib mir vor allem die Weisheit, das eine vom anderen unterscheiden zu können.«
    Mit diesem Gebet schloss er jeden Morgen seine Frühandacht und versuchte auch, den Tag danach zu leben. Seine Oberen beeindruckte er mit seiner ausgeglichenen Art und wie er selbst im größten Streit einen ruhigen Kopf behielt. Als er 1464 zum Bischof von Brixen gewählt wurde, trat er als Nachfolger des großen Cusanus ein schweres Erbe an. Dessen Problem war gewesen, dass er trotz oder sogar wegen seiner Gelehrtheit die Bewohner der Bergtäler nicht verstand. Diese achteten zwar seine Frömmigkeit, konnten aber seinen Bemühungen, Tirol wieder unter die kirchliche Herrschaft zu bringen, nichts abgewinnen. Mit dem Herzog Sigmund stritt er sich um die Herrschaftsrechte, in der Folge floh er dann nach Rom, ohne bis zu seinem Tod den Anspruch als Bischof aufzugeben. Das gesamte Domkapitel mit einem großen Teil der Bevölkerung war gegen ihn und über die Diözese wurde der Kirchenbann verhängt. Auch Golser hatte sich gegen ihn gestellt, schon allein deswegen, weil er noch nicht vergessen hatte, wie Armut schmeckt. Viele der Fürstbischöfe, die auch weltliche Macht ausübten und Recht sprachen, kamen durch Bestechung oder offenen Handel mit dem Heiligen Stuhl auf ihre Posten und pressten auf Grund ihrer Machtfülle oftmals die Leute weit mehr aus, als es die weltlichen Herrscher taten. Ein weltlicher Fürst konnte eher davon gejagt werden als ein Bischof, der auch noch für das Seelenheil zuständig war. Mit Cusanus verband ihn nur der Kampf gegen den Aberglauben. Dieser war sogar so weit gegangen, in einen Prozess einzugreifen, der gegen zwei Frauen wegen behaupteter nächtlicher Flüge mit einer Göttin Richella geführt wurde und denen deswegen die Verurteilung zum Tode durch das Gericht drohte. In einer scharfen Predigt geißelte er diese Vorstellungen als Aberglauben und Hirngespinste, aber das nützte auch nicht viel. Zwar bekam er die Frauen frei, das gemeine Volk aber rannte weiterhin wie auch die gebildeten Schichten den Wahrsagerinnen hinterher, glaubte unbeirrt an fahrende Nachtheere, die Göttin Diana mit ihrem Gefolge, an die böse Erodia, an die wie Kinder wimmernden verzweifelten Geister der Schratteln, sich in Tiergestalten verwandelnde Unholdinnen und verderbende Zauberer.
    Golser kannte auch das Gedicht »Die Blumen der Tugend« des Bozener Dichters Hans Vintler, der schon vor über achtzig Jahren darin angedeutet hatte, dass es nun auch Leute gebe, die nicht nur mit Diana, sondern sogar mit dem Teufel selbst auf Kälbern, Ziegenböcken und Stöcken nächtens durch die dunklen Lüfte fuhren.
    Die Kerze auf Golsers Arbeitstisch war schon fast zur Hälfte herabgebrannt, als er das Schreiben des Herzogs wieder zurücklegte und gedankenverloren mit dem Handrücken darüber strich. Schon den ganzen Tag über hatte er überlegt, was er ihm raten sollte, und ihm war klar, dass die Lage besonderer Umsicht bedurfte. Das Verhältnis zwischen ihm und dem Herzog Sigmund war seit seiner Einsetzung als Bischof nach und nach vertrauter geworden und mit der Zeit wurde aus Vertrauen Freundschaft. Beide schätzten einander und der Fürst wusste, dass Golser zu den wenigen Menschen gehörte, deren Rat ehrlich und ohne selbstsüchtige Nebengedanken war.
    Nach einiger Zeit atmete er tief ein und rief nach seinem Sekretär. »An Herzog Sigmund«, befahl er, während sein Schreiber an einem Nebentisch eine Kerze entzündete und die Feder in das Tintenfass tauchte.
    »Durchläuchtiger, hochgeborener Fürst, gnädiger Herr!
    Aus Gehorsam gegen den Papst und gemäß dem kirchlichen Recht zum Schutze des Glaubens habe ich die Verpflichtung, dem Inquisitor Schutz und Hilfe zu gewähren. Auch bin ich verpflichtet, ihn die ihm in der Bulle zugestandene bischöfliche Gewalt ausüben zu lassen. Auch die weltliche Herrschaft und Obrigkeit ist angehalten, dem Inquisitor Hilfe und Förderung angedeihen zu lassen, damit solche Übel und Sünden bestraft werden. Bitte bewegt ihn jedoch dazu, nicht gegen alle Schuldigen die volle Strenge des Gesetzes einzufordern.«
    Der Bischof hielt einen Moment inne und überlegte. Er konnte Sigmund nicht empfehlen zu versuchen, das ganze Verfahren von vorneherein zu beenden, da

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