Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Ordensbruder zu begegnen – darauf konnte er gerne verzichten. Lieber wollte er schauen, dass er heute noch ein gutes Stück nach Augsburg hinauf kam.
10. KAPITEL
E s war schon später Nachmittag, draußen wurde es schon dämmerig und die Wirtin vom »Wilden Stier« stellte im Nebenzimmer ein paar Kerzen auf die Tische und entzündete drei von ihnen mit einem Kienspan. »Können wir noch einen Krug Wein bekommen?«, fragte Bruder Heinrich.
Zusammen mit Johannes Gremper saß er allein in der Stube, die meisten anderen waren schon aufgebrochen, um noch rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause zu sein.
Nur in der großen Gaststube waren noch ein paar Zecher und unterhielten sich lautstark über die Maus, die unter dem lichterloh brennenden Scheiterhaufen der Mindelheimerin heraus geschossen sei.
»Sie hat sich bestimmt in Tiergestalt verwandelt und ist so entkommen«, sagte einer und ein anderer ergänzte, auch der Inquisitor habe gesagt, sie habe nicht dem Teufel abgeschworen und den Dämonen noch im Leib gehabt. Die Wirtin hatte heute mehr Geld eingenommen als in den vergangenen drei Monaten zusammen und Gremper und Institoris eingeladen, auf Kosten des Hauses zu essen und zu trinken. Schließlich wusste sie auch, wem sie diesen unerwarteten Geldsegen mit zu verdanken hatte.
Bruder Heinrich ließ sich so etwas nicht zweimal sagen. »Zwei Hexen weniger«, sagte Institoris und schob seinen Becher zwischen den Fingern hin und her, »das ist sicher ein Erfolg, aber so werden wir auf lange Sicht nicht weiterkommen!«
Der Notar sah ihn verständnislos an.
»Ja, es ist so. Glaubst du, eine Gemeindeverwaltung hat langfristig Interesse daran, ein paar arme Weiber auf den Scheiterhaufen zu schicken, wobei sie unterm Strich auch noch die Prozesskosten zu tragen hat? Nein, mein lieber Johannes, du wirst sehen, wenn sie zu oft draufzahlen, fangen die Leute an zu maulen und jeder Stadtrat will schließlich in gutem Licht dastehen.«
»Aber die zweihundertfünfzig Mark aus der Bürgschaft für die Frauendienst waren doch auch kein schlechtes Geschäft!«, warf Gremper ein.
»Für die Stadt ja, aber für uns war es eine Schande und ich ärgere mich immer noch grün und blau, wenn ich nur daran denke. Nein, die Verwaltungen wollen lieber Prozesse, an denen auch finanziell etwas abfällt. Je mehr, desto besser. Denk an Anne von Zypern!«
»Die Herzogin von Aosta?«
»Genau die. Sie kassierte immer die Hälfte der bei den Ketzerprozessen verhängten Geldstrafen! Bedenke aber: Jede Freilassung durch eine Bürgschaft unterhöhlt unsere Glaubwürdigkeit und den Anspruch auf unsere Kompetenz!«
Er schob immer noch den Becher hin und her. »Ich habe einen verrückten Einfall«, lachte er nach einer Weile.
Gremper sah ihn neugierig an.
»Wir brauchen Reklame! Reclamare, verstehst du?«
Der Notar verstand gar nichts. »Wie soll das gehen?«
Institoris sah ihn verschwörerisch an. »Seit ein paar Monaten gibt es einen neuen Papst, Innozenz VIII.«
»Ich weiß. Na und?«
Der Inquisitor beugte sich über den Tisch und senkte seine Stimme zu einem Flüstern ab.
»Ich weiß auch nicht allzu viel über ihn, aber so viel, dass er ein kränklicher, schwacher Oberhirte ist. Jedenfalls hat er bis jetzt nichts Nennenswertes zu Wege gebracht. Wir brauchen eine Belobigung von ihm und ich habe am Heiligen Stuhl genügend Beziehungen!«
Gremper war wieder einmal über die Findigkeit des Dominikaners erstaunt und starrte ihn mit halb offenem Mund an.
»Aber das ist noch nicht alles«, fuhr Heinrich dann fort, »ich möchte mich nicht in den Vordergrund spielen, das musst du erledigen. Ich habe mitbekommen, das hiesige Heilig-Geist-Spital sei zu klein und sie planten einen Neubau, aber dazu fehlte ihnen noch Geld. Du versprichst ihnen, dass wir uns für einen Ablasshandel zu dessen Gunsten beim Heiligen Stuhl bemühen, aber du kannst ihnen diesen eigentlich zusichern. Hundert Tage Nachlass für die Sündenstrafen würde ich sagen für alle, die an noch zu bestimmenden Feiertagen die Spitalkapelle besuchen und ein Almosen spenden. Was meinst du, wie da einige anspringen?« Er lachte spöttisch auf. »Das Ganze hat allerdings einen kleinen Haken.«
»Und der wäre?«, fragte Gremper.
»Du müsstest nach Rom und alles vorbereiten. Für die entsprechenden Leute dort kann ich dir ein Empfehlungsschreiben aufsetzen. Ich würde später nachkommen.«
»Das ist kein Problem. Aber was hat das mit den Prozessen zu tun?«
»Die
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