Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
dazu. Manche sagten, er sei arm und fromm, andere das Gegenteil. Von seinem Vorgänger Sixtus IV. hatte er nur Schulden übernommen, die so gewaltig waren, dass er zeitweise sogar Mitra und Tiara sowie den päpstlichen Kronschatz verpfänden musste. Nun war er voll damit ausgelastet, den päpstlichen Haushalt wieder in den Griff zu bekommen. Zwar war er erst seit ein paar Monaten auf dem Stuhle Petri, aber dass er seine geplanten Reformen in weite Zukunft verschieben musste, war ihm schon nach wenigen Wochen klar geworden. Wahrscheinlich würde er als einer der Päpste in die Annalen eingehen, die für die Kirche nichts oder kaum etwas bewirkt hatten.
Fra Henricus Institoris, wie er hier genannt wurde, starrte auf die Pergamentrolle, die der Papst vom Tisch nahm und seinem Sekretär reichte.
»Meine geliebten Söhne …« Weiter kam er nicht, da der schmächtige Körper in dem weiten Brokatumhang von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt wurde. Nur langsam beruhigte er sich und in sein Gesicht kam wieder ein ganz klein wenig Farbe. »Mein geliebter Sohn Heinrich, es freut mich, dir die Bulle ›Summis desiderantes affectibus‹ gegen …« Er hielt kurz inne und blickte hilfesuchend zu seinem Sekretär.
»… die Hexerei!«, ergänzte dieser, worauf der Papst nickte.
»Ja, gegen die widerliche Hexerei …«, sagte er dann und blickte gleich darauf geistesabwesend und verloren ins Leere, während der Sekretär das Pergament entrollte und mit dem Vorlesen begann.
»Mit außerordentlicher Betrübnis habe ich deinen Schilderungen entnommen, dass in vielen Gegenden Oberdeutschlands und ebenfalls in den Kircheprovinzen, Städten, Ländern, Orten und Diözesen von Mainz, Köln, Trier, Salzburg und Bremen ziemlich viele Personen beiderlei Geschlechtes, ihr eigenes Seelenheil missachtend und vom christlichen Glauben abweichend, mit Incubusund Subcubus-Dämonen Unzucht treiben und durch ihre Zaubersprüche, Gesänge und Beschwörungen und durch andere gottlose, abergläubische und wahrsagerische Frevel, Verbrechen und Vergehen die Geburten der Frauen und die Brut der Tiere, die Feldfrüchte, Weintrauben, Baumfrüchte, und noch dazu Männer, Frauen, Lasttiere, Kleinvieh, Haustiere sowie verschiedene andere Tiere, auch die Weinberge, Obstgärten, Wiesen, Weiden und andere Früchte der Erde …«
Incubus- und Subcubus-Dämonen! Auf das kommt es an!, dachte Heinrich stolz und blinzelte kurz dem neben ihm stehenden Gremper zu.
»… verderben, ersticken und zugrunde richten. Auch bringen sie es fertig, Männer, Frauen, Zugtiere, Lasttiere, Kleinvieh, Haustiere und andere Tiere mit furchtbaren sowohl innerlichen …«,
leierte Institoris still im Kopf mit.
Willst du mir das alles vorlesen?, dachte er dann. Ich weiß doch, was da drin steht. Ich habe es ja selbst verfasst!
»… obwohl die geliebten Söhne Henricus Institoris in den zuvor genannten Teilen Oberdeutschlands, in welche auch Kirchenprovinzen, Städte, Länder, Diözesen und andere solche Örtlichkeiten einbezogen sind, wie auch Jacobus Sprenger aus dem Orden der Predigerbrüder für gewisse Landstriche längs des Rheins, die als Professoren der Theologie durch apostolische Briefe zu Inquisitoren der ketzerischen Verworfenheit berufen worden waren und dies immer noch sind. Jedoch scheuen in jenen Gegenden etliche Kleriker und Laien, die mehr verstehen wollen, als nötig ist, nicht davor zurück …«
Bei der Erwähnung des Namens Jacobus Sprenger konnte er ein zufriedenes und selbstgefälliges Lächeln nicht unterdrücken.
»… erlauben wir den genannten Inquisitoren, dass sie gemeinsam oder ein jeder für sich unter Zuziehung des geliebten Sohnes Johannes Gremper, eines Klerikers in der Diözese Konstanz und jetzt Magister artium, oder eines anderen beliebigen öffentlichen Notars, der von ihnen beiden oder einem von ihnen auf Zeit beauftragt worden ist, in den genannten Kirchenprovinzen, Diözesen, Ländern und Orten …«
Auch das passte. Die Person Gremper wurde aufgewertet, er selbst konnte ihn als Notar bestallen – oder auch nicht.
»… die sie der erwähnten Vergehen schuldig finden, zurechtzuweisen, zu inhaftieren und an Leib und Vermögen zu bestrafen, wie sie es verdienen!«
Gleich muss es kommen. Der Bischof Albrecht von Bayern, dieser Hundsfott …
»Nichtsdestoweniger tragen wir unserem ehrwürdigen Bruder, dem Bischof Albrecht von Straßburg, durch ein apostolisches Schreiben auf …«
Fra Henricus horchte genau hin und kein Wort
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