Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenhatz im Monsterland

Hexenhatz im Monsterland

Titel: Hexenhatz im Monsterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
Vom Netzwerk:
Jungfrau. Sie hatten das Ende eines kurzen Gangs erreicht. »Hubert wartet da unten.« Sie begann mit dem Abstieg.
    Der Bursche folgte ihr wiederum und dachte bei sich, er müsse wohl seine Vorurteile revidieren, was das Verhältnis Drache-Jungfrau anbelangte. Es sei denn, hinter dem seltsamen Benehmen der Maid verberge sich eine finstere Absicht, etwa die, ihre heldenhaften Retter in die Tiefe des Turms zu locken, auf daß sie dort ihr junges Leben aushauchten, zum Beispiel in Form von Drachenfutter. Doch nein, verbat Wuntvor sich sofort diesen Gedanken. Ein so liebreizendes und reines Geschöpf wie diese goldhaarige Jungfrau konnte unmöglich solch verräterische Gedanken hegen. Doch dann fiel ihm eine zweite, womöglich noch gräßlichere Möglichkeit ein.
    »Singt der Drache auch?« fragte er, und bebendes Entsetzen schwang in seiner Stimme mit.
    »Nun«, gab die Maid zu, »für gewöhnlich hat er das getan, doch in letzter Zeit hat es ein paar Schwierigkeiten mit unseren Engagements gegeben.« Sie schüttelte voll Bedauern ihr lockiges Haupt. »Sollte er falsch singen, wird das bittere Konsequenzen nach sich ziehen. Aber du bist ja nicht hier, um dich von unseren Problemen langweilen zu lassen. Nun ist es an der Zeit, mit Hubert zu reden.«
    Sie setzte ihren Weg die Treppe hinunter fort. Unserem Burschen fiel nichts Besseres ein, als es ihr gleich zu tun. Die ausgetretenen Stiegen schienen sich in die Mauern des Turms selbst hereinzuwinden. Während sie immer tiefer hinabstiegen, entfernten sich Decke und Innenwand in unerreichbare Fernen, und in dem Dämmer konnte Wuntvor sich gut vorstellen, die Wand der Wendeltreppe, gegen die er sich abstützte, sei die einzige Wand des Universums.
    »Hubert!« rief die Maid. »Oh, Hubert!«
    Nach ihren Worten setzte das Rumpeln und Pumpein erneut ein, lauter noch als zuvor. Sie näherten sich einer Lichtquelle – einem wilden, flackernden Schein, wie er von einem Dutzend Kerzen stammen mochte.
    Doch die Flamme stammte nicht von Kerzen oder Fackeln. Sie kam – in großen, feurigen Stößen – aus dem Maul eines Drachen, das zu allem Überfluß auch noch weniger als ein Dutzend Schritte von dem verblüfften Wuntvor entfernt auftauchte.
    »Huch!« schrie unser Held auf. Der Drache jedoch betrachtete ihn mit eisigem Schweigen.
    »Da bist du ja!« verkündete die Jungfer strahlend. »Hubert hat schon immer dramatische Auftritte bevorzugt. Vor allem in letzter Zeit, wo er nicht mehr spricht.«
    Der Drache rumpelte und nickte zustimmend mit dem gigantischen Haupt, auf dem, wie Wuntvor nicht ohne Erstaunen bemerkte, das Reptil einen purpurfarbenen Zylinder trug.
    »Ein Sprechverbot lastet schwer auf jemandem, dessen Lebensinhalt eine Karriere auf der Bühne ist«, erklärte die Maid fürderhin. »Manch Schauspieler würde sich wohl in tiefste Verzweiflung sinken lassen, aus der es keinen Ausweg mehr geben würde. Nicht so unser Hubert.« Stolz wies sie auf die Rieseneidechse. »Diese schillernde Bühnenpersönlichkeit hat Mutter Ducks Inderdikt für einen völlig neuen Karriereweg zu nutzen verstanden. Richtig, Hubert ist kein Drachenschauspieler mehr, er ist Drachenpantomime!« Mit einem rührenden Augenaufschlag klatschte sie in die Hände. »Was für ein Star! Komm, Hubert! Zeig ihm deine Nummer!«
    Das gigantische Reptil beugte sich vor und stemmte die Vorderpranken gegen eine imaginäre Wand, während seine Hinterbeine sich im Marschrhythmus bewegten, ohne jedoch von der Stelle zu kommen. Wuntvor runzelte die Stirn. Was hatte das schon wieder zu bedeuten?
    »So ist’s richtig!« rief die Jungfrau voller Stolz aus. »Es ist ein Drache, der gegen den Wind ankämpft! Was für ein pantomimisches Genie!« Sie wandte sich beifallheischend nach Wuntvor um.
    »In der Tat«, gab der zum Besten, da ihm im Augenblick nichts Intelligenteres einfiel. »Aber waren wir nicht gerade dabei, zu entfliehen?«
    »Ja, ja, das stimmt schon. Da draußen wartete schließlich ein millionenstarkes Publikum auf Huberts Galanummern! Aber sieh doch nur!« Die Maid wies erneut auf Hubert. »Hubert gibt jetzt einen ›Drachen beim Fensterputzen‹. Welch eine Ausdruckskraft! Welche eine erhebende Körperbeherrschung!«
    »In der Tat!« bemerkte Wuntvor nicht zum erstenmal und bemühte sich, der hypnotisierenden Wirkung von Huberts Füßen zu entgehen, die unablässig kreisende Bewegungen vollführten. In Anbetracht der Drachophilie der schönen Maid begann Wuntvor immer unsicherer zu werden, ob er mit

Weitere Kostenlose Bücher