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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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er sie rufen? Soll er Erin um Hilfe bitten? Er macht die Augen wieder auf und starrt durch die Scheibe.
    Sie ist weg.
    Die Hexe ist verschwunden.
    »Und ich hab noch gar nichts gemacht …«, stammelt Karim. Er wischt über das beschlagene Glas und späht nach draußen. Wo ist sie hin?
    Lenne, denkt er, der Dachboden … das Dachfenster. Hab ich das Dachfenster wieder zugemacht? Er erinnert sich an die Glaskugel auf Lennes Fensterbank und wie er sich damals gefragt hat, ob Hexen fliegen können. Er sieht Erins Füße wieder vor sich, wie sie sich langsam vom Asphalt lösen. Blitzartig dreht er sich um und rennt zurück über den glatten Küchenboden und die Treppe hinauf. »Lenne!«, schreit er, noch bevor er die Schnur ergriffen hat. »Lenne, bist du noch da?« Keine Antwort. Die Schnur gleitet ihm aus den nervösen Händen »Oh verdammt!«, wimmert er. Er packt die Schnur mit beiden Händen und ruckt wie wild daran. Die Klappe donnert mit lautem Krach nach unten, und Karim kann gerade noch die Treppe fassen, die schon runterrutscht. Hastig poltert Karim nach oben. »Lenne? Lenne, wo bist du?«
    Der Dachboden scheint leer zu sein. Das Fenster steht noch immer einen Spalt offen. Der heftige Regenschauer ist vorbei, und nun tröpfelt es nur noch gemütlich auf das Fensterglas. Auf dem Weg zum offenen Dachfenster stolpert Karim über den alten Koffer und schlägt der Länge nach auf den staubigen Boden, doch er nimmt sich nicht die Zeit, darüber zu jammern oder nach eventuellen Verletzungen zu schauen. Er rappelt sich gleich wieder auf und humpelt zum Dachfenster. Mit einem wütenden Ruck zieht er es zu. »V erdammt!«, schimpft er mit sich selbst. »Hättest du das doch auch zugemacht, du blöder Trottel!« Voller Panik sieht er sich um. Sie ist nicht da. Er kann Lenne nirgends entdecken.
    Aber dann hört er ein klägliches Geräusch. Sein Herz setzt einen Schlag aus. »Lenne?«
    »Karim … hier.«
    Es kommt von der anderen Seite des Dachbodens. Karim läuft auf die bedrückte Stimme zu. »Wo bist du?«
    »Hier, hinter den Kartons.«
    »Dann komm doch raus.«
    »Ist sie weg?«
    »Ja, oder … Ich weiß es nicht, aber alle Fenster und Türen sind jetzt zu. War sie denn hier?«
    Lenne kriecht auf Händen und Füßen hinter einem Stapel Kartons hervor. Sie steht auf und drückt sich die Hände auf die Ohren.
    »Was machst du da?«, fragt Karim besorgt.
    Lenne hört ihn nicht.
    Karim ergreift eine Hand und zieht sie vorsichtig weg. »Lenne, was ist denn? Stimmt mit deinen Ohren was nicht? Hast du Schmerzen oder so?«
    »Ich hab sie gehört. Sie hat mich gerufen.«
    »V on woher?«
    »Ich glaub von draußen. Sie kennt meinen Namen, und sie hat mich gerufen. Sie sucht mich!« Lenne drückt die Hand wieder auf das Ohr und verzieht schmerzhaft das Gesicht.
    »Hörst du sie denn noch immer?«, fragt Karim. Keine Reaktion. Er wiederholt die Frage, lauter, er schreit fast neben ihrem Kopf.
    »Schrei doch nicht so!«, schnauzt Lenne ihn an. Zögernd nimmt sie ihre Hände weg.
    »Hörst du sie noch?«, wiederholt Karim seine Frage noch einmal.
    Unschlüssig schüttelt Lenne den Kopf. Dann dreht sie sich zu ihm. »Hol das Ding aus meiner Tasche«, jammert sie. »Es steckt in meiner linken Jackentasche.«
    »Welches Ding?« Karim greift in die Jackentasche. Seine Finger spüren die runde Form der Glaskugel. Er holt sie heraus.
    Jetzt bedeckt Lenne die Augen. »T u es weg.«
    Karim fummelt ein paar Sekunden ungeschickt mit der Glaskugel herum. »Äh … wohin …« Dann steckt er sie schließlich in seine eigene Hosentasche. »Gut so?« Mit zusammengezogenen Augenbrauen blickt er in Lennes feuchte Augen. »Was ist damit?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich hab die ganze Zeit danach greifen wollen. Meine Finger haben sich immer wieder zu meiner Jackentasche bewegt. Ich hab mich selbst anschreien müssen, um es nicht zu tun. Ich hab irgendwie gewusst, dass sie mich finden würde, sobald ich die Kugel anfasse.«
    Karim starrt die runde Form an, die sich durch seine Hose abzeichnet.
    »Es war, als würde ich einen Auftrag bekommen. Ich sollte die Glaskugel auf meine Hand legen, ich hab mich selbst schrecklich anschreien müssen. Ich hab es so gewollt, wirklich, ich hab es so gern gewollt! Ich wollte sie auf meine Hand legen und sie schweben lassen, wie ich es dir gezeigt hab. Aber ich hab gewusst, dass ich das nicht tun darf, denn dann würde Alba wissen, wo ich bin.«
    »V ielleicht ist die Kugel genau so etwas wie das Medaillon!«,

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