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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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etwas sagen, schreien, bekommt die Zähne aber nicht auseinander. Das Blut scheint in seinen Adern zu gefrieren, und er kann sich nicht mehr bewegen. Aus dem Augenwinkel sieht Karim, wie Lenne aufspringt und ihr Stuhl mit einem Schlag auf den Boden knallt. Seine Ohren hören noch Stimmen, doch es ist, als ob sein Gehirn in eine zähe, klumpige Masse verwandelt sei, und er kann nicht mehr verstehen, was gesagt wird. Er weiß, dass zwei der Stimmen, die er hört, die von Alba und Erin sind. Auch sie sind von den Stühlen aufgesprungen und schreien wütend. Doch die Stimme, die ihn am meisten beruhigt, ist erstaunlicherweise die von Lenne, und er hört diese vertraute Stimme dicht an seinem Ohr. Steht sie jetzt neben ihm? Er versucht, den Kopf in ihre Richtung zu drehen, doch sein Hals ist wie versteinert. Der Griff um sein Handgelenk lockert sich kurz, als Vita etwas zu Lenne sagt. Karim dreht den Kopf.
    Lenne steht mit erhobenen Armen Vita direkt gegenüber. Sie hält die beiden Hälften der Kugel in den Händen. Blut klebt daran, sieht Karim, und einen kurzen Augenblick ist er beunruhigt wegen Lennes Verletzung. Aber er hat nur kurz Gelegenheit, sich darüber Sorgen zu machen. Vita lacht scharf und verächtlich, und Lenne schmeißt in einem Anfall von enormer Wut die beiden Hälften Vita vor die Füße. Grün-rote Placken verbreiten sich um Karims Knöchel und auch um die von Vita und Lenne, als würde die grüne Kugel auslaufen und eine warme Flüssigkeit verbreiten. Karim spürt, wie die Wärme in seinen Körper zurückkehrt. Er reißt sich los. Vita ist für den Bruchteil einer Sekunde fassungslos, und mehr braucht Karim nicht. Er zwingt die noch etwas steifen Muskeln in seinen Beinen zum Rennen, einfach nur Rennen. Abhauen.
    Er schießt aus der Küche, in die Halle. Da steht jemand in der Eingangstür, da kann er nicht durch. Er nimmt sich nicht die Zeit, um hinzusehen, wer es ist, vermutet aber, dass es Rinnie sein könnte. Auf gut Glück rennt er auf die erstbeste Tür auf der anderen Seite der Halle zu und stürmt hindurch.
    Falsch.
    Offenbar ist sein Gehirn doch noch nicht ganz aufgetaut. »Mist!«, schreit Karim, als er sieht, dass er in dem geschlossenen Innenhof steht. Wie kommt er hier raus? Ist Vita schon hinter ihm her? Kann er noch zurück, wieder durch die Halle? Nein, er hört Schritte.
    Voller Angst rennt Karim in dem Innenhof herum. Gibt es da irgendwo einen Ausgang? Eine Stelle, wo er sich verstecken kann? Etwas, um sich dahinter zu verbergen? Es muss doch irgendetwas geben, das er tun kann!
    Doch der Innenhof ist praktisch leer. Ein Boden aus morastiger Erde, ein paar dünne und schon kahle Bäumchen, und hier und da ein paar Pflänzchen, aber die reichen ihm nicht höher als bis zu den Knöcheln. Und in der Mitte der schwarze Kessel, in dem noch immer ein kleines Feuer vor sich hin schwelt.
    Es ist hoffnungslos.
    Karim starrt in die glühenden Kohlen. Wenn er nur zaubern könnte, dann hätte er vielleicht noch eine Chance. Als er wieder aufblickt, steht ihm Vita direkt gegenüber, mitten in dem Kreis. Das kann einfach nicht gut gehen, denkt Karim mutlos, der Kreis wird ihre Kräfte ganz bestimmt noch verstärken.
    Vita zeigt mit ihrem knochigen Zeigefinger auf ihn. In ihren Augen spiegelt sich die rote Glut der Kohlestückchen auf eine eigenartig gespenstische Art.
    Jetzt ist es aus mit mir, denkt Karim. In dem verzweifelten Versuch, sich doch noch zu retten, versetzt er dem Kessel, der zwischen ihnen steht, einen energischen Tritt mit dem rechten Fuß. Es ist ein Reflex, ein Instinkt, er denkt darüber nicht nach. Im selben Augenblick, in dem er Erin, Alba und Lenne durch die Tür in den Innenhof kommen sieht, fällt der Kessel um, und die Kohlen verteilen sich um Vitas Füße. Karim hat keine Ahnung, was Alba in das Feuer geworfen hat, doch der Saum von Vitas langem Mantel fängt sofort an zu brennen. Erschrocken starrt Karim ein paar Sekunden hin. Was hat er getan?
    Kreischend schlägt Vita mit den Händen nach den Flammen.
    Karim dreht sich um und rennt verzweifelt an der Mauer des Innenhofs entlang. In der Hoffnung, irgendwo einen Halt zu finden, springt er an ihr hoch. Irgendetwas, und sei es nur ein kleines Gesims oder ein hervorstehender Stein, um hochzuklettern und über die Mauer zu kommen. Plötzlich spürt er etwas, das sich anfühlt wie ein Schubs in den Rücken. Er wirft noch einen schnellen verwunderten Blick über die Schulter und sieht, dass Erin zu ihm herschaut, drängend,

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