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Hexenjagd in Lerchenbach

Hexenjagd in Lerchenbach

Titel: Hexenjagd in Lerchenbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Reihe
von Giften. Gefährliche, die absolut tödlich wirken. Und solche, die relativ
harmlos sind, aber immer noch zu schweren Schäden führen — zumindest zu
längerer Krankheit infolge von Übelkeit, Erbrechen, Schwindel und
Kreislaufzuständen. In der Apotheke werden diese Gifte zur Weiterverarbeitung
benötigt — zu Salben und ähnlichem, was nur äußerlich angewendet werden darf.
Warum ich diesen Einbruch erwähne? Wir haben den dringenden Verdacht, daß im
Hause von Fräulein Götze ein Giftanschlag vorbereitet ist. Ein Giftanschlag auf
Fräulein Götze. Und nur Sie, Harry Jocher, kommen als Täter in Frage.“
    „Mein Sohn ist kein Giftmörder!“
brüllte der Alte.
    „Wenn Sie noch einmal ungefragt den
Mund aufmachen“, sagte Glockner, „lasse ich Sie vor die Tür setzen. Ist das
klar?“
    Tückisch sah der Alte ihn an. Aber er
schwieg.
    „Ich habe kein Gift gestohlen“, sagte
Harry.
    „Wo waren Sie gestern zwischen elf und
eins?“
    „Spazieren. Im Wald.“
    „Gibt es dafür Zeugen?“
    „Ich bin niemandem begegnet.“
    „Was haben Sie an Fräulein Götzes
Barfach gemacht?“
    „Woran? Barfach? Habe ich überhaupt
nicht gesehen. Da war ich nicht dran.“
    „Haben Sie Lebensmittel vergiftet?“
    Kalter Schweiß stand auf Harrys Stirn. „Nein!
Ich war doch nur in dem Zimmer, wo die Viecher in den Glaskästen saßen. Die
habe ich zerschlagen. Dabei hockte mir plötzlich eine fette Spinne auf dem
Ärmel. Als ich sie wegschleuderte“, er schlenkerte heftig mit dem Arm, um zu
zeigen, wie, „habe ich meinen Handschuh verloren. Ich bückte mich danach,
rutschte auf einem Glassplitter aus und habe mich mit der Hand auf dem Boden
abgestützt. Dabei“, er murmelte jetzt, sprach wie zu sich selbst, „ist wohl das
mit dem Fingerabdruck passiert. Sonst hatte ich nämlich ständig die Handschuhe
an, damit ich keine Spuren hinterlasse.“

    Aufmerksam musterte Glockner das
abstoßende Gesicht. Harrys Blicke wieselten umher. Er preßte die Lippen aufeinander,
zog den Kopf zwischen die Schultern, nahm eine lauernde Haltung ein. Er wirkte
so ehrlich wie ein hungriger Kater, der dem Mäuschen Freundschaft verspricht,
damit es sich aus seinem Mauseloch hervorwagt.
    Der lügt! dachte Glockner. Der gesteht
höchstens die Hälfte. Und ich darf keine Unachtsamkeit riskieren. Es geht um
Fräulein Götze. Wer kann wissen, was sich dieser Strolch ausgedacht und wo er
das Gift versteckt hat.
    Mit kaltem Blick wandte er sich an den
Alten.
    „Entsinne ich mich richtig, Herr
Jocher, haben Sie gestern Ihrem Sohn ein hundertprozentiges Alibi ausgestellt —
für den ganzen Nachmittag, ja oder nein?“
    Jocher zerrte sein Taschentuch hervor
und wischte sich über die Stirn. Seine Schweinsaugen wichen Glockners Blick
aus.
    „Ja, schon“, begann er stockend, „und
das war auch ganz ehrlich. Harry war die ganze Zeit da. Verstehe gar nicht, wie
er das tun konnte. Das heißt“, eine plötzliche Idee erhellte sein feistes
Gesicht, „jetzt begreife ich. Das muß gewesen sein, als ich eingeschlafen bin.
Stimmt’s, Jungs? Ich bin eingeschlafen! Das viele Starkbier! Und die Hitze!
Plötzlich sank mir der Kopf auf den Tisch. Muß mindestens 20 Minuten geschlafen
haben. Ja, so war’s. Das beweist, Herr Kommissar: Wissentlich habe ich keine
Falschaussage gemacht.“
    Eine faustdicke Lüge! Angewidert
betrachtete Glockner den Alten. Aber der grinste seine Söhne an, und die
nickten eifrig.
    „Stimmt!“ bestätigte Harry. „Und
während Vater schlief, bin ich rüber zu der Hexe... äh, zu der Götze.“
    Max sagte: „Ich vertrage noch nicht
soviel Bier. Ich bin auch eingeschlafen. Das muß ungefähr zur gleichen Zeit
gewesen sein. Jedenfalls habe ich nicht bemerkt, daß Harry wegging.“
    Glockner lehnte sich zurück und blickte
seinen Kollegen an.
    Ohne die Miene zu verziehen, sagte
Montag: „Eine Krähe hackt der andern kein Auge aus.“
    Schon öffnete der Alte den Mund, um
loszubrüllen, doch dann mäßigte er sich. Böse sagte er: „Die Götze soll sich
wegen der Hexenviecher nicht aufregen. Spinnen! Schlangen! Hah! Wir ersetzen
ihr alles. Ich meine, ich übernehme die Kosten.“
    „Und Sie glauben, damit wäre es getan?“
fuhr Glockner ihn an. „Ihr Sohn hat einen schweren Einbruch begangen und
fremdes Eigentum zerstört. Er ist vorbestraft, kaum entlassen. Mit Milde hat er
nicht mehr zu rechnen. Ich überlege mir, ob ich Haftbefehl gegen ihn beantrage
— wegen Fluchtgefahr.“
    „Ich verbürge mich, daß Harry

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