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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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Mutter vielleicht gut tun, denn solange die Tochter sie unterstützte und unterhielt, brauchte sie ja niemand anderen. Wenn sie aber begriff, dass sie sich nicht weiter abkapseln konnte, würde sie vielleicht wieder unter Menschen gehen und die alten Freundschaften wieder aufleben lassen. Außerdem war es notwendig, an die eigene Zukunft zu denken. Wenn sie nämlich so weitermachte, stellte Celiska gereizt für sich fest, würde sie irgendwann zur Einsiedlerin werden – oder vielleicht sogar völlig ausflippen.
    Plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, registrierte Celiska, dass sie an ihrem Ziel angelangt war, und fuhr wie von einer Tarantel gestochen hoch, um zum Ausstieg des Busses zu hasten.
    „Hei Celi! Der Alte hat dich schon gesucht!“
    Die Angesprochene nickte nur mit dem Kopf in Richtung der Sprecherin, schlüpfte gleichzeitig aus dem Mantel und beeilte sich, an ihren Arbeitsplatz zu kommen. Hastig zerrte sie die Abdeckungen von ihrem PC-Monitor und der Tastatur und streifte die dicken Stiefel von den Füßen, um mit den Zehen nach den eleganten Ballerinas zu angeln. Diese deponierte sie während der Wintermonate unter ihrem Schreibtisch, um nicht den ganzen Tag in unförmigem Schuhwerk herumlaufen zu müssen. Weil sie sie jedoch nicht auf Anhieb finden konnte, bückte sie sich, um nachzuschauen, und fluchte dann unterdrückt. Im hintersten Winkel! So ein Mist. Jetzt musste sie doch wahrhaftig unter ihren Schreibtisch krabbeln.
    Ohne weiter auf ihre Umgebung zu achten, ließ sich Celiska von ihrem Stuhl gleiten und verschwand unter dem schwarzen Ungetüm von Arbeitsmöbel, um gleich darauf rückwärts krabbelnd wieder aufzutauchen. Doch war sie kaum heraus, da wurde sie sich der beiden Beinpaare bewusst, die unmittelbar neben ihr aufragten, so dass sie sichtlich zusammenfuhr.
    „Kann ich Ihnen helfen?“, ertönte eine wohlklingende dunkle Männerstimme.
    In ihrem Bestreben, so schnell wie möglich wieder eine würdevollere Haltung einzunehmen, beeilte sie sich aufzustehen und stieß dabei unsanft mit dem Kopf gegen ein hartes Hindernis. Als sie erschrocken aufsah, erblickte sie ein gut geschnittenes Männergesicht nur wenige Zentimeter von ihrem eigenen entfernt und fühlte augenblicklich ihre Wangen brennen.
    „Ent … Verzeih …“, stammelte sie und sah schuldbewusst zu, wie sich ihr Gegenüber das Kinn rieb. „Es tut mir furchtbar Leid“, brachte sie endlich hervor. Die Beine zitterten ihr so sehr, dass sie meinte, jeden Moment umkippen zu müssen. Barfuß, in jeder Hand einen der Schuhe festhaltend, stand sie da und wusste nicht, was sie noch zu ihrer Entschuldigung sagen sollte. Die Situation war ihr überaus peinlich, und das nicht nur wegen des malträtierten Männerkinns. Also bückte sie sich schnell, schlüpfte hastig in die Schuhe und hoffte dabei von Herzen, die anderen Frauen seien so beschäftigt gewesen, dass sie den Vorfall gar nicht oder nur nebenbei registriert hätten.
    „Ich wollte Ihnen eigentlich nur Ihren neuen Chef vorstellen“, erklärte der Ältere. „Sie werden ab sofort für seinen persönlichen Schriftwechsel verantwortlich sein.“ Er schenkte seiner Angestellten ein nichts sagendes Lächeln und klopfte seinem Nebenmann auf die Schulter. „Das ist mein Sohn. Er ist seit heute mein neuer Partner und Stellvertreter.“
    Celiska nickte bloß, während sie sich flugs einen ersten Eindruck von Redehof Junior machte. Er war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten und hätte als dessen Zwillingsbruder durchgehen können, wenn er vierzig Jahre älter gewesen wäre. Braune Haare, ein kantiges Gesicht mit klassischer Römernase, schmaler Mund und ein energisches Kinn. Allein seine Augen wirkten irgendwie verwirrend, denn sie wiesen ein derart intensives Blau auf, das Celiska so noch nie gesehen hatte. Außerdem war er einen halben Kopf größer als sein Vater und schien ausgiebig Sport zu treiben, denn seine Statur war die eines durchtrainierten Athleten.
    Es war nicht unbemerkt geblieben, dass sie ihn so ausgiebig gemustert hatte, was ihr erneut die Röte in die Wangen trieb. Also wich sie dem direkten Blickkontakt mit dem jungen Mann aus, indem sie den Kopf senkte, um anschließend so zu tun, als prüfe sie kurz die Anordnung der Arbeitsmaterialien auf ihrem Schreibtisch. Wie peinlich, schalt sie sich. Er musste sie für einen richtigen Trampel halten. Erst rammte sie ihm den Schädel unters Kinn, und dann stellte sie sich auch noch hin und starrte ihn an, als habe sie

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