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Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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früher als sonst aus der Schule gekommen, die Französischlehrerin war krank. Ich hoffte, dass unsere Missstimmung inzwischen gänzlich verflogen war, und gab ihr einen liebevollen Schmatz, als sie in die Küche polterte.
    »Na, was möchtest du essen?«
    »Och, nix. Vielleicht einen Apfel.«
    »Nanu?«
    »Ich … naja, wir haben vorhin einen Hamburger gehabt.«
    »Oh, oh!«
    »War gar nicht sooo schlecht.«
    »Habe ich nie behauptet.«
    »Aber verboten!«
    »Habe ich auch nie. Ich habe nur darauf aufmerksam gemacht, dass ständig Hamburger und Fritten etwas einseitig sind. Was bist du nur so aufmüpfig, Micki?«
    »Bin doch nicht aufmüpfig. Und duhu …«
    Aha, jetzt kam etwas!
    »Jaha?«
    »Kann ich einen Vorschuss haben?«
    »Auf was?«
    »Auf mein Taschengeld.«
    »Warum denn das? Du kommst doch sonst prima damit aus.«
    »Ja, aber die Woche nicht.«
    »Wohl alles für Junkfood ausgegeben?«, spöttelte ich, was falsch ankam.
    »Was du immer denkst.«
    »Ich wollte dich necken. Micki. Wieviel brauchst du denn?«
    »Kann ich dreißig haben?«
    »Waas? Das ist ja der ganze nächste Monat. Willst du eine Großanschaffung tätigen?«
    »So in etwa.«
    »Meinst du nicht, du könntest das eventuell mit mir abstimmen?«
    »Nein, Mam. Bitte, gib mir den Vorschuss einfach. Ich jammere nächsten Monat auch nicht.«
    »Micki, dreißig Euro sind auch für mich viel Geld. Da kann man durchaus schon mal drüber reden. Schuldest du jemandem etwas?«
    »Nein, Mam, wirklich nicht.«
    Micki ist eigentlich immer ehrlich. Sie ist auch immer offen zu mir, darum war ich so verwundert über dieses seltsame Gebaren. Mag sein, dass ich meine mütterliche Ängstlichkeit mal wieder überzog. Ich bohrte nach.
    »Micki, wenn du Klamotten brauchst, weil du das rosa Zeug nicht mehr sehen kannst, dann können wir darüber reden. Das musst du nicht von deinem Taschengeld bezahlen.«
    »Das ist es nicht. Kannst du mir nicht mein Privatleben lassen?«
    Nun wurde ich stutzig.
    »Das kann ich dir in bestimmten Grenzen lassen, Liebes. Aber wir beide würden besser zusammenleben, wenn du nicht so geheimnisvoll tätest. Irgendwie drängt sich bei mir dadurch der Verdacht auf, dass du etwas unternehmen möchtest, von dem du weißt, dass ich es nicht besonders gut finde, oder?«
    Getroffen. Micki druckste herum.
    »Na, los, Mausebärchen. Jetzt machst du mich aber richtig neugierig. Vielleicht habe ich ja gar nichts dagegen?«
    »Doch!«, platzte sie heraus und machte ein zänkisches Gesicht.
    Mir kam ein interessanter Gedanke.
    »Ein Tattoo?«
    Schweigen.
    »Die gehen allerdings schwer wieder raus. Aber diese Abziehbilder sind auch ganz witzig. Wenn du das unbedingt willst, meinetwegen.«
    »Nee. Das nicht. Ich will zum Friseur. Zu Brigitte.«
    »Oho, Rasta-Zöpfchen? Super.«
    »Nee, Brigitte macht auch Piercing. Ich will einen Ring in den Bauchnabel.«
    Ganz ruhig, Deborah, ganz ruhig. Und ganz sorgsam die Worte wählen.
    »Den sieht doch da keiner. Wären Ohrringe nicht besser?«
    »Das ist spießig. Genau das hatte ich erwartet. Mensch, das ist mein Bauch. Und ich will einen Ring da, ich finde das scharf.«
    »Ja, ja, der alte Spruch – mein Bauch gehört mir! Tut mir leid, ich finde das nicht scharf. Dein Bauch ist viel niedlicher so, wie er ist. Undurchlöchert.«
    »Siehst du, jetzt kriege ich das Geld nicht. Aber vielleicht macht Brigitte mir das auf Anzahlung. Und ich kann ja Nachhilfe geben oder so.«
    Micki wollte die Küche verlassen, und ich sah mich gezwungen, ein Machtwort zu sprechen.
    »Micki, bleib noch einen Moment hier!«
    »Lass mich in Ruhe, Mam. Mir langt’s allmählich, wie du dich immer einmischst. Egal, was ich mache. Ich geh jetzt.«
    »Micki!«
    »Hör auf, mich zu bevormunden!«, kreischte sie und knallte die Tür hinter sich zu. Ich riss die Tür wieder auf und versuchte sie zu fassen. Aber sie wand sich aus meinem Griff und schoss, gefolgt von Freia, aus der Haustür.
    Ich wollte kein Geschrei auf der Straße anfangen, darum ließ ich sie zunächst gehen. Himmel, was hatte sie nur? Die üblen Launen der Pubertät hatten sie zwar hin und wieder gebeutelt, aber diesmal war es ungewöhnlich heftig. Sie wollte rebellieren und suchte dazu die Grenzen, die ich ihr setzte. Vielleicht hätte ich eben diese Grenzen künstlich enger ziehen sollen und nicht an den äußersten Rändern? Dann wäre mehr Spielraum zum Nachgeben gewesen. Andererseits hasste ich es, in einem Gefängnis von unsinnigen Vorschriften gehalten zu werden

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