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Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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finden können?«
    »Sie muss bei den Abbruchhäusern sein.«
    »Kevin, halt dich da raus. Herr Harburg, halten Sie mich jetzt bitte nicht länger auf. Ich muss sehen, dass ich das Kind finde.«
    »Bleiben Sie stehen, Mädchen! Und hören Sie mir zu!« Harburg hatte mich am Arm gefasst, und ich musste vor meinem Auto stehen bleiben. »Wenn sie sich da irgendwo auf der Baustelle herumtreibt, aus welchen verrückten Gründen auch immer, ist das gefährlich. Sind Sie sicher, dass sie dort ist?«
    Ich hatte keine Energie mehr, mich ihm zu widersetzen. Vielleicht war es ja wirklich ganz gut, wenn er mitkam. Wenn einer sich dort auskannte, dann gewiss er.
    »Wir vermuten es. Fragen Sie nicht, warum.«
    »Nein. Frage ich nicht.« Er hatte bereits sein Handy aus der Tasche gezogen und tippte auf eine Taste.
    »Peter, seid ihr noch auf dem Gelände? … Okay, kommt mit fünf, sechs Mann zum Tor sieben. … Ja, bin gleich da und erkläre es euch.« Er warf seinen Helm wieder auf den Beifahrersitz und gab die kurze Anweisung: »Fahren Sie hinter mir her.«
    Kevin und ich waren sehr schweigsam auf der kurzen Fahrt. Inzwischen war es beinahe sechs Uhr geworden, und die dunklen Wolken machten den Tag bereits dämmerig. Meine Hände waren kalt, ich fühlte mich unglücklich. Machte mir Vorwürfe, weil ich mich mit Micki über eine solche Lappalie gestritten hatte.
    Harburg fuhr ein paar Schleichwege, die ich noch nicht kannte, und hielt dann vor einem Bretterzaun, in dem ein provisorisches Tor eingelassen war. Hier warteten fünf Männer in Arbeitskleidung. Harburg kam aus dem Auto und sagte kurz etwas zu ihnen. Wir stiegen ebenfalls aus und sahen zu, wie er das Schloss an dem Tor öffnete.
    Dahinter lag das Gelände mit den trostlosen Bauten, aufgelassenen Wohnhäusern, verunkrauteten Wegen, Verbotsschildern. Hier war noch nichts abgerissen worden, die Sanierung hatte an dem anderen Ende des Geländes begonnen. Spraydosen-Künstler hatten die grauen Mauern verziert, Fenster waren eingetreten, Müll lag herum. Der Zaun hatte wohl eher symbolischen Wert.
    »Haben Sie eine Ahnung, wo sich das Kind aufhalten könnte?«
    »Nein. Aber sie hatte die Katze dabei. Vielleicht ist die in einem der Häuser verschwunden, und Micki ist ihr nachgeklettert.«
    »Dann wird sie wohl eher in so einen Keller gekrochen sein. Jungs, wir suchen als Erstes in den unteren Bereichen.«
    »Ich will mitkommen.«
    »Sie bleiben draußen. Das Zeug ist morsch und kann einstürzen. Peter, sorg für Beleuchtung.«
    Es gab Stablampen, Schaufeln und anderes Handwerkszeug. Ich staunte über Harburgs kühle, effiziente Haltung. Die Männer verschwanden zu zweit in den baufälligen Eingängen, und ich stand mit Kevin fröstelnd im kühlen Herbstwind. Im trockenen Unkraut lagen zerbrochene Flaschen, angekohltes Holz, rostige Dosen. Ein paar Büsche kämpften sich aus dem mageren Boden empor, ihr langsam gelb werdendes Laub raschelte leise. Ich kam mir nutzlos vor und versuchte, mich gegen meine Gefühle abzuschließen. Mir war äußerlich und innerlich kalt.
    Zwei Männer tauchten wieder auf, schüttelten den Kopf, und Harburg wies sie zum nächste Haus. Ich ging ein paar Schritte hinterher und versuchte, meine Gedanken von den schrecklichen Phantasien abzulenken, die mich an diesem Ort befielen.
    Was mochte nur Menschen dazu treiben, an einem solchen trostlosen Platz Picknicks zu veranstalten? fragte ich mich beiläufig und kickte eine leere Thunfischdose weg. Selbst Penner hatten es in den Bushaltestellen gemütlicher. Die Gegend hatte eine unangenehme Ausstrahlung, und ich sinnierte darüber nach, was hier früher wohl für Menschen gewohnt hatten. Glücklich waren sie bestimmt nicht gewesen.
    »Harburg!«
    »Ja? Fred, habt ihr etwas gefunden?«
    »Na ja …«
    »Was ist? Habt ihr oder nicht?«
    Zwei weitere Männer waren aus einer Haustür gekommen und traten zu Harburg. Ich ging näher heran, um zu hören, was sie zu berichten hatten.
    »Da unten im Keller scheint etwas zu sein.«
    »Was heißt scheint, verdammt noch mal. Ist das Kind da oder nicht?«
    »Wir wissen es nicht. Es ist ungeheuer dunkel da unten.«
    »Ihr habt Lampen dabei!«
    »Die reichen nicht.«
    »Erzähl doch nicht so einen Blödsinn. Gib her, ich geh selbst.«
    Harburg setzte sich den Helm auf den Kopf und wollte die Lampe entgegennehmen. Aber diesmal hielt ich seinen Arm fest.
    »Ich gehe.«
    »Kommt nicht in Frage!«
    »O doch!«
    »Frau McMillen …!«
    »Micki ist meine Tochter. Ich gehe.

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