Hexenkatze - Roman
dem Pendel versuchen.«
»Darf ich dabeibleiben?«
»Wenn du mich nicht störst.«
Ich nahm das Kettchen mit dem kleinen Türkistropfen vom Hals. Dieses kleine Schmuckstück hatte einmal meiner Mutter gehört, und sie hatte mir gezeigt, wie man es einsetzen konnte. Ich ließ mich am Esstisch nieder. Er hatte eine schöne gerade Maserung, um den Ja-Nein-Ausschlag anzuzeigen. Meine Hilfsmittel sind immer eher bescheiden. Ich wickelte das Ende des Silberkettchens um meinen rechten Zeigefinger, so dass die Perle frei schwang, und wartete, bis sie zur Ruhe kam. Dann atmete ich ein paar Mal tief ein und versuchte mich auf die Frage zu konzentrieren. War Micki im Umkreis des Hauses zu finden?
Keine Reaktion. Nanu? Noch nicht einmal ein Ausschlag?
Ich stellte die Kontrollfragen auf ja und nein. Das Pendel reagierte prompt.
Also noch einmal. Hielt Micki sich im Umkreis von einem Kilometer vom Haus auf?
Keine Reaktion.
War Micki noch hier im Ort?
Keine Reaktion. Völlig ruhig hing das Kettchen von meinem Finger. Ich seufzte leise auf. Wahrscheinlich war ich zu angespannt.
»Klappt es nicht?«, flüsterte Kevin.
»Du brauchst nicht zu flüstern. Aber, nein, es klappt nicht. Ich habe es aber auch noch nie gemacht, um Personen zu finden. Nur Sachen. Es war ja nur ein Versuch.«
»Ja.« Kevin sah völlig niedergeschlagen aus. Der Junge machte sich echte Sorgen um mein Mädchen. Und seine junge Liebe gab ihm plötzlich einen erstaunlichen Einfall ein.
»Wenn das mit Micki nicht funktioniert, geht es vielleicht mit der Katze? Die war doch bei ihr, nicht wahr?«
»Mh.«
Ich begann die Prozedur von vorne. Und siehe da, das Pendel bewegte sich. Freia war nicht in der näheren Umgebung. Freia war auch nicht in diesem Ort. Aber Freia war irgendwo im Umkreis von fünf Kilometern. Das war bemerkenswert.
»Die Katze scheint sich ungewöhnlich weit entfernt zu haben.«
»Können Sie genau herausfinden, wo?«
»Ich werde jetzt die Richtung erfragen.«
»Sie haben da im Flur so eine Karte, einen Plan von der Gegend. Soll ich die mal holen?«
»Gute Idee. Das habe ich zwar auch noch nie gemacht, aber ich weiß wenigstens im Prinzip, wie das geht.«
Wir breiteten den Ortsplan auf dem Tisch aus, und ich versuchte, wieder so ruhig wie möglich zu werden. Ich begann mit den Planquadraten oben links und arbeitete mich langsam nach rechts vor. Das Pendel kreiste einige Male, aber schon beim vierten Quadrat hatte ich Glück. Ich bewegte mich die Spalte nach unten und erhielt einen klaren Hinweis in der fünften Reihe.
»Hier, Kevin. Hier müsste es sein. Zu mehr habe ich jetzt die Ruhe nicht.«
»Wo ist denn das?«
»Tja, das ist es eben. Es ist dieses Sanierungsgebiet zwischen uns hier und der Stadt.«
»Ehrlich? Ist das nicht da, wo auch …«
»Ja, das ist es.«
»Was machen wir denn jetzt?«
»Hinfahren, schlage ich vor. Nach ihr suchen. Sie rufen. Was auch immer dir einfällt.«
»Mir ist ganz schlecht vor Angst.«
»Nicht nur dir, Kevin«, erwiderte ich, während ich zur Tür ging. »Ich ziehe mir nur noch etwas anderes an. Das sind Baustellen dort.«
Kevin blieb am Tisch sitzen und starrte auf die Karte.
Er saß noch immer da, als ich in Jeans, Joggingschuhen und Lederjacke zurückkehrte.
»Gehen wir. Ich habe einen Zettel für Micki geschrieben, falls sie inzwischen doch hierher zurückkommt.«
»Mh. Nehmen Sie das besser mit.« Kevin zeigte auf mein Anhängerchen, und dankbar für diesen Hinweis legte ich mir die Kette wieder um den Hals. Das kleine Schmuckstück bedeutete mir viel. In mancherlei Hinsicht.
Ich schloss gerade die Haustür hinter uns zu, als Harburg vor dem Haus einparkte. Hoffentlich jetzt keine Demonstration von Besserwisserei! Ich grüßte höflich. Er nickte mir kühl zu, heute wieder in Anzug, aber den gelben Helm in der Hand.
Kevin hinter mir zupfte an meinem Ärmel.
»Frau McMillen. Der Mann da … Hat der was mit den Baustellen zu tun?«
»Ja, aber ich …«
»Vielleicht kann der uns helfen.«
»Ich möchte Herrn Harburg aber nicht so gerne damit belästigen, Kevin. Also, komm jetzt.«
Harburg hatte natürlich gehört, dass wir über ihn sprachen. Er drehte sich um und fragte mit seiner herrischen Reibeisenstimme: »Wobei könnte ich Ihnen helfen, Frau McMillen.«
»Bei nichts!«
»Seien Sie nicht störrisch, verdammt. Sie sehen aus wie der bleiche Tod. Was ist passiert?«
»Micki ist fort«, kam mir Kevin dazwischen.
»Ihre Tochter ist weggelaufen? Wissen Sie, wo Sie sie
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