Hexenkatze - Roman
Tür.
»Guten Abend, Frau Nachbarin.«
»Guten Abend.«
»Möchtest du, dass der Regen deinen Flur unter Wasser setzt?«
»Ich kann die Tür auch zumachen. Möchtest du davor oder dahinter stehen bleiben?«
»Wenn du mich einlädst, würde ich schon gerne reinkommen.«
»Wir machen uns das heute ein wenig schwierig, nicht?«
Die Tür fiel hinter ihm zu, und er sah mich von seiner Höhe herab an. Ich war barfuß und bis zu den Fingerspitzen in einen warmen Jogginganzug gehüllt, denn nach sexy Aufmachung war mir mit den schmerzenden Knochen nicht.
»Magst du mit mir essen? Ich habe gerade Lasagne in den Backofen gestellt.«
»Keine schlechte Idee. Der Flug war grässlich heute. Verspätung,wegen der Turbulenzen konnte das Essen nicht serviert werden. Und die Landung hat mich kurzfristig meinen Frieden mit diesem Leben machen lassen.«
Ich nannte mich selbstsüchtig. Alex hatte eine stressige Woche gehabt. Und ich meine Wichtigkeit mal wieder herzhaft überbewertet.
Ich lächelte ihm zu und wollte mich zur Küche umdrehen, als er mich am Arm nahm.
»Solange kann ich auf das Essen noch warten«, sagte er und küsste mich lange, ausgiebig und so, dass diesbezüglich kaum noch Fragen offen blieben. Nur dass er dabei die Prellungen an meinen Armen schmerzhaft drückte. Aber da musste ich jetzt nun mal durch.
»Schön, das ging als Vorspeise. Darf ich jetzt zu Tisch bitten? Sonst gibt es nur noch überbackene Kohle.«
Wir aßen in Schweigen, Alex schien wirklich hungrig zu sein.
»Was für ein Genuss, nach Hause zu kommen und ein Essen vorbereitet zu finden. Das habe ich nicht oft, Deba.«
Wir hatten zwar nie darüber gesprochen, aber es hatte sich wohl so ergeben, dass wir beide unsere Vergangenheit nicht weiter voreinander ausbreiteten. Diese Bemerkung war die erste, die auf sein Leben vor Deba schließen ließ. Ich ließ es auf sich beruhen.
Der Wind schien sich etwas beruhigt zu haben, und derRegen tröpfelte jetzt nur noch an die Scheiben. Ich stand ein bisschen mühsam auf und betrachtete den Lichtstreifen, den die Laterne vor dem Haus auf den nassen Asphalt warf. Der Baum daneben warf einen gespenstischen Schatten über die Straße.
Alex trat hinter mich und sah ebenfalls hinaus.
»Sag mal, welcher Idiot hat eigentlich das Schrottfahrrad zu unserem Müll gestellt?«, brummte er.
»Oh, das war Herr Mahler.«
»Kenne ich Herrn Mahler?«
»Nein, aber ich. Er ist mein Auftraggeber.«
»Was gibt der dir in Auftrag? Fahrräder reparieren?«
Ich musste lachen, das war eine neue Sichtweise meiner Aufgabenstellung.
»Nein, Übersetzungen ins Amerikanische, Manuals für CAD und CAM und solche Dinge.«
»Ich weiß vermutlich nicht sehr viel von dir.«
»Macht nichts, ich habe dich ja anfangs auch für den Polier am Bau gehalten. Es hat meinen Vater ganz schön schockiert, als er herausfand, was du wirklich bist.«
»O ja, ich hatte mich schon über sein eigenartiges Verhalten gewundert, als er mich ansprach. Na, dann sind wir ja quitt. Aber verrätst du mir trotzdem, warum dein Auftraggeber halbzerfallene Fahrräder hier ans Haus lehnt? Oder haben wir Sperrmüll?«
»Nein, das ist mein Rad.«
»Dein Rad? Kind Gottes, lass dir doch nicht jeden Wurm aus der Nase ziehen!«
»Du bist gereizt, lieber Alex. Und ich bin kein Kind Gottes. Ich hatte einen kleinen Sturz vom Rad, und Mahler hat mich zurückgefahren.«
»Einen Sturz? Und dabei ist ganz zufällig das Rad unter sein Auto gekommen, was? Von alleine verbiegt sich das nämlich nicht so. Deba, ich habe dir schon mal gesagt, du sollst vorsichtiger sein. Du bist kein Teenie mehr.«
»Halt die Luft an, Alex! Das war meine Schuld, ich hatte den Wind unterschätzt. Aber mir ist schließlich nichts passiert.«
»Mädchen, du bis sagenhaft unverantwortlich. Ich finde es unmöglich, dass du ständig solche Risiken eingehst. Mein Gott, wer soll sich denn um Micki kümmern, wenn dir was Ernsthaftes geschieht?«
»Erst bin ich kein Teenie mehr, dann bin ich ein Mädchen. Was glaubst du eigentlich, mit wem du sprichst? Ich bin eine Frau, die auf sich selbst ziemlich gut aufpassen kann. Das habe ich in einer reichlich harten Schule gelernt. Und ich gehe keine ungewöhnlichen Risiken ein, wenn ich Fahrrad fahre oder mit den Skates durch den Park laufe.«
»Und auf schwankenden Leitern Dachrinnen leerst, wackelige Elektroinstallationen montierst und solche idiotischen Dinge machst.«
»Ich habe dir schon ein paar Mal gesagt, du sollst dichnicht einmischen.
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