Hexenkessel
anderen.«
»Wo ist eigentlich Vanity?« erkundigte sich Paula beiläufig.
»Ich habe keine Ahnung. Vielleicht ist sie genau wie ich kein besonderer Freund von Partys. Kommen Sie, ich möchte Ihnen jemand vorstellen.«
Er bat sie in ein kleines Büro, wo ein hochgewachsener, gutaussehender Amerikaner damit beschäftigt war, einen Stapel Papiere zu sichten und sich eifrig Notizen zu machen. Er erhob sich sofort, als Moloch eintrat.
»Das ist Ed Keller«, sagte Moloch. »Er ist der Juniorpartner der Privatdetektei der verstorbenen Linda Standish. Ich habe ihn hergebeten, um das Verschwinden von Martinez zu untersuchen. Ed, dies ist Mr. Tweed, Chefermittler einer großen Versicherungsgesellschaft.«
»Ich habe schon von Ihnen gehört«, meinte Keller, als er Tweed die Hand schüttelte. »Während Lindas Aufenthalt in London waren Sie sehr freundlich zu ihr.«
»Ich hoffe, ich habe ihr ein wenig geholfen. Vermutlich untersuchen Sie auch das Verschwinden von Mr. Molochs Assistentinnen, die ja bis zum heutigen Tag nicht wieder aufgetaucht sind.«
»Nie aufgeben, lautet mein Motto. Außerdem bin ich fest entschlossen, auch den Buchhalter zur Strecke zu bringen - er hat immerhin meine Partnerin ermordet. Aber der Kerl gleicht einem Phantom; ist einfach nicht zu greifen.«
»Früher oder später wird er zur falschen Zeit am falschen Ort sein«, tröstete Tweed den Amerikaner. »Jetzt müssen wir aber wirklich gehen. Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft, Mr. Moloch.«
Tanzmusik flutete aus dem Partyraum in die Halle; Töne, die Paula in Anbetracht der jüngsten Ereignisse als regelrecht unheimlich empfand. Tanzen im Angesicht des Todes, dachte sie. Nachdem Moloch sie hinausbegleitet und die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, entdeckte sie Vanity, die neben Newman im Auto saß. Belustigt nahm sie zur Kenntnis, daß die beiden sich bei ihrem Anblick hastig aus einer Umarmung lösten. Newman stieg aus und lief um den Wagen herum, um Vanity die Tür zu öffnen.
»Die Müllmänner waren da, kurz bevor Vanity mich hier aufgestöbert hat!« rief er Tweed zu.
»Müllmänner?« wunderte sich Vanity.
»Sie haben ein Stück Sperrmüll abgeholt.«
»Ich sollte jetzt besser zu der Party zurückgehen«, meinte Vanity und verabschiedete sich von allen.
Als sie die Auffahrt hinunterfuhren, sahen sie, daß das Tor offenstand, weil der rechte Flügel noch immer von dem BMW blockiert wurde. Newman fuhr, gefolgt von Marler, Richtung Highway und schlug den Weg nach Carmel ein.
»Drei Typen haben den Leichensack fortgeschafft», berichtete er dann. »Ich hab’ sie gewähren lassen. Was war denn der Sinn des Ganzen?«
»Es war eine fast verzweifelte Entscheidung, die ich da getroffen habe«, erklärte Tweed, »aber sie erwies sich als goldrichtig. Mein Ziel war es, Molochs Spitzenleute gegeneinander aufzuhetzen. Aufgebrachte Menschen begehen leicht schwerwiegende Fehler. Eine Form der psychologischen Kriegsführung. Wen haben wir denn da?«
Vor der Terrasse von The Apex parkte ein Auto. Mrs. Benyon hatte also Besuch. Das war die zweite unerwartete Wendung in dieser Nacht. Tweed bat Newman, zum Haus hochzufahren.
34.
Der Erfolg von Tweeds gefährlichem Spiel hatte seine kühnsten Erwartungen noch bei weitem übertroffen. Im selben Moment, wo seine Gäste, Keller eingeschlossen, Black Ridge verlassen hatten, kehrte Moloch in sein Büro zurück und befahl Brand, Landis und Hogan zu sich. Er saß hinter seinem Schreibtisch, als sie gemeinsam eintraten.
»Nicht hinsetzen!« brüllte er sie an. »Bleiben Sie stehen und rühren Sie sich nicht von der Stelle!«
»Stimmt etwas …«, begann Brand.
»Halt deine große Klappe! Martinez’ Leiche liegt in der großen Gefriertruhe in einer verschlossenen Garage. Hogan, geben Sie mir den Schlüssel.«
Nervös trottete Hogan nach vorne und legte den Schlüssel auf den Schreibtisch.
»Treten Sie wieder zurück und stellen Sie sich zu den anderen!« bellte Moloch.
»Ist es nicht gefährlich, eine Leiche in einer …«, setzte Brand von neuem an.
»Für dich ist es gefährlich, noch einmal unaufgefordert den Mund aufzumachen. Tu das nie wieder, oder du wirst es bereuen!« tobte Moloch.
»Entschuldigen Sie bitte, aber ich habe keine Ahnung, warum ich überhaupt hier bin«, wagte Landis einzuwenden.
»Dann will ich Ihnen auf die Sprünge helfen. Sie sind hier, weil einer von Ihnen Martinez erschossen und sich nebenbei um eine halbe Million Dollar bereichert hat.«
»Erschossen?«
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